Anhebung Kindesunterhalt: zu hoch - unausgewogen – einseitig

Der Mindestunterhalt wird am 1. Januar 2021 erneut angehoben. Laut geänderter Mindestunterhaltsverordnung steigt der Kindesunterhalt in der ersten Altersstufe, 0 – 5 Jahre, von 369 auf 393 EURO, in der zweiten Altersstufe, 6 – 11 Jahre, von 424 auf 451 EURO, in der dritten Altersstufe,12 – 17 Jahre, von 497 auf 528 EURO. Die Unterhaltspflichtigen wissen aber noch nicht, was ihnen als notwendiger Eigenbedarf, Selbstbehalt, bleiben muss. „Der Anstieg in der Höhe ist nicht gerechtfertigt. Für den Selbstbehalt muss die gleiche Transparenz gelten wie für den Kindesunterhalt. Schließlich müssen auch unterhaltspflichtige Mütter und Väter planen können. Kindesunterhalt und Selbstbehalt sollten parallel angepasst werden“, fordert der ISUV Vorsitzende, Rechtsanwalt Klaus Zimmer.  

Die jährlichen Anhebungen der Beträge für Kindesunterhalt werden in der Regel damit begründet, dass die allgemeinen Lebenshaltungskosten, insbesondere Miete angestiegen seien. Die gleiche Rechnung muss man allerdings auch bei Unterhaltspflichtigen machen, auch deren Kosten stiegen. In der Presseerklärung am 13.11. 2020 begründet die Justizministerin den Anstieg so: „Der jetzt erschienene Existenzminimumbericht belegt, dass das Existenzminimum für Kinder in den Jahren 2021 und 2022 deutlich gestiegen ist. Ich betrachte es daher als zwingend, den Mindestunterhalt bereits ab dem kommenden Jahr zu erhöhen. Die Erhöhung des Mindestunterhalts ist erforderlich, damit Behörden und Gerichte von der richtigen Bemessungsgrundlage für den Kindesunterhalt ausgehen. Ich möchte sicherstellen, dass unseren Kindern alle Mittel zur Verfügung stehen, die für die Sicherung ihres täglichen Bedarfs benötigt werden.“ ISUV-Pressesprecher Josef Linsler kritisiert: „Der erste Satz irritiert. Woher weiß die Ministerin was 2021 und 2022 sein wird. Mitten in der Coronakrise, in Zeiten von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit, wo Soloselbständige ohne Einkommen dastehen den Unterhalt einseitig anzuheben, ist einseitige Klientelpolitik für Alleinerziehende, führt zu Konflikten.“

ISUV rät Betroffenen: Unterhaltsberechtigte sollten flexibel reagieren, letztendlich ist klar, wenn jemand 30 oder gar 40 Prozent weniger verdient, kann er nicht genauso viel Unterhalt zahlen wie vorher. „Eine ausgepresste Zitrone gibt auch dann nicht mehr Saft, wenn man sie noch so sehr presst. Vorsicht ist gerade jetzt geboten bei schnellen Pfändungen. Sie laufen manchmal ins Leere, tragen zur Verhärtung der Situation bei und haben schon manch einem Unterhaltspflichtigen den Job gekostet“, gibt Linsler zu Bedenken.

Das durchschnittliche Nettoeinkommen aller Arbeitnehmer betrug 2019 laut statistischem Bundesamt monatlich 2.079 Euro, das ist ein Jahres-Netto von 24.948 EURO. Zahlt ein*e Unterpflichtige*r Alimente für zwei Kinder im Alter von 12 und 14 Jahren, so hat er/sie im Jahr 10.056 EURO zu überweisen. Für den notwendigen Eigenbedarf verbleiben ihr/ihm 14.892 EURO. „Es verwundert daher nicht, dass sich Unterhaltspflichtige fragen, ob es sich noch lohnt dafür zu arbeiten. Arbeit muss sich lohnen. Wir fordern ein Lohnabstandsgebot von 3000 EURO, somit Anhebung des notwendigen Eigenbedarfs – „Selbstbehalts“. Die Politik ist gefordert“, appelliert Linsler.

Der Mindestunterhalt bildet die Grundlage für die Düsseldorfer Tabelle. So lassen sich die ab 1. Januar2021 gültigen Kindesunterhaltsbeträge schon jetzt berechnen, noch bevor die Düsseldorfer Tabelle offiziell veröffentlicht ist – siehe hierzu die Anlage.