ISUV-Vortrag mit Rechtsanwältin Anja Kollmann: Einvernehmliche Scheidung - wie geht das - geht das?

Bei einer einvernehmlichen, einer "versöhnlichen Scheidung" will man die Familie erhalten, beide Ehe-malige bleiben Eltern.

Eine versöhnliche Scheidung ist eine Scheidung per Vertrag, beide Ehe-malige verhandeln miteinander.

Eine einvernehmliche Scheidung hat auch immer etwas mit Mediation zu tun: Es gibt keine Gewinner und Verlierer, die Interessen beider müssen berücksichtigt werden, Einfühlungsvermögen, Kommunikation ist gefragt. Beide müssen miteinander sprechen, beide müssen Verständnis füreinander erstreben.

Für Fachfragen des Familienrechts, des Steuerrechts sind Fachleute gefragt, so dass der Vertrag, die Vereinbarung auch juristisch sicher ist.

Beide Ehe-malige müssen sich klar werden über gegenseitige Fairness, d. h. sie müssen sich der Situation des anderen Partners bewusst werden.

Wichtig ist auch, dass das familiale Feld der Kinder zu Liebe erhalten wird.

Eine einvernehmliche Scheidung setzt auch emotionale und wirtschaftliche Ausgewogenheit voraus.

Der Richter hat immer nur die zweitbeste Lösung, er urteilt nach Recht, emotionale Ausgewogenheit bleibt weitgehend Außen vor.

Auch bei einer einvernehmlichen Scheidung müssen die harten wirtschaftlichen Fakten geregelt werden.

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Scheidungsvereinbarungen - Komponenten

1. Einreichen der Scheidung - "Aber man muss sich nicht scheiden lassen."  - Dann heißt dies Trennungsvereinbarung.

2. Gespräche zwecks Einvernehmen: Grenze der Vereinbarung ist hier immer Regelungen, die den guten Sitten widersprechen.

Beachte: Nicht am Fachmann sparen, Vereinbarungen lassen sich nur sehr schwer "reparieren".

3. Bezüglich Sorge- und Umgangsrecht sollten Eltern selbst sinnvolle und praktische Regelungen vereinbaren. Grundsätzlich soll aber der Umgang  und die elterliche Sorge detailliert geregelt werden. Auch spezifische Vollmachten bezüglich Vermögen, Schule, etc. können sinnvoll sein.

4. Beachte jeder Anwalt ist Parteienvertreter, auch wenn man einen Anwalt hat, vertritt er "seine Partei", die ihn beauftragt hat. Ein Notar muss beide Parteien beraten.

5. Hausrat: Was in die Ehe vom einzelnen Partner eingebracht wurde bleibt "sein". Was gemeinsam angeschafft wurde wir aufgeteilt. Es empfiehlt sich eine  Liste zu erstellen, aus der hervorgeht, wer was bekommt.

6. Auch der Versorgungsaugleich kann einvernehmlich per Vertrag geregelt werden. Verzichtet jemand, dann muss er einen Gegenwert erhalten, der adäquat ist.

7. Auch der Zugewinn sollte einvernehmlich geregelt werden. Allerdings auf Form ist zu achten: Notarielle Vereinbarung oder gerichtliche Regelung.

8. Bei Immobilien ist zu beachten: Sie werden immer nach dem Verkehrswert berechnet. - Momentan sind die Verkehrswerte von Immobilien sehr hoch, sie können auch wieder sinken ... Dies gilt es immer zu berücksichtigen.

9. Auch bezüglich Unterhalt können Vereinbarungen getroffen werden, bezüglich Befristung und Höhe. Auf Kindesunterhalt kann nicht verzichtet werden - es gibt hier nur die Möglichkeit der "Freistellung". Dies ist möglich, wenn die Kinder bei dem Elternteil leben, der mehr verdient. - Auch auf Trennungsunterhalt kann nicht verzichtet werden. Unterhalt kann auch im Rahmen von Abfindungen abgewickelt werden.

Beachte auch hier:

- Man darf keine Regelungen treffen, die den anderen zum Sozialhilfeempfänger machen - das ist "sittenwidrig".

- Gerichte sind angehalten Vereinbarungen gründlich zu prüfen.

- Unter Druck dürfen Vereinbarungen nicht zustande kommen, keine Nötigungen. Wird dies nachgewiesen, ist die Vereinbarung nicht rechtswirksam.

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