Initiative des Familienministeriums gegen Einsamkeit - Einsamkeit ein soziales Phänomen nicht nur ein Krisen- oder Altersphänomen

„Darin besteht die Liebe: Dass sich zwei Einsame beschützen und berühren und miteinander reden“, stellte Rainer Maria Rilke, selbst ein „Einsamer“, vor über hundert Jahren fest. Wenn Zwei sich trennen, löst dies nach Erfahrungen des ISUV-Verband für Unterhalt und Familienrecht – nicht selten bei einem oder manchmal auch beiden Partnern vorübergehend oder auch langfristig Einsamkeit aus. „Ein auf Kooperation und nicht auf Konfrontation angelegtes Familienrecht kann Einsamkeit mildern. Es gibt aber auch gewisse soziale Lagen und persönliche Dispositionen für Einsamkeit, die schon in der Beziehung angelegt sind, die dann bei der Trennung voll durchschlagen. Die Corona-Krise hat dies schonungslos aufgedeckt“, stellt der ISUV-Vorsitzende, Rechtsanwalt Klaus Zimmer fest.

Der Verband begrüßt die Initiative des Familienministeriums und fordert den Aspekt Einsamkeit nicht nur als Altersphänomen abzutun, sondern im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung auf die öffentliche Agenda zu setzen: „Eine Reform des Familienrechts muss auf Kooperation angelegt sein, auf gemeinsame Elternschaft und somit Einsamkeit verhindern“, fordert Zimmer.

Kinder sind heute kein Ferment gegen Einsamkeit. Fakt ist die Familienbande im Allgemeinen sind nicht mehr so stark. Die Mehrgenerationen-Familie, die unter einem Dach lebt und das einzelne Mitglied auffängt, wenn es Probleme hat, ist sehr selten. Kinder leben heute schon sehr früh ihr „eigenes Leben“, wollen sich aus dem Trennungsgezerre der Eltern heraushalten. Für die Eltern sind die Kinder aber gerade bei einer Trennung wichtig. „Sie sind schließlich das, was bleibt. Massiv einsam, oft verbunden mit Depressionen, sind daher Elternteile, die keinen Umgang mit den Kindern haben, denen der Umgang verweigert wird, die nur zahlen müssen, die sich in Familienverfahren immer als Verlierer wahrnehmen, denen am Ende trotz gutem Einkommen nur der Selbstbehalt bleibt. Die Folgen sind sehr oft radikale Einstellungen, Staatsverdrossenheit und manchmal langwierige Krankheiten“, stellt ISUV-Pressesprecher Josef Linsler bei Betroffenen immer wieder fest.  

Wer nach einer langen Ehe und einige Jahre vor der Rente geschieden wird, rutscht vielfach in Altersarmut. Die angesammelten Rentenpunkte zusammen mit dem Ehegattensplitting reichen meist für eine gemeinsame Haushaltsführung. Werden im Rahmen des Versorgungsausgleichs die Rentenpunkte aber geteilt und müssen zwei Haushalte finanziert werden, reicht das Einkommen oft nicht mehr. ISUV rät daher Betroffenen, die Trennung einvernehmlich ohne Scheidung und Versorgungsausgleich zu regeln. So kann Altersarmut und damit verbunden Einsamkeit zumindest abgefedert werden kann.

Ob Jung, ob Alt, wem am Monatsende nur der Selbstbehalt - also 1160 EURO – bleibt, ist arm. In der Praxis zeigt sich meist, wer gut situiert ist, findet nach der Trennung auch schneller wieder einen neuen Partner oder eine neue Partnerin. Dating Plattformen sind für verlassene Partner und Partnerinnen eine erfolgversprechende Möglichkeiten zumindest dem Alleinsein zu entgehen. Aber auch da wird nach Einkommen gefiltert, haben Menschen mit geringerem Einkommen weniger Chancen.

Einsamkeit ist aber oft auch schon in der Beziehung angelegt und tritt bei der Trennung klar hervor. „Der oder die hat ja keine Freunde“, lautet ein Narrativ, das im Zusammenhang mit Trennung von Betroffenen geäußert wird. Wer keine „Freunde“ hat, gilt als Außenseiter*in, als Langweiler*in. „Das tut bei einer Trennung richtig weh, wenn sich Bekannte abwenden bzw. nur einem Partner zuwenden. Spätestens dann wird Einsamkeit massiv erlebt. Die Praxis zeigt, Menschen sind auch bei einer Trennung entspannter, fühlen sich weniger einsam, je mehr reale – nicht virtuelle – tiefe Beziehungen sie haben und somit von einer Gruppe aufgefangen werden.“(Linsler)

Denkbar ist aus Sicht des Verbandes ein koordiniertes reales und virtuelles Netzwerk, mittels dem auf vereinsamte Menschen zugegangen wird, auf das sie Zugriff haben. Dabei können Soziale Medien eine Schnittstelle, eine Brücke sein um Menschen aus der Einsamkeit abzuholen. „Wir hoffen, das Familienministerium hat nicht nur ein Projekt medienwirksam angetriggert, das dann in den Weiten des Internets verschwindet. Wir hoffen, das wachsende soziale Problem Einsamkeit wird nachhaltig angegangen. Schließlich geht es um das Glück und die Gesundheit von Menschen. Im Übrigen kann man so auch Krankheitskosten sparen“, fordert Linsler.