Bundesgerichtshof betont „Auskunftsschuldverhältnis“ zwischen Mutter und Kind

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass eine leibliche Mutter ihrem Kind zur Auskunft über die Identität des leiblichen Vaters verpflichtet ist. Dies gilt auch dann, wenn das Kind adoptiert wurde und andere rechtliche Eltern hat. Der BGH bezieht sich auf  §1618 a, wonach Eltern und Kinder einander Beistand und Rücksicht schuldig sind. Der BGH hebt hervor, dass zwischen Mutter und Kind grundsätzlich ein „Auskunftsschulverhältnis“ besteht, das nur dann eingeschränkt werde, wenn durch Auskunft der Mutter, ihre Intimsphäre eingeschränkt werden würde. Dies sahen die Richter hier ausdrücklich nicht als gegeben an.

Die stellvertretende ISUV-Vorsitzende, Rechtsanwältin Maren Waruschewski hebt hervor: „Der BGH bezeichnet den Auskunftsanspruch als eine Rechtsposition von ganz erheblicher verfassungsrechtlicher Bedeutung, nämlich das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Dies wird bei den vielen angedachten Gesetzesvorhaben im Eltern- und Kindschaftsrecht zu berücksichtigen sein.“

Dem Gesetzgeber geben die Karlsruher Richter die Maxime vor, dass aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht die verfassungsrechtliche Verpflichtung des Staates folgt, „der Schutzbedürftigkeit des Einzelnen vor Vorenthaltung verfügbarer Informationen über die eigene Abstammung bei der Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Betroffenen angemessen Rechnung zu tragen.“

Artikel 8 der UN-Kinderrechtskonvention, das Recht des Kindes seine “Identität” zu achten und zu schützen, wird vielfach eingegrenzt auf den Schutz des rechtlichen Status des Kindes. Der Anspruch des Kindes, dass es seine biologische Abstammung erfährt, wird vielfach hintangestellt, heruntergespielt. Es herrscht die Auffassung vor, dass der Staat die verwandtschaftlichen Beziehungen nach eigenen Vorstellungen – „Beiwohnungsvermutung“, „Anerkennungserklärung“ – regeln könne.

Der aktuelle Beschluss des BGH betont ausdrücklich die hohe Bedeutung der Abstammung für die Identitätsfindung von Menschen. Hintergrund ist die Klage einer 1984 geborenen Frau gegen ihre Mutter, zu erfahren, von wem sie Gene in sich trägt. „Im Verband haben wir schon mehrfach erlebt, dass Menschen noch nach teilweise vielen Jahren erst zur Ruhe kommen, wenn sie mit dem anderen Elternteil konfrontiert wurden“, stellt ISUV-Pressesprecher Josef Linsler fest.