„Die Düsseldorfer Tabelle 2024 demotiviert weiter - Hundertausende Trennungseltern leiden vor sich hin - beängstigend“
Ein aktueller Fall – kein Einzelfall – eines ISUV-Mitglieds.
Hintergrund in Stichworten
- Seit 10 Jahren getrennt, seit 6 Jahren geschieden
- zwei Kinder, ein Junge, ein Mädchen zwischen 12 und 18 Jahren
- vollzeitarbeitend mit knapp über 22 €/Std. Brutto, also weit über Mindestlohn von aktuell 12,41 €/Std.
- Kinder Betreuung seit 10 Jahren
- regelmäßig jedes zweite Wochenende und sechs Wochen in den Schulferien
- Abholen und Zurückbringen wie üblich durch ihn, den nicht überwiegend Betreuenden.
„Das bedrückt mich“
„Ich kann mich nicht damit abfinden, dass die Familienpolitik sowie Gesetzgebung bzw. Rechtsprechung, so wie deren Institutionen wie Jungendamt und Familiengerichte, so sind wie sie nun einmal seit vielen Jahren sind. Keiner findet politisches Gehör, keiner geht auf die Straße, hunderttausende betroffener Eltern leiden still und ohnmächtig vor sich hin.“
Kritik an
- Machtgefälle zwischen Unterhaltsschuldner und Unterhaltsberechtigten
- Keine Berücksichtigung von Betreuung weder beim Unterhalt - Düsseldorfer Tabelle - noch bei der Steuer
- Ungerechte Verteilung der vorhandenen Geldmittel zwischen den Trennungseltern: einer bezahlt Unterhalt 100 Prozent und betreut 35 Prozent, der andere betreut 65 Prozent und bekommt 100 Prozent Unterhalt
- Von Oben festgelegter Bedarf der Kinder, der in beiden Haushalten ungleich berücksichtigt wird
Die Rechnung – was bleibt wem am Ende Netto
- Der Arbeitgeber des Unterhaltspflichtigen benötigt 4622 EURO, um seinem Arbeitnehmer, dem Unterhaltspflichtigen, 3850 EURO als Bruttogehalt zu bezahlen. Davon bleiben dem Unterhaltspflichtigen gerade einmal 2300 EURO „bereinigtes Netto“, was die Grundlage für Unterhaltszahlungen ist. Nach Abzug von Unterhalt für zwei Kinder in der Altersgruppe III der Düsseldorfer Tabelle 2024 bei 100% bleiben noch 1260 EURO übrig. Es liegt ein Mangelfall vor, der Selbstbehalt von 1450 EURO ist unterschritten, der Bedarfskontrollbetrag - also der angemessene Anteil vom Einkommen - von 1750 EURO bei 105% ist weit unterschritten.
- Von ehemals 4.622 EURO gehen 3.362 EURO ab, es bleiben dem Unterhaltspflichtigen 1.260 EURO für alle Bedürfnisse, wie z.B. Miete, Auto, Versicherungen, GEZ, Klamotten, „Papa-Wochenenden“, Urlaube mit und für die Kinder, Fahrdienste.
- Welches Einkommen bleibt dem unterhaltsberechtigten Elternteil? Obwohl nur in Teilzeit arbeitend, verdient er ein Nettogehalt von 3780 EURO. Hinzukommen Unterhalt von 1040 EURO und 500 EURO Kindergeld. Somit ergibt sich ein Haushaltseinkommen von 5.320 EURO.
- Die Differenz ist in diesem Fall 3.860 EURO zugunsten des mehrbetreuenden Elternteils, bei dem die Kinder überwiegend wohnen.
- Welchen Bedarf hat ein Kind? Manchmal wird folgende Rechnung aufgemacht: Beide Elternteile stellen prozentual genauso viel von ihrem Nettoeinkommen, also 42 Prozent für Kindesunterhalt zur Verfügung. Dann ergibt sich folgende Rechnung: Unterhaltspflichtiger stellt 1040 EURO, meist betreuender Elternteil 1580 EURO zur Verfügung, hinzukommt noch das Kindergeld von 500 EURO. Für jedes Kind steht dann ein Kindesunterhalt von 1560 EURO zur Verfügung. Das ist mehr als dem unterhaltspflichtigen Elternteil mit 1450 EURO Selbstbehalt bleibt.
- Ist das gerecht: Muss ein Kind mehr Geld zur Verfügung haben als der zahlende und vollzeitarbeitende Elternteil?
- Inflation ja, muss berücksichtigt werden, jedoch auf beiden Seiten, nicht nur auf der Empfängerseite. Denn beim Zahlenden besteht keine Deflation. Auch hier wird alles teurer.
„Klar ist, die Düsseldorfer Tabelle 2024 demotiviert weiter, schafft Existenzangst, nimmt Mut, zieht Kraft. Arbeiten lenkt nur noch ab, ist nur noch lästige Pflicht, wenn viel zu wenig übrig bleibt vom Nettoeinkommen. Es ist bedrückend, wenn ich mein Haushaltseinkommen und das des anderen Elternteils vergleiche. Er steht gut da vor den Kindern, die ihm natürlich alles Geld zuordnen. Es setzt den Kindern gegenüber falsche Signale, wenn man nichts, gar nichts mehr, was Geld kostet, unternehmen kann gemeinsam und immer „NEIN“ sagen muss. Ich habe manchmal den Eindruck, die Kinder fühlen sich dann nicht wertgeschätzt und schätzen dann den anderen Elternteil umso mehr, der ihnen nicht zuletzt Hobbies, Urlaub und Markenklamotten kaufen kann.
Es muss sich was ändern, es muss. Die Betreuung des unterhaltspflichtigen Elternteils muss sich finanziell erheblich mehr auswirken. Immerhin betreue ich die Kinder mehr als 10 Wochen im Jahr und zahle trotzdem vollen Unterhalt jeden Monat. Bei der Unterhaltsfestlegung muss auch berücksichtigt werden, wenn ein Elternteil, der als Unterhaltsempfänger wesentlich mehr verdient als der Unterhaltspflichtige. In diesen Fällen muss es einen gerechten Ausgleich geben. Dann ist da noch das ganze große Problem der Wohnkosten. Ohne Partnerin oder die Unterstützung durch Eltern ist das nicht stemmbar. Man hat das Gefühl, dass man immer tiefer ins Minus rutscht – mental und finanziell.“
ISUV-Stellungnahme
Unser Mitglied greift Aspekte auf, die sich so oder ähnlich in anderen Mails wiederfinden:
Da ist einmal die Stimmungslage typisch: Existenzangst – mental und finanziell.
Das angesprochene „Machtgefälle“, wer die Kinder hat, hat Anspruch auf Unterhalt – auf Geld.
Extrem ist der Einkommensunterschied zwischen den beiden Teilen der Trennungsfamilie, der Teil mit Kindern ausgesprochen wohlhabend, der andere Teil nahe am Selbstbehalt. Hier zeigt sich, wie wichtig die ISUV-Forderung ist, dass beim Kindesunterhalt die Einkommen von Mutter und Vater berücksichtigt werden müssen.
Auch der konstruierte Bedarf und die danach gestrickte Höhe des Unterhalts ist nicht vermittelbar, weil man den Bedarf in der Ehe kennt – und übereinstimmend sagen alle Betroffenen, der Bedarf war erheblich niedriger.