Trennungsväter Verlierer der Corona-Krise – Weniger Umgang, weniger Einkommen, aber gleicher Unterhalt?

Die Corona-Krise hat viele Trennungsvätern vor einschneidende Probleme gestellt. Zu Beginn der Kontaktbeschränkungen standen Umgangsfragen im Mittelpunkt, jetzt sind es verstärkt Unterhaltsfragen. Die Anfragen bei ISUV, dem Verband für Unterhalt und Familienrecht, haben sich verdoppelt. „Am Anfang wurde einseitig der Umgang abgesagt. Begleiteter Umgang kam weitgehend zum Erliegen, seit dieser Woche wird er teilweise wieder zaghaft aufgenommen. Jetzt stehen Unterhaltsfragen im Mittelpunkt, viele Trennungsväter können auf Grund von Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit und dem vollständigen Verlust der Einnahmen aus selbständiger Arbeit den Unterhalt nicht oder nicht vollständig aufbringen“, fasst der ISUV-Vorsitzende, Rechtsanwalt Klaus Zimmer zusammen. Er würdigt: „Trotz Einkommensverlusten zahlen die meisten Unterhalt wie bisher, aber auf Dauer geht das nicht.“

Eine große Corona-Problemgruppe sind Soloselbständige, denen innerhalb kürzester Zeit die Einnahmen weggebrochen sind, die noch Schulden haben, die die laufenden Kosten tilgen und Kindesunterhalt zahlen müssen. Da ist Frank K*, Grafiker und Layouter, er arbeitete mit einer Veranstaltungsagentur zusammen. Im Auftrag der Agentur erstellte er Plakate, Flyer und Anzeigen für Events. „Ich war immer gut beschäftigt, die Kooperation mit der Agentur machte Spaß, ich konnte kreativ sein, ich bekam immer mehr Aufträge und ich hatte seit einem Jahr das Gefühl alles im Griff zu haben“, sagt Frank K*.

Und dann geschah, was er sich nicht vorstellen konnte: Eine Woche nach Bekanntgabe des Lockdowns wurden alle Aufträge zurückgezogen. Plötzlich hatte er kein Einkommen mehr, aber weiterhin ist sein Kredit abzuzahlen, die laufenden Kosten für Büro und Lebenshaltung fallen an und dann 720 EURO Kindesunterhalt, die er laut Jugendamtsurkunde zu zahlen hat. Ersparnisse hat Frank K* nicht, denn er hat erst vor drei Jahren den Sprung in die Selbständigkeit gewagt. Von ISUV wurde er auf die Möglichkeiten staatlicher Hilfen hingewiesen und beraten. „Ich warte noch teilweise auf die beantragten staatlichen Zuschüsse, aber die reichen nur für den Kredit, die laufenden Kosten und dann bleiben mir noch 165 EURO für Lebenshaltung. Wie soll ich die 720 EURO Unterhalt zahlen?“ fragt sich Frank K*.

Mit Hilfe eines ISUV Kontaktanwalts wurde immerhin eine Pfändung abgewendet. Seine beiden Kinder, 6 und 9 Jahre alt, hat er seit anderthalb Jahren nicht mehr gesehen. Seine Exfrau ist Beamtin mit sicherem und allzeit höherem Einkommen als er.

„Frank K+ ist kein Einzelfall, Soloselbständige sind abrupt und tief gefallen. Viele hatten ein mittleres bis gutes Einkommen, bis die Pandemie sie arbeitslos machte. Darunter viele Väter, die noch Schulden, nichts Erspartes haben, es reicht nicht für den Unterhalt. Hier muss der Staat die Hilfen aufstocken, um die selbständige Existenz, somit auch mittel- und langfristig den Unterhalt zu sichern“, fordert der ISUV-Vorsitzende Zimmer.

Inzwischen viele Unterhaltspflichtige haben aufgrund von Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit oder dem Wegbrechen von Aufträgen weniger Einkommen und somit Schwierigkeiten den per Gerichtsurteil oder Jugendamtsurkunde titulierten Unterhalt zu leisten. „Keinesfalls dürfen Unterhaltspflichtige Zahlungen einstellen und kürzen, wenn sie nicht unter Umständen eine Pfändung riskieren wollen“, warnt ISUV-Kontaktanwalt Simon Heinzel.

Die Situation ist kompliziert, weil noch nicht abzusehen ist, wie lange die Einkommenseinbußen dauern, wie lange Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosengeld gezahlt wird, ob und wann Betroffene wieder ihre „alte“ Arbeit aufnehmen können oder sich einen neuen Job suchen müssen.

Grundsätzlich kann und sollte man den Unterhalt abändern lassen, insbesondere wenn der Einkommensverlust langfristig und „wesentlich“ ist, d. h. mindestens 10 Prozent weniger Einkommen. Allerdings wird von Familiengerichten jeweils die finanzielle Gesamtsituation des einzelnen Unterhaltspflichtigen berücksichtigt, hat er Ersparnisse, wie hoch ist das verbleibende Einkommen, welche Einsparungen sind möglich. ISUV-Pressesprecher Josef Linsler empfiehlt: „Bevor man eigenständige Schritte unternimmt, gleichzeitig aber Kosten scheut, sollte man mit den ISUV-Kontaktstellenleitern vor Ort Kontakt aufnehmen und sich beraten lassen. Viele Betroffene nehmen den gemeinnützigen Rat gerne wahr, wenn sie davon wissen.“

*Name des Mitglieds ist der Redaktion bekannt.