Nicht nur auf die Düsseldorfer Tabelle starren, sondern auch die „Anmerkungen“ beachten

Unter der Düsseldorfer Tabelle stehen schon seit Jahren im gleichen Design und Wortlaut die „Anmerkungen“. Der Begriff suggeriert, es handele sich um „Fußnoten“, „Ergänzungen“, „Zusätze“ zur Tabelle. Fakt ist jedoch die „Anmerkungen“ enthalten die relevanten Informationen für Unterhaltspflichtige und Unterhaltsberechtigte. Dort wird der Kontext der Unterhaltsberechnung dargestellt. Am Ende der „Anmerkungen“ werden die „Zahlbeträge“ aufgelistet, also die Unterhaltsbeträge, die am Monatsanfang überwiesen werden müssen. „Die Anmerkungen sind wichtig, weil darin Hinweise gegeben werden, wie und unter welchen Umständen von den Tabellenbeträgen abgewichen werden soll. Ausdrücklich aber dezent hervorgehoben wird durch einen eigenen Absatz in den diesjährigen Anmerkungen, dass der Selbstbehalt erhöht werden soll, wenn die angemessenen Wohnkosten höher sind. Dies sollte über einen Anwalt auch eingeklagt werden“, hebt die stellvertretende ISUV-Vorsitzende Maren Waruschewski, Fachanwältin für Familienrecht hervor.

Der Selbstbehalt ist seit drei Jahren gleich, in der Zwischenzeit sind Mieten und Energiekosten massiv angestiegen. Beim Selbstbehalt – 1160 EURO – ist eine Pauschale für Wohnkosten – „Warmmiete“ (!) – von 430 EURO vorgesehen. Wohnungen, erst recht warm, sind nicht nur in Großstädten erheblich teurer. „Es wird oft vergessen, dass eine Wohnung größer sein muss, wenn darin Kinder betreut werden sollen. Unterhaltspflichtige Umgangseltern müssen klagen und dafür notfalls auch vors Oberlandesgericht gehen. Unterhaltspflichtige scheuen das Prozessrisiko mit der Folge, dass Betreuung oft nur eingeschränkt stattfindet. Es besteht Regelungsbedarf sowohl im Unterhalts- als auch im Sozialrecht, insbesondere aber der Hinweis in den Anmerkungen muss strikter formuliert und hervorgehoben werden“, kritisiert Maren Waruschewski.

Die Anmerkungen beginnen mit dem vielzitierten Satz: „Die Tabelle hat keine Gesetzeskraft, sondern stellt eine Richtlinie dar.“ Fakt ist und viele Betroffene kritisieren zurecht, dass die Tabelle bei Gerichten wie ein Gesetz angewendet wird. Die in der Tabelle genannten Zahlbeträge werden nahezu immer ohne weitere Prüfung übernommen. „Ob Schulden berücksichtigt werden, ob in eine höhere oder tiefere Einkommensgruppe eingestuft wird, wie viele berufsbedingte Aufwendungen anerkannt werden, ob Schulden in welcher Höhe anerkannt werden, all das ist in den Anmerkungen vorgesehen, muss aber bei Gericht entsprechend überzeugend vorgetragen werden, so dass diese Aspekte sich auf die Unterhaltshöhe auswirken“, stellt Maren Waruschewski fest.

Viele Betroffene scheuen Gericht und damit verbundene Kosten, unterschreiben deswegen ungeprüft beim Jugendamt eine Urkunde, in der der Kindesunterhalt festgeschrieben wird. „Die Jugendamtsurkunden sollten in jedem Fall von einem Fachanwalt für Familienrecht überprüft werden, denn nicht immer stimmt die Unterhaltshöhe. Wir bieten deswegen unseren Mitgliedern an, die Jugendamtsurkunde im Rahmen einer schriftlichen Rechtsauskunft überprüfen zu lassen. Gar nicht so selten lohnt sich das“, stellt ISUV-Pressesprecher Josef Linsler fest.

Ein wichtiger Aspekt, auf den in den „Anmerkungen“ verwiesen wird, ist der „Bedarfskontrollbetrag“. Er ist in einer eigenen Spalte der DTB vermerkt. Der Bedarfskontrollbetrag soll eine „ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen Unterhaltspflichtigen und Unterhaltsberechtigten sichern.  Wird der Bedarfskontrollbetrag unterschritten, so wird der Unterhaltspflichtige in eine niedrigere Einkommensgruppe eingestuft. „Das passiert nicht automatisch, sondern muss entsprechend überzeugend bei Gericht vorgetragen werden“, stellt Expertin Waruschewski fest.