Auf der Suche nach sozialer Ausgewogenheit: Sozialrecht gerechter als Familienrecht?

Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) kritisiert, dass hart arbeitenden Unterhaltspflichtigen mit Kindern oft weniger bleibt als nicht berufstätigen Hartz IV-Beziehern. „Um jeden falschen Zungenschlag zu vermeiden, es geht uns nicht darum zu fordern Hartz IV-Leistungen zu kürzen, sondern Unterhaltspflichtige mit Kindern besser zu stellen, zumindest gleichzustellen“, fordert der ISUV-Vorsitzende Rechtsanwalt Klaus Zimmer. Das folgende Beispiel zeigt, das Sozialrecht fragt nach dem notwendigen Bedarf, das Familienrecht verteilt das Einkommen des „wirtschaftlich Stärkeren“ nach Regeln, die sozial unausgewogen und entsprechend ungerecht sind. Zwei Drittel der Unterhaltspflichtigen müssen hart an der Armutsgrenze vom notwendigen Eigenbedarf – 1080 EURO oder ein bisschen mehr – leben.

Urteilen Sie selbst, ist das sozial ausgewogen?

Der Unterhaltspflichtige hat ein Bruttoeinkommen von 3100 EURO, für drei Kinder ist Unterhalt zu zahlen. Es sind 500 EURO Steuer nach Steuerklasse I zu entrichten. Ihm bleibt ein notwendiger Eigenbedarf (Selbstbehalt) von 1080 EURO und ein Erwerbstätigenbonus von 90 EURO. Im Selbstbehalt ist eine Wohnkostenpauschale von 380 EURO Warmmiete enthalten. Er betreut die Kinder zu 30 Prozent, was im Familienrecht nicht berücksichtigt wird. Weil ihm der Umgang mit den Kindern wichtig ist, hält er drei Zimmer für die Kinder vor. „Ich zahle im Jahr um die 6000 Euro Steuern, mir bleiben nach Abzug von Wohn- und KFZ Kosten in etwa 2500 Euro jährlich zum Leben – nicht nur für mich, sondern auch temporär für 3 Kinder. Was soll man denn dazu noch sagen“, kritisiert der Betroffene.

Ein Hartz IV-Bezieher mit gleicher familiärer Konstellation hat Anspruch auf folgende Leistungen. Trennungskinder von Hartz IV-Beziehern haben natürlich auch Anspruch auf Kontakt zu beiden Eltern. Haben Kinder aufgrund der vereinbarten Besuchsrechtsregelungen über mehrere Tage Umgang mit dem anderen Elternteil, bei dem sie nicht den Hauptwohnsitz haben, so entsteht nach sozialrechtlicher Auffassung eine temporäre Bedarfsgemeinschaft. Hierzu gibt es eine gefestigte Rechtsprechung.

Mehrere Landessozialgerichte haben immer wieder darauf verwiesen, das Umgangsrecht der Kinder mit dem anderen Elternteil hat grundrechtsähnliche Bedeutung. Dies müsse bei der Grundsicherung berücksichtigt werden. Entsprechend müsse der Umgang in einem angemessenen Wohnumfeld stattfinden. So hat beispielsweise ein Hartz IV-Bezieher mit drei Kindern Anspruch auf eine 85 qm² Wohnung. Neben der Miete übernimmt das Amt die Heizkosten. Hinzu kommt: Sind die Kinder im Rahmen des Umgangsrechts, z. B. an Wochenenden, Schulferien und weiteren Besuchstagen beim Hartz IV-Empfänger/In, so kann dieser für jeden Tag, an dem die Aufenthaltsdauer mehr als 12 Stunden beträgt, auf Antrag zusätzliche Leistungen erhalten. Für Kinder bis 5 Jahre sind das 7,47 €, für Kinder von 6 bis 13 Jahren sind das 8,50 €, für Kinder von 14 bis 17 Jahre sind das 9,63 € jeweils täglich. Hinzu kommen noch einige Sonderbedarfsregelungen, wie beispielsweise die Befreiung von der GEZ-Gebühr. „Wir begrüßen diese Regelungen ausdrücklich, denn sie dienen dem Kindeswohl. Sie sind ein richtiger und praktischer Schritt, um gemeinsame Elternschaft nach Trennung und Scheidung zu ermöglichen. Der Vergleich zeigt aber auch, der notwendige Eigenbedarf muss in mehrfacher Hinsicht ganz erheblich erhöht werden. Hier ist die Politik gefordert, soziale Richtungsentscheidungen müssen von der Politik nicht von Richtern getroffen werden“, fordert ISUV-Pressesprecher Josef Linsler.

ISUV – Kompetenz im Familienrecht seit über 40 Jahren

Der ISUV vertritt als größte deutsche und überparteiliche Solidargemeinschaft die Interessen von Bürgern, die von Trennung, Scheidung und den damit zusammenhängenden Fragen und Problemen betroffen sind. ISUV ist unabhängig, bundesweit organisiert und als gemeinnützige Organisation anerkannt.

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