Kindergrundsicherung – weiterhin Wundertüte – Blauer Brief vom Bundeskanzler an die Familienministerin Lisa Paus
Es gibt zwar „Eckpunkte zur Kindergrundsicherung“, die Familienministerin Lisa Paus Anfang des Jahres vorgestellt hat, doch die genaue Ausgestaltung ist immer noch unklar. Gibt es Neues zum Prestigeprojekt der Grünen, über das die Ampel-Koalition seit Wochen öffentlich heftig debattiert?
Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht - ISUV - fordert, dass in der parlamentarischen Sommerpause drängende inhaltliche Fragen zur Kindergrundsicherung öffentlich und transparent geklärt werden.
„Bisher wurde noch nicht angesprochen, dass es viele Schnittpunkte zwischen Kindergrundsicherung und Kindesunterhaltsrecht gibt. Daher muss die Ausgestaltung der Kindergrundsicherung und die Reform des Kindesunterhaltsrechts Hand in Hand gehen. Die für Trennungseltern zentrale Frage lautet: Welcher Bedarf wird durch die Kindergrundsicherung gedeckt, welcher Bedarf muss durch Kindesunterhalt gedeckt werden?“ fragt die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich.
Hintergrund
Seit Monaten wirbt Bundesfamilienministerin Lisa Paus erfolglos um Rückhalt für ihre Vorstellung von einer Kindergrundsicherung. Noch vor der Sommerpause sollte ein Gesetzentwurf vorliegen. Die Sommerpause ist da, der Gesetzentwurf fehlt.
Verantwortlich dafür ist Ministerin Paus, die ständig um Milliardenbeträge feilschte, ohne zu sagen, wofür das Geld konkret verwendet werden soll. Jetzt hat sie vom Bundeskanzler einen Blauen Brief erhalten: Nach der Sommerpause hat sie ein Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung vorzulegen.
Offene Fragen: Kindergrundsicherung und Kindesunterhaltsrecht
Zur Ausgestaltung der Kindergrundsicherung für Kinder getrennter Eltern ist bisher wenig bekannt geworden. Wenn, dann wurde bisher immer nur der „alleinerziehende“ Haushalt berücksichtigt, als wenn es den zweiten Elternteil nicht geben würde. Aber auch im Haushalt des zweiten Elternteils muss das Kind finanziell angemessen abgesichert sein. „Es ist irritierend, dass nur von Alleinerziehenden die Rede ist und nicht von Trennungseltern“, kritisiert Melanie Ulbrich.
Geklärt werden muss auch der notwendige Eigenbedarf – der Selbstbehalt, der jedem Trennungselternteil bleiben muss. „Wir wollen, dass Mindestunterhalt und Selbstbehalt parallel vom Gesetzgeber geregelt werden“, fordert Markus Witt, ISUV-Bundesbeauftragter für Politik.
Im erschreckenden Umfang häufen sich sogenannte „Mangelfälle“, bei denen ein unterhaltspflichtiger Elternteil nicht mehr in der Lage ist, den notwendigen Unterhaltsbedarf für seine Kinder vollständig zu leisten.
Zentral ist auch die noch offene Frage: Welcher Grundbedarf steht jedem Kind und jedem Trennungselternteil zu? „Es fehlen derart transparente und vor allem auch realistische, sprich bezahlbare Mindestbedarfssätze“, kritisiert Markus Witt.
Wer bekommt den Grundfreibetrag, der jedem Kind zusteht? Wird er wie das Kindergeld zwischen Trennungseltern geteilt?
Was wird aus den „Mangelfällen“, die sich nach der letzten überdimensionalen Anhebung des Kindesunterhalt gehäuft haben? Wird es im Rahmen der Kindergrundsicherung keine Mangelfälle mehr geben? Es wird davon gesprochen, dass die Barunterhaltspflicht bei nicht wenigen gering verdienenden Müttern und Vätern entfallen wird? „Wir begrüßen es sehr, wenn die Kindergrundsicherung, wie immer wieder angekündigt, eine erhebliche Entlastung der Bezieher kleinerer Einkommen bewirkt“, stellt Markus Witt fest.
Im Koalitionsvertrag wird zur Familienpolitik angekündigt: „Wir werden die Modernisierung im Kindschafts- und Unterhaltsrecht mit Studien begleiten.“ Unter Modernisierung versteht die Bundesregierung eine Anpassung des Familienrechts und wohl auch der Familienpolitik an die gegebenen sozialen Verhältnisse. Wurden diese Studien durchgeführt, welche Ergebnisse haben sie erbracht? Warum erfährt die Öffentlichkeit nichts davon? „Kindergrundsicherung ist ein weitreichendes und langfristiges soziales Projekt. Man muss die Menschen, die es betrifft, einbinden und auch die Lebensrealität von Trennungskindern in zwei Haushalten berücksichtigen“, hebt Markus Witt hervor.
Unklar ist auch die Zukunft der Düsseldorfer Tabelle, welche bisher die Unterhaltsbedarfssätze von Kindern ausweist. Die Kindergrundsicherung stellt auch die Düsseldorfer Tabelle infrage. „Wir plädieren für einen Paradigmenwechsel, für ein gerechteres System, das sich am jeweiligen Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils orientiert und die Unterhalts- und Betreuungsverantwortung beider Eltern berücksichtigt“, sagt Witt. Er hofft, dass Ministerin Paus nun den Zeitplan des Bundeskanzlers einhält, also zeitnah realistische und finanzierbare Lösungen auch für Kinder getrennter Eltern präsentiert.
Wichtig ist für ISUV, das hebt die Verbandsvorsitzende Melanie Ulbrich hervor: „Wir begrüßen es sehr, wenn die Kindergrundsicherung, wie immer wieder angekündigt, eine erhebliche Entlastung der Bezieher kleinerer Einkommen bewirkt. Es ist gerecht und sozialverträglich, dass die Barunterhaltspflicht bei nicht wenigen gering verdienenden Müttern und Vätern entfällt.“
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