Betreuung & Unterhalt bei Selektion von Interessen gleichrangig ansprechen
Was das ISUV-Mitglied in diesem Leserbrief schreibt, geht unter die Haut, insbesondere wenn man selbst in einer ähnlichen Situation stand, die Gefühle und Stimmungslage nachempfinden kann.
Die hoffentlich neue und bessere Anerkennung von Betreuungsleistungen der Barunterhaltspflichtigen in der Düsseldorfer Tabelle ist ein Erfolg. Leider nützt der den Menschen, bei denen Umgänge sehr erschwert werden, nicht viel. Ich bitte ISUV hiermit nochmals sehr, die Umgänge/Betreuung barunterhaltspflichtiger Menschen mit ihren Kindern weit nach oben zu setzen.
Umgangsmodelle und gerechtfertigte Gründe für ausfallende Umgänge müssen im Gesetz festgelegt werden. Umgangszeiten zu sabotieren muss einfacher bestraft werden können und das alles ohne jahrelange, teure und schwierige Gerichtsverfahren.
Grade jüngere Kinder werden durch die Dauer, bis endlich etwas geschieht, entfremdet. Selbst wenn Umgangszeiten gerichtlich festgelegt wurden, ist es für die hauptbetreuende Person ein leichtes, Umgänge zu sabotieren, zu erschweren und zu verhindern. Das Jugendamt macht rein gar nichts dagegen bzw. kann auch nicht viel dagegen tun. Es hat keine Handhabe. Der Barunterhaltspflichtige muss immer wieder den Weg zum Gericht suchen, um den Kontakt zum Kind durchzusetzen. Dadurch steigen Kosten und Verzweiflung immer, es wird immer teurer und es dauert. Druck auf den umgangssabotierenden Elternteil geschieht nicht. Das Residenzmodell ist nicht mehr zeitgemäß, dennoch wird nicht konsequent etwas dagegen unternommen.
Nochmals, ich bitte Sie von Herzen, diesen Punkt in Ihrer Agenda möglichst weit oben zu platzieren, damit nicht mehr so viele Elternteile ihre Kinder und Kinder ihre Väter oder Mütter verlieren.
Warum ich darum bitte? Ich habe aus genannten Gründen meinen 2-jährigen Sohn das letzte Mal vor 10 Monaten gesehen...und höchstwahrscheinlich verloren. Ich werde wohl nicht mehr vor Gericht gehen. Ich kann nicht mehr. Sorgen, schlaflose Nächte und psychischer sowie körperlicher Abbau sagen, dass ich es aufgeben sollte - meinem eigenem Leben zuliebe.
Und das, obwohl nichts auf der Welt gegen mich als Vater spricht. Außer ein einziger Mensch, der es einfach nicht will.
Einordnung
Was das ISUV-Mitglied schreibt, geht unter die Haut, insbesondere wenn man selbst in einer ähnlichen Situation stand, die Gefühle und Stimmungslage nachempfinden kann.
Wir als ISUV haben die Forderung kreiert: Beide betreuen – Beide bezahlen. Praktisch heißt das, Betreuung und Kindesunterhalt gewichten wir gleich, das ergibt sich aus der Sache. Um es noch deutlicher auszudrücken: Wer betreut, hat Anspruch auf Kindesunterhalt, wer Kindesunterhalt zahlt, hat Anspruch sein Kind, seine Kinder zu betreuen. Das ist eine Forderung, die man nicht einfach unterlaufen kann.
Für die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich ist es das wichtigste Anliegen, Kindern beide Eltern trotz Trennung und Scheidung zu erhalten. Insofern steht gemeinsame Elternschaft im Ranking ganz oben.
Die entscheidende Frage ist, wie kann man das erreichen, wenn ein Elternteil dies nicht möchte, weil er den anderen Elternteil ablehnt und nicht ins Kalkül zieht, dass die Kinder den anderen Elternteil auch mögen? Was tun, wenn die Kinder einen Elternteil ablehnen, einfach resignieren und dem Kindeswillen freien Lauf lassen? Ist das dann Kindeswohl?
Ehrlicherweise muss man sagen, dass die Mittel und Methoden nur bedingt „sicher“ und praktisch durchsetzbar sind, d. h. Umgangsrecht und Betreuung kann man nur mit großer Nachhaltigkeit durchsetzen, indem man den verweigernden Elternteil in die Pflicht nimmt. Ein zentraler Vorschlag von ISUV ist die Pflicht zu Mediation – gleich zu Beginn der Trennung, noch bevor Anwälte das Sagen haben. Von anderen wird eingewandt, dass man niemanden zur Mediation zwingen kann. Wir meinen schon, denn gegenüber Kindern haben beide Elternteile Pflichten. Das Kindeswohl steht bei Eltern – muss bei Eltern über den eigenen Launen stehen. Die Androhung von Strafen kann, je nach Charaktertyp durchaus Wirkung haben. Die populistische Forderung Umgangsverweigerung mit Gefängnis zu bestrafen, hört sich wirkungsvoll an. Was aber macht das mit Kindern, wenn sie erfahren ein Elternteil sitzt im Gefängnis, ist nicht mehr da?
Ein weiterer Aspekt, der nur allzu gerne verdrängt wird. Oft mögen Kinder nicht beide Eltern gleich. Nicht selten verstärkt die Trennung die Sympathien und Antipathien der Kinder. Oft ist die Verweigerung von Kindern Grund für den Beziehungsabbruch zu einem Elternteil. Heilbar ist diese soziale Konstellation nach ISUV-Erfahrungen dann, wenn sich beide Elternteile in Bindungstoleranz üben, die man durchaus lernen kann.