Düsseldorfer Tabelle 2024 verschlechtert die finanzielle Situation Unterhaltspflichtiger weiter
„Nicht stemmbar für die Mittelschicht, die knapp über dem Mindestlohn verdient. Sollen extra Verfahren und Gang zum Bürgergeldantrag gefördert werden? Problem ist auch, dass das Geld nicht wirklich bei den Kindern ankommt. Das System muss sich ändern.“ So oder ähnlich kritisieren sehr viele Unterhaltspflichtige im ISUV-Forum die Regelungen.
Die aktualisierte Düsseldorfer Tabelle (DTB) tritt am 1.Januar 2024 in Kraft. Für Trennungsfamilien bringt auch diese Tabelle wie in den zwei Jahren zuvor Enttäuschungen und Kopfschütteln. Der Mindestunterhalt steigt für Kinder der mittleren Altersgruppe noch einmal um 9% auf dann 551.- €, nachdem er im Jahr zuvor schon um mehr als 10 Prozent angehoben worden war.
Die Vorsitzende des ISUV e.V. – Verband Unterhalt und Familienrecht, Melanie Ulbrich: „Der Unterhalt wird in der Düsseldorfer Tabelle ständig weiter nach oben getrieben. Die jüngste Erhöhung um 9% zeigt, dass die Abhängigkeit der Düsseldorfer Tabelle vom Sozial- und Steuerrecht grundlegend falsch ist, weil dies politisch bestimmte Standards sind. Fakt ist und daran kommt niemand vorbei, es kann nur das verteilt werden, was in der Trennungsfamilie an Geldmitteln vorhanden ist. Hieran hat sich die Höhe des Kindesunterhalts zu orientieren.“
Hintergrund
Seit Jahrzehnten ist die Düsseldorfer Tabelle der Maßstab für die Höhe des Kindesunterhalts. Die Düsseldorfer Tabelle ist kein Gesetz, aber Familiengerichte und Jugendämter halten sich sklavisch daran. Die Düsseldorfer Tabelle hat sich in den letzten Jahren immer weiter von den sozialen Lagen der Trennungsfamilien entfernt. Der sogenannte Mindestunterhalt von jetzt 551.- € mag nach den geltenden Rahmenvorgaben richtig berechnet worden sein. Bei einer Inflationsrate von nur noch 3% ist diese großzügige Steigerung jedoch nicht mehr nachvollziehbar.
Auf der Seite der Unterhaltsschuldner wurde der notwendige Selbstbehalt, also der Betrag, der dem Schuldner in jedem Fall zu verbleiben hat, nur um knapp 6% auf jetzt 1.450.- € statt auf 1515 € angehoben worden.
Die vielfach kritisierte Schieflage der Tabelle wurde also nicht behoben, ganz im Gegenteil verliert der gemäß Tabelle geforderte Unterhalt immer mehr den Bezug zum Geld, das Trennungsfamilie zur Verfügung steht. Melanie Ulbrich bringt es auf den Punkt: “Ich kenne niemanden, der in diesem Jahr eine Gehaltserhöhung um 9% bekommen hätte. Wenn Unterhaltsschuldner dennoch 9% mehr Kindesunterhalt zahlen sollen, dann fehlt der Bezug zur Leistungsfähigkeit“.
Geringfügige Veränderungen - Flickwerk
Die unterste Gehaltsstufe, die bisher bei 1.900.- € lag, wird künftig bei 2.100.- € enden. Damit verschieben sich auch alle anderen Gehaltsgruppen in der Tabelle um 200.- € „nach oben“. Dies bringt bei den Unterhaltsschuldnern eine geringfügige Entlastung. Melanie Ulbrich wertet das so: „Die Düsseldorfer Tabelle war und ist weiterhin Flickwerk. Das in der Familie vorhandene Geld muss wieder das Maß für den Unterhalt der Kinder werden. Die Bindung des Kindesunterhalts an Steuerrecht oder Sozialrecht hat sich nicht bewährt.“
Die Höhe des notwendigen Selbstbehalts von nur 1.450.- € ist deutlich zu niedrig angesetzt. Die Unterhaltsschuldner sind wie die Kinder in der Trennungsfamilie von derselben Inflation betroffen. Die Unterhaltssteigerung um 9% müsste daher die gleichhohe Erhöhung des notwendigen Selbstbehalts bei den Unterhaltszahlern bewirken. Der Selbstbehalt müsste also 1515 € betragen.
Wenn inflationsbedingt mehr Geld in der Trennungsfamilie vorhanden ist, dann kann auch den Kindern mehr Unterhalt gezahlt werden, aber nur so viel, dass den Schuldnern im gleichen Maß mehr zur Bestreitung der eigenen Kosten übrigbleibt.
„Mir soll mal jemand vormachen, wie ich in Frankfurt für 520 EURO eine Wohnung finden soll, in der ich auch noch meinen 10 Jahre alten Sohn betreuen kann und die auch noch warm ist“ , schreibt eine Userin im ISUV-Forum. Im Selbstbehalt ist ein Wohnkostenanteil von 520 € für eine warme Wohnung vorgesehen. „Das ist völlig unrealistisch. Wir fordern eine Regionalisierung der Wohnkosten, den unterschiedlichen Wohnkosten muss Rechnung getragen werden, indem beim Selbstbehalt der regionale Mietspiegel immer mitberücksichtigt wird. Eigentlich hatten wir erwartet, dass dies schon 2024 umgesetzt wird“, hebt Ulbrich hervor.
Grundsätzliche Forderungen des ISUV
Der ISUV fordert im Zuge der Unterhaltrechtsreform massive Veränderungen. Die Düsseldorfer Tabelle muss durch eine neue gesetzliche Regelung ersetzt werden. Das Gesetz muss deutlich vorgeben, wie die in der Trennungsfamilie vorhandenen Geldmittel prozentual zu verteilen sind. Ausgangspunkt muss das Einkommen beider Trennungseltern, nicht nur das eines Einkommensschuldners sein. Kindern und ehemaligen Ehegatten sollte von diesen Mitteln ein fester Prozentsatz zustehen, den Schuldnern muss von ihren Einkünften ein vernünftiger Selbstbehalt verbleiben.
Die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich fordert den Gesetzgeber auf: „Es wird Zeit, dass der Kindesunterhalt endlich an realen Einkommen und nicht an politisch gelenkten Bedarfen des Sozial- und Steuerrechts einseitig ausgerichtet wird. Gerade wird an einer Reform des Unterhaltsrechts im Justizministerium gearbeitet, jetzt kann Kindesunterhalt und Selbstbehalt in ausgeglichene Balance gebracht werden.“