Bundestagswahl – Themencheck: Familienrecht & Familienpolitik - CDU/CSU-Positionen: "zielgerichtete Maßnahmen anstatt einer Kindergrundsicherung"

Die CDU/CSU stellt die „Einzelfallbetrachtung“ in den Mittelpunkt des Familienrechts und der Familienpolitik. Dies gilt für Selbstbehalt, Unterhalt, elterliche Sorge und Umgang.  Grundsätzlich wird aber anerkannt: Es besteht  „Reformbedarf, was die Aufteilung von Barunterhalt und Betreuungsunterhalt anbelangt.“ Im Gegensatz zu GRÜNEN und LINKEN befürworten Christdemokraten konkrete zielgerichtete Einzelmaßnahmen statt einer wohlfahrtsstaatlichen Kindergrundsicherung nach dem Gießkannenprinzip. „Wir begrüßen, dass CDU/CSU eine grundsätzliche Reform des Familienrechts ankündigen. Wir befürworten auch gezielte familienpolitische Einzelmaßnahmen anstatt kostspieliger wohlfahrtsstaatlicher Rundumversorgung. Die familienrechtlichen und familienpolitischen Vorstellungen von CDU/CSU und GRÜNEN sind fundamental gegensätzlich, also erhebliches Konfliktpotential in einer möglichen Koalition“, kommentiert ISUV-Pressesprecher Josef Linsler. 

 „Wir prüfen, inwieweit Unterhaltsbedarf und Selbstbehalt verbindlich geregelt werden könnten“, stand im Koalitionsvertrag. Geregelt, d.h. erhöht, wurde nur der Unterhaltsbedarf. Wird sich die CDU/CSU in der neuen Legislaturperiode für eine Regelung des Selbstbehaltes einsetzen?  

Zunächst ist festzuhalten, dass im Zusammenhang mit der Erhöhung des Kindesunterhaltes um 4,5 Prozent zu Beginn des Jahres 2020 auch der Selbstbehalt des Unterhaltsverpflichteten angehoben worden ist und zwar bei Nichterwerbstätigen auf 960 und bei Erwerbstätigen auf 1.160 Euro. Somit wurde diese Passage des Koalitionsvertrages umgesetzt. Im Übrigen kann im Einzelfall auch eine darüber hinaus gehende Erhöhung des Selbstbehaltes geltend gemacht werden, wenn der Unterhaltspflichtige beispielsweise unvermeidbar höhere Wohnkosten wegen einer besonders angespannten Situation am Wohnungsmarkt geltend machen kann oder aber ein erhebliches Einkommensgefälle zwischen dem unterhaltspflichtigen und dem anderen Elternteil besteht. Wie häufig im Unterhaltsrecht, bleibt das der Einzelfallbetrachtung bzw. - entscheidung überlassen. 

Neues Aufstiegsversprechen – für Deutschland als Chancen- und Familienland", ist Kapitel 6 überschrieben. Was hat man sich unter einem "Familienland vorzustellen?  

Unter Familienland verstehen CDU und CSU ein Land, in dem es Familien leichtgemacht wird, sich für ein Leben mit Kindern zu entscheiden. Wir werden Familien finanziell entlasten und ihnen geben, was für alle wichtig ist: Zeit füreinander, Sicherheit, mehr finanzielle Spielräume, gute Schulen und Kitas. Gleichzeitig wollen wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern.

Die CDU/CSU spricht davon, dass man "Familien und Alleinerziehende" entlasten will. Will man, wie will man Trennungsfamilien entlasten?

CDU und CSU sind der Überzeugung, dass es für Kinder in aller Regel am besten ist, wenn beide Elternteile gemeinsam Verantwortung für Erziehung und Entwicklung übernehmen. Eine Trennung der Eltern darf kein Beziehungsende für Kinder sein. Wir sind für  ein modernes Familienrecht zum Wohl des Kindes. Daher wollen wir die familienrechtlichen Vorschriften im Unterhalts-, Sorge- und Umgangsrecht anpassen. Wir wollen eine Aufenthalts- und Betreuungsregelung, die in jedem Einzelfall bestmöglich das Kindeswohl sicherstellt. Wir behalten die schwierige finanzielle Situation von Trennungsfamilien im Blick und sind bestrebt, Familien und Kinder auch nach einer Trennung zu entlasten. So haben wir bereits im vergangenen Jahr den steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende auf 4.008 Euro verdoppelt. Perspektivisch wollen wir diesen auf 5.000 Euro weiter erhöhen.

"Wir wollen die familienrechtlichen Vorschriften im Unterhalts-, Sorge- und Umgangsrecht anpassen." Möchte die CDU/CSU endlich die lange versprochene und im Justizministerium mehrfach angedachte Reform des Sorge- und Unterhaltsrechts auf den Weg bringen? Wird die CDU/CSU bei einer Reform des Sorge- und Unterhaltsrechtes den Grundsatz umsetzen: Beide betreuen, Beide bezahlen.  

Es ist Tatsache, dass sich vielfach die Lebenswirklichkeit von Familien mit Trennungs- oder Scheidungsbiographie in den letzten Jahren verändert hat, nicht zuletzt auch durch die Bereitschaft und die geschaffenen Möglichkeiten der frühkindlichen Betreuung für beide Elternteile in Zeiten des ehelichen Zusammenlebens.

Die Aufteilung bei den Betreuungsleistungen hat sich dementsprechend auch nach Trennung oder Scheidung verändert. Das jetzige Unterhaltsrecht, welches recht statisch davon ausgeht, dass bei Kindern unter 12 Jahren mit erhöhtem Betreuungsbedarf nur ein Elternteil die Hauptlast der Betreuung trägt, wird dieser neuen Lebenswirklichkeit vielfach nicht mehr gerecht. Insoweit besteht hier Reformbedarf, was die Aufteilung von Barunterhalt und Betreuungsunterhalt anbelangt. 

Es ist ungerecht, wenn Unterhaltspflichtige wie Ledige ohne Kinder nach Steuerklasse I besteuert werden. Unterstützt die CDU/CSU unsere Forderung den Kindesunterhalt nicht zu besteuern, schließlich soll nur besteuert werden, was dem Steuerzahler zur Verfügung steht?  

Steuerpflichtige können bereits jetzt ihre Unterhaltszahlungen von max. 9.744 Euro als außergewöhnliche Belastung von der Steuer absetzen. Beim Kindesunterhalt gibt es allerdings eine wichtige Voraussetzung: Weder der/die Steuerpflichtige noch der/die Ex-Partner/in nehmen Kindergeld oder den Kinderfreibetrag in Anspruch. Grund dafür ist, dass das Kindergeld bzw. der Kinderfreibetrag das Existenzminimum des Kindes absichern. Darüber hinaus gehende Aufwendungen werden steuerlich nicht anerkannt, außer es handelt sich um Ausgaben für die Kinderbetreuung oder den Schulbesuch des Kindes. Eine Änderung dieser Regelung würde geschiedene Unterhaltspflichtige gegenüber zusammenlebenden Eltern besserstellen. Daher ist bisher keine Änderung geplant. Nicht vergessen werden sollte die Möglichkeit des sogenannten Realsplittings nach § 10 Abs.1a Nr1 EstG, das bei der Zahlung von nachehelichem Unterhalt, dem Unterhalt leistenden geschiedenen Ehepartner eine steuerliche Abzugsfähigkeit von bis zu 13.805 Euro im Jahr eröffnet und somit eine Angleichung an den früheren Steuersatz nach Einkommensteuerklasse III vornimmt. 

 

Die Linksparteien und GRÜNE fordern eine Kindergrundsicherung. Die Eltern sollen pro Kind bis zu 614 EURO erhalten. Wie bewertet, was kritisiert, was befürwortet die CDU/CSU in Bezug auf Kindergrundsicherung?

Für die finanzielle Absicherung von Kindern ist die finanzielle Lage der gesamten Familie entscheidend. Um allen Kindern gute Chancen zu bieten, müssen wir die Familie als Ganzes im Blick behalten und die Leistungen zielgenau, bedarfsgerecht und transparent ausrichten. Die Kindergrundsicherung wirkt dagegen weder gegen die Ursachen von Kinderarmut, noch ist sie zielgerichtet. CDU und CSU halten deshalb andere zielgerichtete Maßnahmen anstatt einer Kindergrundsicherung für sinnvoll.

In dieser Legislaturperiode haben wir daher ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Kinderarmut auf den Weg gebracht. Zu nennen sind vor allem das Familienstärkungsgesetz, der Ausbau des Unterhaltsvorschusses, die Anhebung des Kinderzuschlags auf bis zu 205 Euro, die Aufstockung des Schulstarterpakets auf 150 Euro, der Wegfall der Eigenanteile zur gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung in Kitas und Schulen und für die Schulbeförderung sowie die Ausweitung der Nachhilfefinanzierung. Das Kindergeld wurde um insgesamt 25 Euro je Kind erhöht.

Der beste Schutz gegen Kinderarmut ist ohnehin ein regelmäßiges und gutes Arbeitseinkommen der Eltern . Daher setzen sich CDU und CSU für gute Rahmenbedingungen für den Arbeitsmarkt und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Mit dem Ausbau der Kinderbetreuung und dem Gute-KiTa-Gesetz haben wir auch in dieser Legislaturperiode schon wichtige Schritte vollzogen. 

Die seit acht Jahren versprochene Reform des Kindesunterhaltsrechts ist unabdingbar: Es ist ungerecht, dass Unterhaltspflichtige mehr als 30 Prozent der Betreuung übernehmen und 100 Prozent Unterhalt gemäß Düsseldorfer Tabelle zahlen. Wird die CDU/CSU diese Reform vorantreiben? 

Insoweit wird zunächst auf die Antwort zu Punkt 4 verwiesen. Der Bundesgerichtshof hat zudem festgestellt, dass es auch Konstellationen gibt, in denen das sogenannte paritätische Wechselmodell, falls nicht vereinbart, unter Umständen auch angeordnet werden kann. Dies hat je nach Umfang Auswirkungen auf die Höhe der jeweiligen dann anteilig bestehenden Barunterhaltsverpflichtungen. Letztendlich werden schematische Lösungen hier nur sehr schwer möglich sein. CDU und CSU präferieren Einzelfallentscheidungen, die das ganz im Vordergrund stehende Kindeswohl in dem erforderlichen Maße abbilden.