Kindeswohl von Trennungskinder: Bindungstoleranz einfordern

Anlässlich des Weltkindertages richtet der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) den Focus auf die Lebenslage von Trennungskinder.

„Kinder dürfen nicht in die Zwangslage versetzt werden, dass sie sich nach der Trennung der Eltern, für einen Elternteil entscheiden müssen. Kinder sollen nach Trennung und Scheidung keinen Elternteil verlieren, denn beide sind wichtig für Betreuung, Sozialisation und Identitätsfindung“, stellt die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich fest.

Deswegen fordert der Verband die konsequente Umsetzung gemeinsam gelebter Elternschaft nach Trennung und Scheidung. „Mit entsprechend gefordert und geförderter Bindungstoleranz ist gemeinsame Elternschaft auch nach der Trennung möglich“, meint Ulbrich und beruft sich auf die Erfahrungen des ISUV.

Kinderrechte ins Grundgesetz – Mehrwert fürs Kindeswohl?

„Die Interessen der Kinder brauchen mehr Aufmerksamkeit. Wann immer es um Kinder geht, muss ihr Wohl im Mittelpunkt stehen. Ihre Interessen sollen bei allen Entscheidungen berücksichtigt werden. Deshalb wollen wir die Kinderrechte endlich im Grundgesetz verankern“, tweetet Familienministerin Lisa Paus. Das ist laut Koalitionsvertrag ein erklärtes Ziel der Ampel, das in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden soll. „Kinderrechte im Grundgesetz ändern nichts an der Rechtspraxis, die teilweise dem Kindeswohl nicht entspricht, es geht uns ums konkrete, praktische individuelle Kindeswohl für jedes Kind“, kritisiert Ulbrich. Daher fordert der Verband Familienrechtsreform jetzt.

 

 

Trennungseltern fordern und konsequent fördern

Die Trennung der Eltern ist für die Kinder nahezu in jedem Fall eine Erfahrung, die sie existentiell tangiert, sie leiden lässt, die aber auch ihre Entscheidungen und den Bindungs-Code im späteren Leben je nach Trennungsverhalten der Eltern negativ beeinflusst. Immer noch viel zu oft verlieren Kinder bei der Trennung einen Elternteil, was Ängste und Unsicherheit auslöst. ISUV kritisiert, dass insbesondere Vätern nichtehelicher Kinder nicht selten der Umgang mit dem Kind eingeschränkt oder gar verweigert wird, dies aber keine Konsequenzen hat, weil Gerichte und Jugendamt nicht nachhaltig dagegen vorgehen, schnell resignieren.

 

 

Kindeswohl: Scheidungsstress vermeiden

Der sprichwörtliche Scheidungsstress hat viele Facetten für Kinder: Oft ist mit der Trennung der Eltern ein Wohnortwechsel, ein Schulwechsel, der Wechsel des Freundeskreises verbunden. Die Betreuungs- und Erziehungssituation ändert sich, ein Elternteil muss den anderen "mit ersetzen". Die Folge dieser Belastungen sind oft Gesundheits- und Schulprobleme. Kinder getrenntlebender Eltern erhalten häufiger einen "blauen Brief", ihre Schulabschlüsse sind im Durchschnitt niedriger, die allgemeine Lebenszufriedenheit ist geringer, wie Studien belegen.

 

 

Kindeswohl: Kindergerechte Sozial- und Steuerpolitik

Der Verband kritisiert auch die Sozial- und Steuerpolitik: Bei der Trennung "stuft" der Staat die Eltern, die jetzt mehr Aufwand haben, "zurück" in Steuerklasse I. Somit steht den Kindern auch weniger Geld zur Verfügung. Weniger Geld bedeutet in einer Konsum-Freizeit-Handygesellschaft weniger Partizipation, weniger Anerkennung, - insbesondere auch weniger Bildung.

Armut erleben Kinder besonders intensiv, hautnah, im Kindergarten, in der Schule, am Geburtstag, bei Freizeitmöglichkeiten, Geschenken... Immer mehr Kinder geschiedener oder getrenntlebender Eltern sind auf Sozialleistungen angewiesen, Kinder sind weiterhin Armutsrisiko, wie inzwischen zahllose Studien immer wieder belegen. „Gerechterweise muss man feststellen, dass in den letzten Jahren die Betreuung ausgebaut wurde, so dass beide Eltern berufstätig sein können. So wird Kinderarmut nachhaltig eigenverantwortlich vermieden. Die angestrebte Kindergrundsicherung ist eine begrüßenswerte flankierende Maßnahme zur Vermeidung von Kinderarmut, aber nicht wie von manchen erwartet – und versprochen – die Lösung“, stellt Ulbrich fest.

 

 

ISUV – Kompetenz im Familienrecht seit über 45 Jahren

Der ISUV vertritt als größte deutsche und überparteiliche Solidargemeinschaft die Interessen von Bürgern, die von Trennung, Scheidung und den damit zusammenhängenden Fragen und Problemen - elterliche Sorge, gemeinsame Elternschaft trotz Trennung, Umgangsrecht, Unterhalt für Kinder und ehemaligen Ehegatten, Vermögensausgleich, Ausgleich der Rentenansprüche - betroffen sind.

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