Rechtsanwalt Lothar Wegener: Der Schweinfurter Leitfaden – was ist das? Es geht um die Förderung elterlicher Eigenverantwortung.
Der Leitfaden wurde erarbeitet fachübergreifend – alle haben mitgewirkt, die in und an Konflikten beteiligt sind, die Kinder im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung betreffen, Familienrichter, Anwälte, Jugendamtsmitarbeiter, Verfahrenspfleger, Gutachter. Es geht um gemeinsame elterliche Verantwortung nach Trennung und Scheidung, es geht darum, den Kindern beide Elternteile zu erhalten.
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Wegener: Der Leitfaden funktioniert nur, wenn alle an einem Strang ziehen. „Ein solcher Leitfaden ist nicht zwingend, es ist ein Agreement zwischen den Professionen.“ Es ist quasi ein Kodex, der Maximen, Werte setzt. Anwälte und Familienrichter weisen die Eltern auf den Leitfaden hin, fügen ihn im Schriftsatz bei.
Gerade bei Fragen des Sorge- und Umgangsrechts ist die „richtige Entscheidung“ sehr schwierig. Mit dem Leitfaden soll eine Entscheidung der Eltern gefördert werden, denn sie wissen am besten, was für das Kind „richtig“ und „wichtig“ ist. Der Richter hat dagegen immer nur die zweitbeste Lösung.
Welche Rolle hat die Aussage des Kindes? Kinder ab 14 Jahren müssen gehört werden, weil man davon ausgeht, dass Jugendliche in dem Alter schon einen eigenen Willen haben. Je nach Alter des Kindes ist seine Anhörung immer geboten.
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Kernelemente des Leitfadens
- Es geht um eigenständige Konfliktlösung, keine Eskalation von Konflikten, Hilfe des Jugendamtes in Anspruch nehmen, intensive Beratung – Gespräche durch das Jugendamt, ein gerichtliches Verfahren verhindern.
- Erst jetzt folgt der anwaltliche Antrag. Dieser Antrag verhindert persönliche Angriffe auf einen Elternteil. Es wird im Antrag Beratung durch das Jugendamt gefordert. Der Antrag muss innerhalb von vier Wochen durch das familiengericht terminiert.
- Im ersten Termin nimmt sich der Richter Zeit, dass beide Seiten ihre Sicht der Dinge darlegen können. Gelingt eine Einigung der Eltern, dann wird diese durchs Gericht festgehalten.
- Gelingt eine Einigung nicht, dann werden die Eltern an die Erziehungsberatungsstellen verwiesen. Die Beratung dauert in der Regel mindestens drei Monate. In dieser Zeit stellen die Anwälte keine Anträge.
- Gelingt die Einigung durch Beratung nicht, dann landet das Verfahren wieder bei Gericht. In der Regel wird das Gericht dann ein Gutachten anfordern. In der Regel wird sich dann das Gericht am Gutachten orientieren.
Wegener betont, wichtig ist bei allen Umgangs- und Sorgerechtsproblemen ein „Standing“, d. h. Geduld, Ausdauer, Nachhaltigkeit.
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Wie lange darf der nicht betreuende Elternteil ein Kind in welchem Alter sehen?
Darauf gibt es keine Standardantwort, es kommt auch darauf an, ob sich die Eltern einigen. Ansonsten entscheidet das Gericht.
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Mehr Information zum Leitfaden
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