ISUV-Report: Düsseldorfer Tabelle am Ende – Paradigmenwechsel
Die neue Ausgabe der Vereinszeitschrift des ISUV-Verband für Familienrecht, der ISUV-Report 173, ist erschienen. Titelthema dieses Reports ist die angekündigte Reform des Kindesunterhaltsrechts.
„Die Düsseldorfer Tabelle wirft in Zeiten von Inflation Resultate aus, die nicht mehr überzeugen. Es ist daher Zeit, sich nach Alternativen umzusehen und zur Bestimmung der Höhe des Kindesunterhalts wieder von den Geldmitteln auszugehen, die bei den Trennungselternteilen tatsächlich vorhanden sind. An diesen Geldmitteln sollte den Kindern ein fester Anteil zustehen. Das Kindesunterhaltsrecht bedarf daher einer grundlegenden Reform“, sagt einer, der es wissen muss, Dr. Matthias Heger, ehemaliger Referatsleiter im Bundesministerium der Justiz.
Kritik und Änderungsvorschläge
Heger hebt hervor und erläutert: Die Grundannahmen der Düsseldorfer Tabelle entsprechen nicht mehr der aktuellen Realität. Beispielsweise reicht das Einkommen in der ersten Einkommensgruppe oft nicht aus, um den Kindesunterhalt für zwei Kinder zu zahlen und gleichzeitig den notwendigen Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen zu gewährleisten.
Die aktuelle Inflation führt zu Sprüngen zwischen den Gehaltsgruppen in der Tabelle, die nicht die tatsächlichen Einkommensverhältnisse widerspiegeln. Wenn ein Elternteil eine höhere Gehaltsgruppe erreicht, führt dies vielfach zu einer überproportionalen Erhöhung des Kindesunterhalts.
Anhand von Tabellen wird die Entwicklung der Düsseldorfer Tabelle bis hin zur jetzigen Schieflage veranschaulicht. Die Botschaft lautet: Die Düsseldorfer Tabelle rangiert sich „stetig mehr ins Abseits.“ (S. 11/2)
Konsequenz der Entwicklung und zentraler Reformvorschlag: Es sollte vom realen Einkommen der Eltern ausgegangen werden, den Kindern sollte ein fester Anteil davon zustehen.
Auf Seite 8 wird ein „Blick über die Grenzen“ geworfen: Wie lösen andere Staaten das Problem?“ Schließlich werden konkrete „Ansätze für eine unterhaltsrechtliche Lösung“ gegeben, bis hin zu einer „möglichen Formulierung eines neuen § 1610b BGB“. (S.9/10)
Die Düsseldorfer Tabelle weiterhin praktikabel
Thomas Goes, ISUV-Vorstandsmitglied, Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht, widerspricht der Kritik an der Düsseldorfer Tabelle. Er betont, dass die Düsseldorfer Tabelle ein Hilfsmittel zur Bestimmung des „angemessenen Unterhalts“ ist. Gleichzeitig sieht er auch, dass Mangelfälle bei niedrigen und mittleren Einkommensgruppen zunehmen, insbesondere wenn Unterhalt für mehrere Kindern gezahlt werden muss.
Goes sieht zwar auch die Ungleichheit in der Anpassung von Kindesbedarf und Selbstbehalt als ungerecht an, insbesondere in den unteren Einkommensgruppen. Dennoch besteht Goes, wie wohl viele Anwälte, darauf, dass die Düsseldorfer Tabelle weiterhin ein adäquates Mittel zur Bemessung des Kindesunterhalts bleibt.
Grundsätzliches
„Wir möchten mit den Ausführungen in unserer Vereinszeitschrift eine Diskussion anstoßen, einer grundsätzlichen Reform der Kindesunterhaltsrechts endlich auf die Sprünge helfen, mehr Transparenz, Flexibilität, Gerechtigkeit erreichen“. Es muss schon ein Paradigmenwechsel sein. Die veränderten sozialen Standards muss das Recht berücksichtigen. Beide betreuen heute, entsprechend müssen auch beide finanzielle Mittel bereitstellen. Dies gilt umso mehr nach der Trennung“, fasst die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich zusammen.
Weitere Themen im ISUV-Report 173
- Lobbyarbeit zu den Themen Kindergrundsicherung und Reform Kindesunterhaltsrecht
- „Urteilsbank“ – wichtige wissenswerte familienrechtliche Urteile kommentiert
- Berichte & Veranstaltungsprogramm der ISUV-Kontaktstellen
- Gut zu wissen: „Rund um Recht und Steuern“
- Leserforum: Meinungen von Mitgliedern
- Kaleidoskop: Lustfaktor Wokeness – stay woke – woke zero – woke ISUV.
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