Schuldenfalle Scheidung – schnell raus aus den Schulden – handeln nicht aussitzen

Trennung und Scheidung ist immer mit Mehrkosten verbunden, insbesondere wenn noch Kinder zu versorgen sind. Das gleiche Familieneinkomen muss quasi durch Zwei geteilt werden: zwei Wohnungen, Unterhalt für Kinder und für den ehe-maligen Partner, Umzugs-, Anwaltskosten, Kaution, neue Anschaffungen. Bei Trennung entzieht der Staat auch noch den Steuervorteil des Ehegattensplittings. Was während der Ehe oder Partnerschaft finanzierbar war, ist es jetzt nicht mehr. „Oft führt der sorglose Umgang mit Geld, Anhäufung von Schulden, Verschweigen von Schulden zur Trennung. In der Trennungssituation laufen dann noch weitere Schulden auf. Es muss schnell gehandelt werden. Manche Betroffene realisieren das spät, einige zu spät, können nicht handeln, weil sie die Trennung belastet“, stellt ISUV-Vorsitzender, Rechtsanwalt Klaus Zimmer fest.

Die Situation der ISUV-Mitglieder Ellen* und Ben* (*geändert) ist typisch, wie Paare durch Trennung und Scheidung in die Schuldenfalle geraten können. Sie sind verheiratet seit 14 Jahren und haben zwei Kinder. Vor acht Jahren haben sie sich ein Haus gekauft. Eine Bank lieh ihnen ohne größere Nachfrage großzügig Kredite. Die Darlehensverträge unterschreiben beide, im Grundbuch stehen auch beide. Die Kredite lassen sich schultern, für Urlaub reicht es nicht mehr. Es muss ständig gespart werden, was zu Unzufriedenheit führt. Sieben Jahre später hat man sich auseinandergelebt. Ellen verlangt die Trennung, möchte, dass Ben auszieht. Sie will mit den beiden Kindern weiterhin im gemeinsamen Haus wohnen.  Allerdings arbeitet sie nur halbtags, verdient nur 890 EURO, das reicht nicht für die Tilgung der Schulden. Ben zieht schließlich aus, mietet eine Dreizimmerwohnung, damit die Kinder ihn besuchen und übernachten können. Jetzt heißt es Kaution leisten, Miete zahlen und auch noch – wie bisher – weiterhin das Darlehen abzahlen. Ersparnisse sind nicht vorhanden. Ellen beansprucht  Unterhalt für sich und die Kinder. Mit seinem Einkommen von 2800 EURO ist Ben nicht in der Lage, die Miete, die Nebenkosten, den Unterhalt, seinen Lebensunterhalt und die Darlehensrate zu bezahlen. Ellen ist  bereit sich an der Schuldentilgung zu beteiligen. Sie „hängt“ am Haus, in dem sie mit den Kindern wohnt, möchte es in keinem Fall verkaufen. Nach einem halben Jahr und zwei Coaching-Gesprächen bei ISUV ist Ben klar, dass ihm die Schulden über den Kopf wachsen, das Konto ist massiv überzogen, die Bank droht es zu sperren. Wenn er nicht schnell handelt, schnappt die Schuldenfalle zu. Sie müssen das Haus verkaufen, davon muss er seine Frau überzeugen.

Raus aus der Schuldenfalle – aber wie?

Notwendig ist im Fall von Ben und Ellen der Verkauf der Immobilie, das erkennen beide bei einem gemeinsamen Coaching-Gespräch. „Immobilien lassen sich momentan meist mit Gewinn verkaufen. Das versüßt den bitteren Abschied vom Haus und ermöglicht beiden Ehe-maligen neue Perspektiven. Problematisch ist immer, wenn der Neustart nach dem Eheaus mit Schulden beginnt, die abgetragen werden und zusätzlich Unterhalt geleistet werden muss“, stellt ISUV-Pressesprecher Josef Linsler fest.

Haben sich Getrenntlebende finanziell übernommen, folgen Mietschulden, Nebenkosten können nicht mehr gezahlt werden, Kindesunterhalt wird nicht mehr oder nur noch teilweise gezahlt, Kredite werden nicht mehr abgezahlt. Da meist beide Partner für den Kredit gebürgt haben, wenden sich Banken an beide, was wiederum zu einer erheblichen Verschärfung des Scheidungskonflikts führt.

In Corona-Zeiten kann Überschuldung sehr schnell folgen auf Grund von Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit oder Verdienstausfall, insbesondere wenn keine Rücklagen vorhanden sind oder der Börsencrash mögliche Rücklagen vernichtet hat. „Die Auswirkungen der Corona-Krise und des Börsencrashs können gerade in der Trennungs- und Scheidungssituation schnell zur Überschuldung führen. Betroffen sind davon jetzt insbesondere Soloselbständige, wie sich aus den Anfragen von Mitgliedern ergibt“, stellt Linsler fest.  

Lösung Privatinsolvenz

Hat ein Partner nach dem Eheaus langfristig hohe  Verbindlichkeiten, kommen Unterhaltsschulden hinzu, weil z. B. der regelmäßige Unterhalt wegen der Pfändungen der anderen Gläubiger nicht mehr gezahlt werden kann, dann ist Privatinsolvenz der einzige sinnvolle Weg um wieder wirtschaftlich auf die Beine zu kommen.  

Manchmal kann es gar sein, dass ein Partner bei einer dauerhaften und nachhaltigen Überschuldung verpflichtet werden kann ein Insolvenzverfahren zu betreiben, um zumindest den Kindesunterhalt zu leisten.

Durch ein Insolvenzverfahren besteht die Möglichkeit, die bestehenden Verbindlichkeiten im Rahmen der Restschuldbefreiung loszuwerden. Der Schuldner ist verpflichtet im Insolvenzverfahren sein gesamtes Vermögen und das Einkommen zur Befriedigung der Gläubiger offenzulegen. Wer Privatinsolvenz anmelden will oder muss, sollte sich an eine Schuldnerberatungsstelle wenden, die es flächendeckend gibt.

Allerdings kann man nicht alle Schulden mittels Insolvenzverfahren über Bord werfen. Wer sich vorsätzlich vor Unterhaltszahlungen gedrückt hat, kann auch nach Abschluss des Insolvenzverfahrens noch belangt werden.

Privatinsolvenz gilt als ehrenrührig, bürgerlich denkende Menschen tun in der Regel alles um sie zu vermeiden. „Wer bei Überschuldung zu spät Privatinsolvenz anmeldet, schadet nicht nur sich, sondern auch dem Schuldner. Privatinsolvenz ist – ähnlich wie die Scheidung – Chance zum Neuanfang. Im Übrigen kann Privatbankrott auch sehr Reiche treffen. Bekannt ist der Fall des ehemaligen Bertelsmann- und Arcandor-Chefs Thomas Middelhoff. Der Insolvenzverwalter hatte zwar 14 Mio. Euro für die Tilgung der Schulden sichergestellt, jedoch die Forderungen  liegen bei 80 Mio. Euro. Anfang Juli kann Middelhoffs sich freuen, die Restschulden von 66 Millionen EURO hat er los, die Forderungen der Gläubiger sind wertlos.