Scheidung: „Wirtschaftlich ist das für mich ein völliges Desaster.“

Ist dieses „Desaster“ selbst verschuldet oder Folge eines ungerechten Familienrechts, das den „Fleißigen“ bestraft?-  Endet der Bund fürs Leben vorzeitig, so muss das erwirtschaftete Vermögen geteilt werden. Einigen sich die Ehe-maligen nicht darüber, was Mein beziehungsweise Dein ist und auch nach der Scheidung bleibt, so erfolgt die Vermögensteilung durch das Familiengericht nach familienrechtlichen Regeln. „Der Zugewinnausgleich und der Versorgungsausgleich kann zu ungerechten Ergebnissen führen. Wer das vermeiden will, muss einen Ehevertrag abschließen und möglichst zu Beginn der Ehe einvernehmliche Regelungen treffen. Ein Ehevertrag schützt vor allzu ungerechter Vermögensteilung bei Scheidung“, hebt die stellvertretende ISUV-Vorsitzende, Rechtsanwältin Maren Waruschewski hervor. Der folgende Fall veranschaulicht, was sich mit Ehevertrag regeln lässt, er zeigt aber auch, dass es der Eigeninitiative der Partner bedarf. 

Wie so oft, das Ende kommt für einen von Beiden aus heiterem Himmel: „Ostern 2020 hat meine Frau mir nach nahezu 30-jähriger Ehe im Alter von 59 Jahren (beide) eröffnet, dass sie jemand anderen kennengelernt hat. Obwohl sich inzwischen diese Beziehung zerschlagen hat, habe ihr die Beziehung „die Augen geöffnet“. Sie wolle sich von mir trennen.“ -  „Die Trennung nach langer Ehezeit trifft meist Männer unerwartet. Sie kommen damit nicht klar und verbittern. Frauen merken meist früher, wenn es in der Beziehung nicht mehr stimmt“, weiß ISUV-Pressesprecher Josef Linsler.  

Besonders dramatisch ist die Situation immer, wenn ein Partner über lange Zeit nicht berufstätig oder nur hobbymäßig tätig war. „In den dreißig Jahren Ehe hat sie ca. 135.000 € (also durchschnittlich 350 € pro Monat) zum Familieneinkommen beigetragen, während ich in der gleichen Zeit ca. 2 Millionen Euro verdient habe. Meine Frau hat faktisch keine Altersvorsorge betrieben. Ich werde ca. einen Rentenpunkt im Versorgungsausgleich von ihr bekommen, während sie von mir ca. 30 Punkte erhält.“ Um diese „böse Überraschung“ zu verhindern, schlägt ISUV vor, schon in der Ehezeit getrennte Rentenkonten zu führen: „Das hat Signalwirkung für beide, schafft Transparenz, ist Impuls berufstätig zu sein und Regelungen für das bittere Ende zu treffen. Getrennte Rentenkonten schon in der Ehe, da ist der Gesetzgeber am Zug“, fordert die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich. 

Auch beim Zugewinnausgleich wird halbiert. „Kapitallebensversicherungen, die meine Eltern noch für mich abgeschlossen hatten, werden wegen der langen Ehezeit ebenfalls nun  zweigeteilt, obwohl meine Frau nie einen Pfenning/Cent dort eingezahlt hat. Als ob dies nicht schon genug wäre, wird das gemeinsame Haus, das von mir auch als Altersvorsorge gedacht war, verkauft. Obwohl ich angesichts der Einkommensverhältnisse die Darlehen praktisch allein bedient habe, wird dies natürlich nun auch zweigeteilt. Dann haben wir unterschiedlich von unseren Eltern geerbt: Meine Frau hat 85.000 € mehr von ihren Eltern geerbt als ich von meinen. Obwohl sie vom Erbe nach ihren damaligen Aussagen ihr Kunststudium, mehrere Urlaube und ein Auto finanziert hat, soll ich nun im Rahmen des Zugewinnausgleichs 85.000 € an sie zahlen. Sie geht mit einem Plus mir gegenüber von 170.000 € aus der Beziehung.“ Waruschewski verweist darauf: „Auch das kann man ausschließen, indem die Partner Gütertrennung statt Zugewinnausgleich vertraglich festschreiben oder den Zugewinnausgleich modifizieren.“ 

Die Bilanz der Frau ist insofern erstaunlich, denn die Ehe war kinderlos, was beim Zugewinn- und Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt wird. Zurecht kritisiert der Betroffene: „Der Frau wird stereotyp nach dem Rollenverständnis meiner Großeltern die Hausarbeit und Kindererziehung zugerechnet, obwohl wir keine Kinder hatten und den Haushalt immer nahezu gleich aufgeteilt haben. Meine Frau hat sich beruflich in der Ehezeit mehrfach umorientiert. Immer wenn sie an einem Punkt angekommen war, dass sie hätte „Gas geben“ müssen, suchte sie sich wieder eine neue – brotlose – Betätigung. Nach meinem Gerechtigkeitsverständnis wäre bei einer solchen Situation eine „halbe/halbe“-Teilung schon völlig ungerechtfertigt, ganz zu schweigen davon, dass meine Frau mit einem Plus von 170.000 € geschieden wird.“

Diese Scheidungsbilanz entspricht der Rechtslage. Sie ist dem Verständnis geschuldet, dass die Ehe eine Wirtschaftsgemeinschaft ist, in der geteilt wird. Wer damit nicht einverstanden ist, muss einen Ehevertrag abschließen. Nach ISUV-Erfahrungen informieren sich die meisten Paare zu wenig, glauben blauäugig an die Ewige Liebe,  trauen sich nicht den Partner auf einen Ehevertrag anzusprechen. Auf den konkreten Fall bezogen weist ISUV-Pressesprecher Linsler darauf hin: „Der Mann hat das Verhalten der Frau über 30 Jahre toleriert, ohne rechtzeitig auf stärkere Berufstätigkeit zu drängen. Er ist ein typisches opportunistisches Opfer der Ewigen Liebe.“