Vom starren Residenzmodell zum starren Wechselmodell
Vereinbaren getrenntlebende Eltern ein Wechselmodell bei der Kindererziehung, setzt das voraus, dass sie ihr Kind jeweils zu 50 Prozent betreuen. Eine Aufteilung 45 Prozent zu 55 Prozent ist kein Wechselmodell mehr. Dies hat das Kammergericht Berlin entschieden (Az: 13 UF 89/16).
Im konkreten Fall stritten die getrenntlebenden Eltern um den Kindesunterhalt für ihre Tochter, die bei der Mutter lebt. Die Mutter betreute die Tochter zu 55 Prozent, der Vater zu 45 Prozent. Er war daher der Meinung, die Eltern praktizierten ein „nahezu hälftiges Wechselmodell“. Deshalb könne die Mutter keinen Kindesunterhalt für die Tochter beanspruchen.
Falsch gedacht: Die Mutter hat Anspruch auf Unterhalt für die Tochter, urteilte das Gericht. Sie erfülle ihre Unterhaltspflicht bereits durch Pflege und Erziehung, daher sei nur der Vater barunterhaltspflichtig.
Es handele sich nicht um ein paritätisches, also hälftiges Wechselmodell, das eine Barunterhaltspflicht beider Elternteile nach sich ziehe. Das Gericht bewertete den Betreuungsanteil des Vaters lediglich als einen „erweiterten Umgang“.
Erst wenn jedes Elternteil etwa die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben übernehme, sei von einem Wechselmodell zu sprechen. Bereits wenn der Anteil eines Elternteils an Betreuung und Versorgung den Anteil des anderen geringfügig übersteige, sei das nicht mehr der Fall.
Wenn es um die Kinder und ihr Wohl und um Gerechtigkeit geht, können sich Kinder nicht auf die Justiz verlassen, sondern müssen im Interesse der Kinder „ihre individuelle Gerechtigkeit“ finden.
Quelle: dpa/dawr