In einem Jahr 10 Prozent mehr Inobhutnahmen von Kindern durch Jugendämter – Kindeswohl hinterfragen
Im Jahr 2019 haben die Jugendämter in Deutschland 55 500 Fälle von Kindeswohlgefährdung festgestellt. Das sind erneut 10 Prozent mehr als im vorangegangenen Jahr. Dies geht aus den heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor. Dabei wird zwischen vier Gefährdungsarten unterschieden: „Vernachlässigung“, „psychische Misshandlung“, „körperliche Misshandlung“ und „sexuelle Gewalt“. Mit der Inobhutnahme erfolgt eine Fremdunterbringung in der Regel in Heimen oder bei Pflegeeltern. Oft ist mit der Inobhutnahme auch der Sorgerechtsentzug verbunden. Dazu stellt der ISUV-Vorsitzende, Rechtsanwalt Klaus Zimmer fest: „Einerseits ist es gut, dass das Jugendamt genauer hinschaut, wenn für Kinder Gefahr in Verzug ist, andererseits ist es bedenklich, dass Eltern, die zum Jugendamt gehen und um Hilfe bitten, die Kinder weggenommen werden. Kriminelle Kinderschänder gehen nicht zum Jugendamt und bitten um Hilfe, sondern vertuschen. Die Zunahme von 10 Prozent mehr Inobhutnahmen innerhalb eines Jahres muss kritisch hinterfragt werden.“ ISUV- Verband für Unterhalt und Familienrecht fordert mehr Transparenz bei Inobhutnahmen, Intensivierung der Beratung der Eltern, keine Einzelentscheidungen von Sozialarbeiterinnen*n, keine gezielte Entfremdung der Kinder der leiblichen – nicht kriminellen - Eltern.
Die entscheidende Frage ist: Sind Inobhutnahmen Befreiung für die Kinder oder ein noch größerer Schock, von dem sie sich nicht oder nur schwer erholen werden? Wenn Kinder aus einer kriminellen Umgebung befreit werden, so ist die Inobhutnahme die Lösung. „Wenn mit der Inobhutnahme die Geschwistertrennung verbunden ist, wenn die Kinder von Pflegeeltern zu Pflegeeltern weitergereicht werden, wenn die Eltern überfordert, aber dennoch empathisch waren, wenn Pflegeltern den Umgang mit den leiblichen Eltern verweigern, wenn Pflege von Kindern Geschäftsmodell ist, sind Inobhutnahmen anders zu bewerten. Dafür finden sich genügend Beispiele“, gibt ISUV-Pressesprecher Josef Linsler zu bedenken.
Die Trennungs- und Scheidungssituation überfordert oft einen Elternteil. In dieser Situation ist es wichtig, dass seitens des Jugendamtes auf die Betreuung durch beide Eltern gedrängt wird. Intensivere Hilfe und konkrete verständnisvolle nachhaltige Beratung der Eltern hilft mehr als der schnelle und sehr kostenintensive Cut durch eine Inobhutnahme. „Die schnelle Rückführung der Kinder in die – nicht kriminelle - Ursprungsfamilie muss oberste Priorität bleiben. Schließlich sind die biologischen Eltern die natürlichen Eltern. Sie sind, auch wenn das manchmal in Frage gestellt wird, wichtig für die Identitätsfindung.“, hebt ISUV-Pressesprecher Josef Linsler hervor.
ISUV mahnt die Einhaltung des Artikels 8 der UN-Kinderrechtskonvention an. Die besagt: „Die Vertragsstaaten verpflichten sich, das Recht des Kindes zu achten, seine Identität, einschließlich seiner Staatsangehörigkeit, seines Namens und seiner gesetzlich anerkannten Familienbeziehungen, ohne rechtswidrige Eingriffe zu behalten. Werden einem Kind widerrechtlich einige oder alle Bestandteile seiner Identität genommen, so gewähren die Vertragsstaaten ihm angemessenen Beistand und Schutz mit dem Ziel, seine Identität so schnell wie möglich wiederherzustellen.“
ISUV fordert, dass der Kontakt zu den natürlichen – nicht kriminellen - Eltern aktiv gefördert, jedenfalls nicht unterbrochen oder gar völlig unterbunden wird. „Die stillschweigend durch Jugendämter gedeckte massive Umgangsverweigerung von Pflegeeltern, muss aufhören“, fordert Linsler.