Arm wegen Kindesunterhalt trotz voller Erwerbstätigkeit

Über 50% der Unterhaltspflichtigen müssen im Monat mit 1160 EURO oder sogar weniger klarkommen, und dies, obwohl sie voll erwerbstätig sind. Wer ein Nettoeinkommen von 1900 EURO und weniger hat und für zwei Kinder Unterhalt zahlen muss, wird gemäß Düsseldorfer Tabelle zum „Mangelfall“. Die Kinder bekommen nicht den vollständigen Mindestunterhalt, aber auch der Unterhaltspflichtige selbst ist ein „Mangelfall“. Die 1160 EURO, die er von seinem Nettoverdienst behalten darf, sollen reichen für Essen, Kleidung, Wohnung samt Nebenkosten, Nutzung von Mobilfunkgeräten, soziokulturelle Teilhabe und Aufwand für Betreuung der Kinder. „Das lässt sich mit 1160 EURO nicht stemmen. Wer nicht auf die Eltern oder die Großeltern zurückgreifen kann, ist im wahrsten Sinn es Wortes bitterarm. Eine Anhebung des Selbstbehalts auf 1260 EURO ist dringend notwendig. Schließlich wurde der Kindesunterhalt seit 2008 um über 40 Prozent angehoben, während der Selbstbehalt nur um 28 Prozent anstieg. Es besteht nicht nur deswegen dringend Nachholbedarf“, fordert ISUV-Pressesprecher Josef Linsler.

Die Situation von Unterhaltspflichtigen hat sich auf Grund der sozioökonomischen Rahmenbedingungen erheblich verschlechtert. Die Mieten sind allgemein angestiegen, in den Städten geradezu explodiert. Im Selbstbehalt ist für eine „warme Wohnung“ eine Pauschale von 430 EURO vorgesehen. Diese Pauschale müsste auf 500 EURO angehoben werden. Zumindest in einigen Regionen reicht das dann für eine kleine Ein- oder Zweizimmerwohnung. „Ist das dann eine angemessene Wohnung? Sozialhilfeberechtigte haben Anspruch auf eine angemessene warme Wohnung. Kinderbetreuung in einer Einzimmerwohnung, geht das, wie geht das?“ (Linsler) Unterhaltspflichtige können zwar eine angemessene Wohnung theoretisch einklagen und dabei auf die Düsseldorfer Tabelle verweisen, aber Gerichte urteilen oft restriktiv.

Die gegenwärtige Explosion der Energiepreise – Strom, Benzin, Heizöl – trifft Menschen, denen nur wenig vom Nettolohn bleibt, sehr hart. Auch die Lebensmittelpreise sind stark angestiegen, was sich bei armen Unterhaltspflichtigen sofort bemerkbar macht.

Was immer unberücksichtigt bleibt, Unterhaltspflichtige leisten inzwischen oft Betreuung teilweise bis zu 40 Prozent. Auch dadurch entstehen Kosten, die beim Selbstbehalt nicht berücksichtigt werden. „Diese Betreuungskosten müssen sich auch im Selbstbehalt widerspiegeln. Schon deswegen ist jetzt eine Anhebung des Selbstbehaltes angesagt“, fordert Linsler.

Arme Unterhaltspflichtige sind auf die Anhebung des Selbstbehaltes angewiesen, denn sie erhalten kein Wohngeld, was aber dem unterhaltsberechtigten Elternteil zusteht. Auch Kindergeld und Kinderzuschlag bezieht der unterhaltsberechtigte Elternteil. Auch Papa Staat zeigt wenig Empathie mit den Unterhaltspflichtigen, sie werden nach Steuerklasse I – wie Ledige – abkassiert, während der Unterhaltsberechtigte nach Steuerklasse II besteuert wird.