Angleichung Betreuungsunterhalt verheirateter & nichtverheirateter Eltern bei Trennung – keine Angleichung beim Sorgerecht
„Wir haben nicht geheiratet, weil wir mit Scheidung und Familienrecht nichts zu tun haben wollten. Wir haben uns vor sieben Monaten getrennt. Jetzt kann ich genauso viel zahlen wie ein geschiedener Unterhaltspflichtiger“, schreibt ein User in der ISUV-Facebook-Gruppe. Ist das zu erwarten? – Das neue Recht tritt wohl erst 2025 in Kraft.
„Die Regeln zum Betreuungsunterhalt sollen vereinheitlicht werden: Die nicht gerechtfertigten Unterschiede zwischen dem Betreuungsunterhalt bei geschiedenen und bei nichtehelichen Paaren sollen beseitigt werden“, betont Marco Buschmann in den Eckpunkten. Beabsichtigt ist die Schaffung einer einheitlichen, d. h. nur noch am Ehegattenunterhalt ausgerichteten, und stimmigen Regelung zum Betreuungsunterhalt. Dazu stellt die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich fest: „Eine einheitliche Berechnung des Betreuungsunterhalts zwischen ehelichen und nichtehelichen Paaren begrüßen wir. Aber Ehe und nichteheliche Partnerschaften sind unterschiedliche Lebensformen. Die Ehe steht nach Artikel 6 GG unter dem besonderen Schutz des Staates, die nichteheliche Partnerschaft nicht. Entsprechend dürfen die Regelungen nicht einfach gleichgeschaltet werden. Wenn beim Betreuungsunterhalt angeglichen wird, dann aber auch beim Sorgerecht.“
Zustimmung
Die Entfernung von Verweisen auf den Verwandtenunterhalt im §1615l BGB wird begrüßt, weil dies eine „notwendige klare Abgrenzung gegenüber verheirateten Eltern“ ist. Des Weiteren sollen Vereinbarungen und Abfindungszahlungen möglich sein und hoffentlich auch gefördert werden. „Ein Ziel der Reform muss es auch sein, die Handlungsfreiheit von Eltern zu stärken und nicht Familiengerichten zu überlassen“, betont Ulbrich. Seitens ISUV wird auch begrüßt, dass der Rückgriff auf Vermögen nur dann möglich ist, wenn der Mindestunterhalt nicht gezahlt wird. Ebenso begrüßt werden konkrete Regelungen zu Vererbbarkeit und Verwirkung.
Hintergrund – gemeinsame elterliche Sorge
Der Verband fordert seit Jahren die Einführung der gemeinsamen elterlichen Sorge ab Geburt für alle Kinder, unabhängig ob in der Ehe geboren oder in einer Partnerschaft. Bisher müssen Väter nicht in der Ehe geborener Kinder einen Antrag stellen, wenn sie das gemeinsame Sorgerecht wollen. Das wird von Amts wegen als Formalie abgetan. Nach Erfahrungen von ISUV ist es das in der Praxis nicht, sondern vielmehr Anlass für Gerichtsverfahren und Rückzug eines Elternteils – meist des Vaters. „Wieder das gleiche Prinzip, zahlen und Klappe halten. Ich wurde vom Richter belehrt, Unterhalt und Umgang haben nichts miteinander zu tun. Ich verstehe es nicht, das ist respektlos. Ich bin nur Zahlemann, als Vater werde ich nicht wahrgenommen“, schreibt ein ISUV-Mitglied in einer längeren Mail.
Nachbesserungsbedarf
„Das Vorhaben den Mindestunterhalt anzuheben, sehen wir mit Skepsis. Wer eine Absicherung wie in der Ehe haben will, der muss eben heiraten. Es muss gar nicht gleich die Ehe sein, vielmehr lässt sich das mit dem Partner rechtzeitig in einem Vertrag regeln“, sagt Ulbrich. Ansonsten werde der Status der Ehe immer weiter "ausgehöhlt".
Grundsätzlich fordert ISUV von der Reform „mehr Impulse für eigenverantwortliche Vereinbarungen“. Dies sei möglich, wie sich beim Coaching durch ISUV immer wieder herausstellt.
Ein wichtiger Punkt zur Bestimmung von Unterhaltsansprüchen ist, dass die beiden Partner eben nicht verheiratet waren. Wurde vor der Geburt des Kindes Unterhalt gezahlt, so geschah dies freiwillig und kann daher – anders als bei Verheirateten – nicht als Grundlage für einen Unterhalt nach der Geburt des gemeinsamen Kindes als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Eine Angleichung an das Scheidungsrecht stößt hier an Grenzen. Besonders wichtig ist dies, wenn die Partner vor der Geburt des Kindes nie zusammen gelebt haben.
Ein weiterer Punkt ist, wie soll künftig mit überobligatorischem Einkommen umgegangen werden. Es handelt sich um Einkommen, das der betreuende Elternteil erzielt, obwohl er nicht erwerbstätig sein muss. Aktuell gibt es dazu keine Regelung. Die Gerichte handhaben dies unterschiedlich. Manche Gerichte rechnen ein Drittel, manche die Hälfte an. „Eine gesetzliche Regelung schafft Transparenz und ist deshalb zu begrüßen.“ (Ulbrich)
Wichtig wäre auch eine klare Stichtagsregelung, die es im Scheidungsrecht gibt. Gemeint ist ein Datum, ab dem Gehaltssteigerungen nicht mehr automatisch dem unterhaltsrelevanten Einkommen zugerechnet werden. Der Stichtag könnte der Tag der Trennung sein oder möglicherweise auch die Änderung der Wohnadresse. Ohne Stichtagsregelung werden nicht verheiratete betreuende Elternteile - meist Mütter - gegenüber verheirateten betreuenden Elternteilen - meist Müttern - unangemessen bevorzugt. Das ist konsequent und im Sinne der Eckpunkte: „Die Regeln zum Betreuungsunterhalt sollen vereinheitlicht werden.“
Konkretisiert werden muss auch die Forderung: „Ist die Lebenslage des nichtverheirateten Elternteils vergleichbar mit der eines geschiedenen Elternteils, so sollen für die Höhe des Unterhaltsanspruchs in beiden Fällen die gleichen Maßstäbe gelten.“ Wann aber sind Lebensverhältnisse vergleichbar? Wenn die Partner nie zusammengelebt haben, sicher nicht. Wenn sie mindestens zwei Jahre zusammengelebt und vor allem gemeinsam gewirtschaftet haben, dann schon eher. Auch in Bezug darauf schafft eine gesetzliche Regelung Transparenz.
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