Veränderungen beim Kindesunterhalt ab 1.1.2020: Gut zu wissen für Unterhaltsberechtigte und Unterhaltsverpflichtete

Ab Januar 2020 müssen Unterhaltspflichtige rund 4,5% mehr Kindesunterhalt bezahlen. Das sind in der 1. Einkommensstufe für Kinder bis 5 Jahre monatlich 15€ mehr, für Kinder zwischen 6 und 11 Jahren 18€ monatlich mehr, für Kinder zwischen 12 und 17 Jahren 21€ mehr. Die Unterhaltsätze für junge Erwachsene über 18 Jahre haben sich geringfügig zwischen 3 oder 4 EURO erhöht. In den „Anmerkungen“ zur Düsseldorfer Tabelle ist immer eine „Tabelle Zahlbeträge“ als Anhang beigefügt. Die Zahlbeträge aus, welchen Betrag der Unterhaltspflichtige jeweils an sein Kind überweisen muss. Nach fünf Jahren wird jetzt auch einmal der notwendige Eigenbedarf für Unterhaltspflichtige nachgebessert. Er wird ab 1. Januar 2020 auf lediglich 1.160 Euro für Erwerbstätige - 730 allgemeiner Bedarf + 430 Wohnkosten - angehoben.

„Veränderungen der Düsseldorfer Tabelle lassen sich meist ohne juristisches Gezerre und Gezeter regeln, wenn beide Seiten gesprächsbereit sind, grundlegende rechtliche Strukturen kennen und beherzigen sowie gegenseitige Empathie aufbringen“, stellt ISUV-Vorsitzender, Rechtsanwalt Klaus Zimmer fest.

Effizienz von Gerichtsverfahren

Zunächst sollten sich unterhaltsberechtigte und unterhaltsverpflichtete Elternteile gegenseitig informieren. Haben sich keine gravierenden Einkommensveränderung – Richtwert plus oder minus 10 Prozent – ergeben, sollten die neuen Zahlbeträge ohne Wenn und Aber gezahlt werden. Haben sich die Einkommensverhältnisse entsprechend verändert, dann kann man den Unterhalt nicht einfach kürzen, sondern beim Familiengericht einen entsprechenden Abänderungsantrag stellen. „Der Weg zum Gericht ist immer der letzte Ausweg. Vorher sollte sehr genau geprüft werden, in welchem Verhältnis Gerichts- und Anwaltskosten zu der Höhe der Unterhaltsforderungen stehen“, rät ISUV-Pressesprecher Josef Linsler.

„Statischer Titel“ – „Dynamischer Titel“

Beachten müssen beide Seiten, ob ein dynamischer oder statischer Unterhaltstitel vorliegt. Bei einem dynamischen Titel erhöht sich der Kindesunterhalt automatisch entsprechend des jeweiligen Zahlbetrags. Unterhaltspflichtige müssen unaufgefordert zahlen.

Viele Zahlungspflichtige haben beim Jugendamt eine Urkunde unterzeichnet, in der sie sich verpflichten entsprechend ihrem Einkommen Unterhalt zu zahlen. Wenn eine Jugendamtsurkunde vorliegt, besteht automatisch die Verpflichtung die Zahlung an die Düsseldorfer Tabelle anzupassen. „Der Glaube, ich zahle erst mehr, wenn mich das Jugendamt auffordert, ist ein Irrglaube. In hochstreitigen Beziehungen wird dann immer schnell gepfändet“, hebt Linsler hervor.

Gut zu wissen: Volljährige Kinder können keinen dynamischen Unterhaltstitel erhalten. Für sie bleibt es bei einem statischen Titel. Ändern sich die Verhältnisse, muss der Titel mittels Abänderungsklage angepasst werden.

Erhöhung von Selbstbehalt – Mangelfall?

Der Selbstbehalt wurde erhöht. Das kann in den beiden unteren Einkommensgruppen dazu führen, dass der Kindesunterhalt gekürzt werden muss, weil ein Mangelfall vorliegt. Dies gilt insbesondere dann, wenn für mehrere Kinder Unterhalt gezahlt werden muss. „Liegt ein Mangelfall vor, ist anwaltliche Beratung dringend angeraten. ISUV bietet kostengünstige Beratung für Mitglieder an. In keinem Fall darf der Unterhalt eigenmächtig gekürzt werden“, hebt Linsler hervor.

Anspruch auf angemessene Wohnung für beide Elternteile

Auch Unterhaltspflichtige haben Anspruch auf eine angemessene Wohnung, in der Umgang mit den Kindern stattfinden kann. Mit der Wohnkostenpauschale von 430€ sind in den Städten aber auch in den meisten Regionen im Westen keine Wohnungen zu haben, geschweige denn warm. Für diesen Fall ist in den „Anmerkungen“ der Düsseldorfer Tabelle vorgesehen, dass der Selbstbehalt erhöht werden soll, wenn die Warmmiete einer angemessenen Wohnung höher als die Wohnkostenpauschale ist. Die Angemessenheit ergibt sich im Normalfall aus den Warmmietbeträgen der Sozialbehörden.  „Unterhaltspflichtige sollten sich vor Ort erkundigen, nach welchen Richtlinien Sozialhilfeempfängern eine angemessene Wohnung zugeteilt wird“, rät Linsler. Nahezu jede Stadt/Landkreis hat entsprechende Richtlinien für angemessene Wohnungen, die Sozialhilfebedürftigen zugeteilt werden.

Ist die entsprechende Miete für eine jeweils vor Ort angemessene Wohnung höher als die Wohnkostenpauschale, so ist grundsätzlich der Selbstbehalt um den Differenzbetrag zu erhöhen. „Unterhaltspflichtige sollten sich nicht scheuen für eine angemessene Wohnung vor Gericht ziehen. Die Erfahrung zeigt, dass der Umgang mit den Kindern langfristig nur dann gesichert ist, wenn angemessene Wohnverhältnisse vorhanden sind“, rät Pressesprecher Linsler. Für eine Einzelperson gilt eine Einzimmerwohnung als angemessen. Findet regelmäßig Umgang mit Kindern statt, gilt entsprechend dem Sozialhilferecht eine 2 - oder 3-Zimmer-Wohnung als angemessen.

Angemessene Wohnung ja, aber dann Zustzjob?

Wenn sich der Selbstbehalt auf Grund der Wohnkosten erhöht, entstehen in den Einkommensgruppen 1-3 mehr Mangelfälle. Das heißt, das Einkommen reicht dann nicht mehr um den Mindestunterhalt zu zahlen. Familiengerichte versuchen mit allen Mitteln Mangelfälle zu vermeiden. So wird beispielsweise Alimentenzahlern/Innen auferlegt einen weiteren Job anzunehmen, so dass der Mindestunterhalt gesichert ist. Wenn also ein Mangelfall wegen erhöhter Wohnkosten entsteht, prüfen die Gerichte genau, ob der Unterhaltspflichtige nicht durch einen Zweitjob den Mindestunterhalt sichern kann.

Respektlos gegenüber Unterhaltspflichtigen

Gerade in Bezug darauf kritisiert ISUV die „soziale Unausgewogenheit gegenüber Unterhaltspflichtigen“. Unterhaltspflichtige müssen eine angemessene Wohnung einklagen, in der auch Umgang mit Kindern stattfinden kann. Dagegen brauchen Hartz-IV-Empfänger nur einen Antrag stellen um eine angemessene Wohnung zugeteilt zu bekommen. „Es ist respektlos gegenüber Unterhaltspflichtigen, die schließlich erwerbstätig sind, Unterhalt leisten, Sozialabgaben zahlen und dann auch noch vom Staat wie Ledige mit Steuerklasse I abkassiert werden, so als hätten sie keine Kinder. Wenn also diese Leistungsträger ihr selbst verdientes Geld einklagen müssen, um angemessen wohnen zu können und wenn dann der Mindestunterhalt nicht mehr gezahlt werden kann, sollen sie auch noch trotz voller Erwerbstätigkeit einen Zweitjob annehmen, so ist dies entwürdigend und demotivierend. Dementsprechend äußern sich Betroffene auch in Foren“, kritisiert Linsler.