FDP will modernes Profil zeigen: Wechselmodell soll nach Trennung und Scheidung Regelfall werden?

Gemeinsame Elternschaft nach Trennung und Scheidung das kommt allen Parteien jetzt gerne von den Lippen. Aber wenn es praktisch wird, gibt es große Unterschiede. Die FDP hat sich seit zwei Jahren in den Gremien intern mit dem Wechselmodell befasst. Auf dem Bundesparteitag am Wochenende kommt es zum Stechen. Es liegen zwei Anträge vor. Wir fragten nach bei Daniel Föst, FDP-Generalsekretär in Bayern.

Worin liegt der Unterschied zwischen beiden Anträgen? 

Föst: Beide Varianten wollen die Verankerung des Wechselmodells im Recht und die Rechtssicherheit, aber nur Variante B möchte die Annahme gemeinsamer Elternschaft nach Trennung auch in der Betreuung zur Regel machen. Für meine Kinder ist es vollkommen normal, täglich mit meiner Frau und mir "um zu gehen". Warum das bei getrennten Eltern in der politischen Debatte auf so große Widerstände stößt, ist kaum nachzuvollziehen.

Das Wechselmodell ist nicht zuletzt Dank ISUV auf der politischen Agenda angekommen. SPD-Kanzlerkandidat Schulz hat sich für das Wechselmodell ausgesprochen. Wodurch unterscheidet sich die Position der FDP von der SPD-Position?

Föst:(Lacht): Herr Schulz ist Kanzlerkandidat der SPD. Ich freue mich, wenn er und andere Sozialdemokraten wahrnehmen, dass hier Handlungsbedarf ist. Aber sind wir mal ehrlich: Die FDP hat das Thema Wechselmodell nun jahrelang durch Gremien und Ausschüsse getragen, sowohl im Bund als auch auf Landesebene. Wir haben Expertenhearings unternommen, Für und Wider diskutiert, wir hatten wichtige Protagonisten in der Partei zum Vortrag, und wir haben auch engagierte und kompetente Fachpolitiker, die sich auch außerhalb unserer Partei für das Thema engagieren. Und das hat dazu geführt, dass wir heute bereits klare Beschlusslagen zur Doppelresidenz als Regelfall in den FDP Landesverbänden: Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Schleswig-Holstein haben. Haben Sie etwas vom Agenda Setting der SPD innerhalb der Partei gehört? Ich erinnere mich an ein schönes Papier der SPD-Bundestagsfraktion von Anfang März, aber auch da habe ich von Regelmodell nichts gelesen.  

Der Großteil der GRÜNEN und ein Teil der LINKEN fürchtet, dass durch die Festschreibung eines Wechselmodells im Gesetz „Frauenrechte“ eingeschränkt werden. Was sagen Sie dazu? 

Föst: Das kann ich so nicht nachvollziehen. Wenn die Gesellschaft von Frauen grundsätzlich nach Trennung ein Alleinerziehen erwartet, kann man das doch fast als frauenfeindlich bewerten, oder? Wir wollen Politik machen, um Selbstbestimmung in allen Lebenslagen zu fördern. Ich finde, dass gerade Frauen durch die Gleichstellung von Männern auch in der Familie viel mehr Freiräume gewinnen. 

ISUV meint, das Wechselmodell ist eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Stimmen Sie dem zu?

Föst: Absolut. Im Prinzip hat unser Gesetzgeber ja mal abstrakt die Eltern nach Trennung in „Unterhaltszahler“ und „Betreuerinnen“ eingeteilt. Im 21. Jahrhundert nehmen getrennte Eltern längst beide Rollen wahr, in ganz unterschiedlichen individuellen Arrangements, und das darf kein Luxus für Reiche oder Privilegierte sein, sondern das ergibt sich aus der Notwendigkeit der Biographien der Eltern. Die Politik muss dafür Rahmenbedingungen schaffen. Eine liberale Bürgergesellschaft im 21. Jahrhundert kommt an der Gestaltung von sozial notwendigen familien- und kindschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen nicht vorbei. Hier wollen wir Meinungsführer sein und klares Profil zeigen.  

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