Familienministerin setzt Leitplanken im Unterhalts- und Sorgerecht: Gemeinsam Betreuen auch nach der Trennung - Betreuen soll sich auszahlen

Ein Drittel der Betreuung leisten und gleichzeitig vollen Unterhalt bezahlen, das ist ungerecht, kritisiert der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) schon seit Jahren. Der gleichen Auffassung ist nun auch Familienministerin Franziska Giffey. In den Sozialen Netzwerken und Foren wird heftig zwischen „Vätern“ und „Müttern“, zwischen „Frauen“ und „Männern“ darüber gestritten, ob der Impuls zur Reform des Unterhalts- und Sorgerechts „frauenfeindlich“, „väterlastig“, „gegen die Mütter gerichtet“ „einseitig und ungerecht“, „am Kindeswohl vorbei“, … ist.

 

Dazu stellt der ISUV-Bundesvorsitzende Rechtsanwalt Klaus Zimmer fest: „Es geht der Familienministerin grundsätzlich um flexible Regelungen, die Eltern und Kindern nach Trennung und Scheidung zugutekommen. Ihr Ziel ist es nachhaltiggemeinsameElternverantwortungimAlltag,inder FreizeitundindenFerien zu erreichen.Beide betreuen, beide bezahlen im Rahmen ihrer faktischen Möglichkeiten. Wir unterstützen die Vorschläge der Ministerin.“

 

Zustimmung seitens Zimmer auch zu den Äußerungen der Ministerin zum Wechselmodell: „Kinder brauchen gerade nach Trennung und Scheidung beide Eltern. Es geht nicht um Modelle, sondern um Lösungen, die von Mutter und Vater getragen werden. Wir möchten, dass der Gesetzgeber gemeinsame Elternschaft also die gelebte gemeinsame Elternschaft nach Trennung und Scheidung – fördert.“

 

Die Heftigkeit der Debatte, die seit Jahren schwelt und immer wieder aufflammt, liegt an der radikalen Maxime des deutschen Familienrechts: Einer betreut, der andere bezahlt, der eine bestimmt de facto über die Kinder, dem anderen wird Umgang gewährt. Keine Rechtsordnung kennt diese strikte Aufteilung „einer betreut, einer bezahlt“, vielmehr haben dort beide Elternteile die Pflicht für Erziehung und Unterhalt zu sorgen. Die strikte Trennung zwischen Betreuung und Unterhalt ist ein Strukturfehler, er muss korrigiert werden, weil dies nicht mehr der sozialen Wirklichkeit von Trennungsfamilien entspricht.

 

Dazu stellt ISUV-Pressesprecher Josef Linsler fest: „Nach der Trennung muss das Rollenschema, das in der Ehe praktiziert wurde, notgedrungen aufgegeben werden. Meist betreuen beide Elternteile, jedoch mit unterschiedlichen Anteilen. Dennoch gibt es immer noch nur einen unterhaltspflichtigen Elternteil. Unterhaltspflichtige sind im Übrigen nicht mehr nur Väter, sondern auch Mütter. Dadurch dass die Ministerin diese Rolle einseitig den Vätern zusprach, hat sie unnötigerweise die in Politik und Medien kultivierte ideologische Frontlinie zwischen Frauen und Männern, zwischen Vätern und Müttern befeuert.“

 

Der ISUV schlägt folgende „Leitplanken beim Kindesunterhalt“ vor:

 

-       Der BetreuungsaufwandsollteabeinemVerhältnisvon25:75%beiderBemessungdes Kindesunterhalts berücksichtigt werden.

 

-       Transparenz der Einkommen: BeideElternlegenihrEinkommenoffenundbesprechendenBedarfdesKindes/derKinder. „Dies ist wichtig und trägt zur Beruhigung bei, ermöglicht Kompromisse, weil die Ehe-maligen erst dann die ökonomische Situation des anderen einschätzen können“, hebt Linsler hervor.

 

-       Der Anteil am Barunterhalt sollte sich an folgenden Eckpunkten orientieren: Einkommen,Betreuungsaufwanddes jeweiligenElternteilssowie der individuelle VerbrauchdesKindes.

 

-       Wie bisher, Mehrbedarf und Sonderbedarf teilen sich die Eltern entsprechend Einkommen und Betreuungsaufwand.

 

-       Einrichten eines Kinderkontos: Darauf zahlen beide Elternteile ein, auch das Kindergeld fließt auf dieses Konto. Daraus werden alle größeren Aufwendungen für die Kinder bestritten. Lebensmittel und täglichen Bedarf bezahlen die Elternteile jeweils selbst. „Es zeigt sich, dass trotz anfänglicher Skepsis das Kinderkonto akzeptiert wird, weil es Transparenz in die Ausgaben für Kinder schafft.“ (Linsler)

 

-       Orientierungspunkt Düsseldorfer Tabelle: Sie sollte beibehalten werden, weil sie für Vereinbarungen der Eltern eine erste Orientierung bietet.

 

-       Rolle des Familiengerichts: Es entscheidet letztendlich, wenn trotz Mediation keine Vereinbarung zustande gekommen ist. „Es zeigt sich, dass unter dem Druck von Kosten für Gericht und Anwälte, Kompromisse, Vereinbarungen geschlossen werden.“ (Linsler)

 

-       Unterhaltsvorschuss für beide Elternteile: Wenn beide Elternteile zu wenig verdienen und als Unterhaltsschuldner für angemessenen Unterhalt ausfallen, sollte beiden der Unterhaltsvorschuss anteilig entsprechend ihrer Betreuungsleistung ausgezahlt werden. „Die Argumentation, wenn beide Elternteile betreuen ergebe sich eine Entlastung, ist weltfremd. Schließlich haben die Eltern durch gemeinsame Betreuung auch mehr Kosten: Umgangskosten, Wohnung, Aufwand für Kinder“, kritisiert Linsler.

 

Bei allem medialen, politischem und juristischen Rasenschach steht fest: Gemeinsam Betreuen ist eine gesellschaftliche Notwendigkeit um nach Trennung und Scheidung über die Runden zu kommen. Beide Elternteile müssen heute schon in der Ehe arbeiten um abgesichert leben zu können. Nach der Trennung ist die Berufstätigkeit der Eltern eine Notwendigkeit um Scheidungs-, Kinder- und Altersarmut zu verhindern. Materielle Sicherheit, für die beide Elternteile sorgen, ist ein wichtiger Part des Kindeswohls. Materielle Sicherheit stabilisiert Kinder, nimmt ihnen unbewusste Ängste, berufstätige Eltern haben Vorbildwirkung für Kinder.

 

ISUV – Kompetenz im Familienrecht seit über 40 Jahren

 

Der ISUV vertritt als größte deutsche und überparteiliche Solidargemeinschaft die Interessen von Bürgern, die von Trennung, Scheidung und den damit zusammenhängenden Fragen und Problemen betroffen sind. ISUV ist unabhängig, bundesweit organisiert und als gemeinnützige Organisation anerkannt.

 

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