Kosteneinsparung: Per Videokonferenz zum Recht
Chancen der Digitalisierung nutzen ist ein zentraler Programmpunkt für Bundesjustizminister Marco Buschmann. Ein wichtiger Schritt ist der neue Gesetzentwurf zum Ausbau von Videoverhandlungen in Zivilprozessen und somit auch in familienrechtlichen Verfahren.
„Wir begrüßen alle Maßnahmen, die den Zugang zum Recht vereinfachen, transparenter machen, beschleunigen und Kosten einsparen. Daher begrüßen wir auch diesen Gesetzentwurf ausdrücklich“, hebt die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich hervor. Werden die im Gesetz vorgeschlagenen Maßnahmen von den Gerichten auch angewendet und von einzelnen Betroffenen nicht blockiert, dann können sie zu einer erheblichen Kostenersparnis beitragen.
Vorteile & Ambivalenz von Videoverhandlungen
Wenn Verfahren per Video stattfinden können, so werden lange Anfahrtswege verhindert und somit teils ganz erhebliche Kosten eingespart. „Bei den meisten Getrenntlebenden und Geschiedenen sitzt das Geld nicht locker. Man muss sparen. Wegen der Kosten wird so manches Verfahren nicht geführt oder abgebrochen. Aus Angst Geld zu verbrennen, verzichtet man auf sein Recht“, stellt Ulbrich immer wieder fest.
Das sieht ISUV-Kontaktanwalt Simon Heinzel zwar auch so, aber er schränkt ein: „Wenn es aber darum geht in einer Verhandlung Lösungen zu finden, ist der persönliche Kontakt in einem Gerichtssaal, gerade der Beteiligten, nach meiner Erfahrung unverzichtbar.“ Andererseits zeigt die Praxis auch, dass die Begegnung der Ehe-maligen in hochstreitigen Verfahren Aggressionen und panische Reaktionen auslösen kann. Videoverhandlungen schaffen eine natürliche Distanz.
Grenzen von Videoverhandlungen
Rechtsanwalt Heinzel meint: „Eine Mediation geht auch kaum über Videoschalte, gleiches gilt bei Gericht für Güteverhandlungen. Die Erfahrung zeigt, dass bei Videokonferenzen seltener einvernehmliche Lösungen im zwischenmenschlichen/familienrechtlichen Bereich möglich sind.“ Sicherlich bedarf es dazu noch Zahlen und zur Perfektionierung einer umfassenden Digitalisierung auch Studien.
Von Betroffenen wird oft moniert, dass in familiengerichtlichen Verfahren häufig gelogen wird. Die Frage war und ist: Schaffen Videoverhandlungen mehr Transparenz und mehr „Wahrheit“, weil ja die Verhandlung aufgezeichnet wird. Heinzel winkt ab : „Durch Videoverhandlungen ergibt sich keine weitergehende Transparenz, es geht nicht um die Aufzeichnung der Verhandlung, sondern nur um die Durchführung der Verhandlung per Video. Es geht also nur um Videoverhandlungen, das hat mit den Beweismitteln nach Prozessordnung nichts zu tun. Es wird auch keine automatische Aufzeichnung der Verhandlung geben.“ Seitens des Justizministeriums wird betont, niemand werde gegen seinen Willen zu einer Videoverhandlung gezwungen.
Mehr kostengünstige bürgernahe Zugänge zur Justiz
Grundsätzlich werden Videoverhandlungen kostengünstiger, weil die bisherige „Auslagenpauschale für die Nutzung von Videokonferenztechnik“ entfällt. Doch auch mehr Transparenz ist möglich, weil eine Bild-Ton-Aufzeichnung der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme jetzt zulässig ist.
Die wohl wichtigste Neuerung ist die Einführung einer „virtuellen Rechtsantragsstelle“. Anträge und Erklärungen können künftig auch per Video bei der Geschäftsstelle abgegeben werden. Darunter fallen so wichtige Anträge wie die auf Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe. „Bleibt zu hoffen, dass den Angestellten der Geschäftsstellen auch genügend Zeit bleibt, Nachfragen Betroffener zu beantworten“, hofft Melanie Ulbrich.
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