ISUV-Kontaktstelle Ravensburg: Zum Kindesunterhalt für minderjährige und volljährige Kinder referierte Fachanwalt für Familienrecht Klaus Schulz
Unterhaltsberechtigt sind minderjährige Kinder praktisch immer, volljährige, wenn sie noch keine eigene Lebensstellung erreicht bzw. nicht in der Lage sind sich selbst zu “unterhalten”. Bei jedem Unterhaltsanspruch sind drei Aspekte zu prüfen: Bedarf, Bedürftigkeit, Leistungsfähigkeit. Der Betreuende bekommt in der Regel Unterhalt. Minderjährige Kinder sind in der Regel bedürftig. Für den Unterhaltspflichtigen besteht daher bei minderjährigen Kindern erhöhte Pflicht zur Erwerbstätigkeit um seine Leistungsfähigkeit gegenüber den Kindern zu erhalten und gegebenenfalls zu steigern. Kann der Unterhaltspflichtige nicht zahlen, so kann beim Jugendamt Unterhaltsvorschuss beantragt werden. Es gilt grundsätzlich, Barunterhalt und Betreuungsleistung sind gleichwertig.
Düsseldorfer Tabelle – Regelbedarf - Mehrbedarf
Grundlagen der Rechtsprechung der Gerichte zum Kindesunterhalt sind die Leitlinien der jeweiligen Oberlandesgerichte und die Düsseldorfer Tabelle. Zu unterscheiden sind die Zahlbeträge und die Tabellenbeträge. Von den Tabellenbeträgen wird jeweils die Hälfte des Kindergeldes abgezogen, das sind dann die „Zahlbeträge“. Der Barunterhaltsverpflichtete deckt den Regelbedarf zzgl. Krankenversicherungskosten. Der sonstige Mehrbedarf ist entsprechend der Einkommensverhältnisse zu teilen. Mehrbedarf ist regelmäßig anfallender Bedarf, der durch den Regelbedarf – festgelegt in der Düsseldorfer Tabelle - nicht abgedeckt sind:
-Kindergartenkosten ohne Verpflegungskosten
-Privatschule – je nach Situation
-Behinderung (Mehrkosten durch Kosten einer Krankenversicherung
Regelmäßiger Gesamtbedarf ist der Regelbedarf nach Düsseldorfer Tabelle zzgl. Mehrbedarf
Kernfrage ist immer: In welche Stufe ist der Unterhaltspflichtige einzuordnen?
BEACHTE:
Die Düsseldorfer Tabelle ist kein Gesetz, daher kann von ihr im Einzelfall auch abgewichen werden. Umgangskosten können relevant sein.
Wenn mehr Kinder zu versorgen sind, können die Beträge niedriger sein, wenn nur ein Kind da ist, dann können die Zahlbeträge auch höher sein. Dem Unterhaltspflichtigen muss der notwendige Selbstbehalt bleiben. Angerechnet werden kann auf den Unterhalt auch ein geldwerter Wohnvorteil. Kindesunterhalt geht vor, vor Ehegattenunterhalt, insbesondere gegenüber minderjährigen Kindern.
Entscheidend für die Höhe des Unterhalts ist immer das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen. Es wird ermittelt, indem sämtliche möglichen Einkommen erfasst werden:
- Erwerbseinkommen (selbständig oder nicht selbstständig)
- Vermietung und Verpachtung
- Kapitaleinkünfte
- Arbeitslosengeld
- Wohnwert als Kapitalnutzung
- Dienstwagen als geldwerter Vorteil
Abgezogen werden können:
- Steuern und Sozialversicherungsbeiträge
- Berufsbedingte Aufwendungen (pauschal 5% des Nettoeinkommens)
- Fahrtkosten: 0,30 € pro Kilometer für die ersten 30 km einfach, darüber 0,20 € pro Kilometer einfach
- Schulden (Zinsen immer, Tilgung möglicherweise im Einzelfall)
- Zusätzliche Altersvorsorge insgesamt 4% des Bruttojahreseinkommens
Zu unterscheiden ist beim Unterhalt: Barunterhalt, also die Geldleistung, die monatlich zu entrichten ist. Naturalunterhalt: Ausgaben des betreuenden Elternteils für Nahrung, Kleidung, Wohnung.
Der Kindesunterhalt kann festgelegt werden durch:
-Einen Vergleich, den die Eltern schließen.
-Der Unterhaltspflichtige kann mittels Urkunde einen Unterhalt festschreiben lassen.
-Können sich die Eltern nicht einigen, dann legt das Familiengericht den Unterhalt fest.
Besonderheiten des Unterhalts für volljährige Kindern
- Ausbildungsvergütung wird angerechnet
- Kindergeld wird voll abgezogen
- Beide Elternteile sind zum Unterhalt verpflichtet
- Volljährige Kinder, die noch in der Ausbildung sind, sind privilegierte Kinder und bekommen noch den vollen Unterhalt.
- Ausbildungsvergütung wird voll angerechnet: Nettobetrag abzüglich € 90,00 berufsbedingter Aufwendungen dividiert durch zwei ergibt die Bedarfsdeckung.
~
BEACHTE:
Einkommen aus Ferienjob ist überobligatorisches Einkommen. „Man kann einen Volljährigen, der studiert, nicht zu einem Ferienjob zwingen.“ Volljährige Kinder müssen selbst „ihren“ Unterhalt einklagen.
Unterhaltspflicht gegenüber Studenten:
Bei Studenten wird ein Unterhaltsbedarf von 670 EURO angenommen, darin enthalten auch Wohnkosten für 280 EURO. Grundlage ist das Einkommen beider Eltern. Den Eltern muss ein erhöhter Selbstbehalt verbleiben.
Kann Unterhalt rückwirkend zurückgefordert werden?
Unterhalt kann nur zurückgefordert werden ab dem Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltspflichtige in Verzug gesetzt wurde.
Beachte: Abänderung von Unterhaltstiteln ist bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse möglich.
Wesentliche Änderungen sind:
- Einkommen verändert sich wesentlich
- Berechtigter erlangt eigene Lebensstellung
- Berechtigter erhält höheres Einkommen
- Berechtigter wird volljährig – dadurch entsteht eine beiderseitige Barunterhaltsverpflichtung.
~
~