Nicht nur mehr Strafrichter - auch mehr Familienrichter

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus stellt fest: „Das Vertrauen der Bürger in den Staat hängt davon ab, ob das Recht auch durchgesetzt wird. Es fehlen Staatsanwälte, Richter und Justizpersonal.“ Der ISUV-Vorsitzende Rechtsanwalt Klaus Zimmer, Fachanwalt für Familienrecht stimmt dem zu, wendet aber ein: „Es fehlen nicht nur Strafrichter. Auch an Familiengerichten fehlen qualifizierte Familienrichter. Von Trennung und Scheidung betroffene Menschen erwarten vom Familiengericht zeitnahe Terminierung, Vermittlung, Befriedung des Konflikts. Letzteres wird durch zeitaufwendiges mediatives Verhandeln erreicht.“ ISUV fordert seit Jahren immer wieder mehr Fachpersonal für Familiengerichte. Des Weiteren mahnt der Verband eine Fortbildung an, durch die Familienrichter entsprechend psychologisch geschult werden.  

 

Familienrichter stehen vor einem Berg von Fällen, den es abzuarbeiten gilt. Es ist von „über 300 Fällen im Jahr“ die Rede. Entsprechend bleibt wenig Zeit für den individuellen Einzelfall. „Gerade dies ist aber der Anspruch von Betroffenen. Sie erwarten, dass mit ihnen gesprochen wird, dass der Richter/in verhandelt und entsprechend vermittelt. Dagegen muss es notgedrungen das Interesse des Richters/in sein, den Fall möglichst schnell vom Tisch zu bekommen um den Anforderungen nachzukommen. Was am Ende vielfach wirklich bleibt, ist Frust auf beiden Seiten“, kommentiert ISUV-Pressesprecher Josef Linsler.

 

„Die Dauer der Prozesse steigt“, kritisiert Unionsfraktionschef Brinkhaus zurecht. Gleiches gilt im Familienrecht. „Gerade da wären in hochstreitigen Fällen um elterliche Sorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht und Umgang schnelle Entscheidungen wichtig, so dass Konflikte nicht über Jahre schwelen. Hauptleidtragende sind dabei die Kinder“, kritisiert Linsler. Wichtige Aspekte, beispielsweise das Umgangsrecht für Großeltern, werden nur zögerlich oder gar nicht aufgegriffen.

 

Inzwischen helfen sich Familienrichter in der Regel bei strittigen Fällen im Zusammenhang mit Umgang und elterlicher Sorge damit, in der Regel Gutachter/innen zu Rate ziehen. Auf der Grundlage des Gutachtens kann dann schnell entschieden werden.

 

Allerdings dauert es oft viele Monate, manchmal bis zu einem Jahr, bis Gutachten erstellt sind und somit der „Fall“ wieder aufgegriffen wird. „Vielfach ist das Kind zu diesem Zeitpunkt schon sprichwörtlich in den Brunnen gefallen, weil sich die Rahmenbedingen inzwischen verändert haben. Beispielsweise hat ein Elternteil Fakten geschaffen, indem er mit dem Kind weggezogen ist, den Umgang verweigert hat, ein neuer Lebenspartner/in hinzugekommen ist, die vorgeschlagenen Regelungen somit hinfällig sind“, kritisiert Linsler.

 

Nicht zuletzt sichern Familienrichter/innen ihren „Beschluss“ durch das Gutachten auch gegenüber Oberlandesgerichten ab, sollte der „Fall“ dort nochmals verhandelt werden. In der Regel bestätigen dann die Richter am Oberlandesgericht den „Beschluss“.

 

Der ISUV kritisiert diese Praxis. Der Richter, die Richterin trete faktisch die Entscheidung an den Gutachter, die Gutachterin ab. In der Regel entscheiden Richter/innen, wie es im Gutachten vorgeschlagen werde. „Wir fordern, dass vor Gericht verhandelt, vermittelt und einvernehmliche Regelungen erzielt werden, mit Anwälten oder auch ohne. Dadurch werden Entscheidungen eher transparent, als wenn Gutachter/Innen Betroffenen ihren Stempel aufdrücken“, kritisiert Linsler.

 

Nach den Erfahrungen des ISUV verschärfen teilweise Gutachten bestehende Konflikte. „Betroffene fühlen sich vielfach missverstanden, falsch interpretiert und zitiert, nicht wertgeschätzt, selbstherrlich autoritär abgestempelt. Dafür muss dann auch noch ein sprichwörtlich hoher Preis gezahlt werden. Das schafft Unzufriedenheit, Zweifel am Rechtsstaat, denn vom Familienrichter erwarten Betroffene die ´Wahrheit´, nicht vom Gutachter, den der Richter berufen hat“, fasst Linsler die Stimmungslage Betroffener zusammen.

 

Der ISUV unterstützt die Forderungen von Unionsfraktionschef Brinkhaus diese „Fehlentwicklungen in der Justiz“, insbesondere auch im Familienrecht, abzubauen. Man kann nur zustimmen, wenn Brinkhaus feststellt, „die Politik habe lange nicht richtig hingeschaut.“ In der Praxis heißt dies mehr zusätzliche Richter und spezifische Ausbildung für Familienrichter.  

 

ISUV – Kompetenz im Familienrecht seit über 40 Jahren

 

Der ISUV vertritt als größte deutsche und überparteiliche Solidargemeinschaft die Interessen von Bürgern, die von Trennung, Scheidung und den damit zusammenhängenden Fragen und Problemen betroffen sind. ISUV ist unabhängig, bundesweit organisiert und als gemeinnützige Organisation anerkannt.

 

Kontakt:

 

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ISUV-Vorsitzender RA Klaus Zimmer, Augustinerplatz 2, 79098 Freiburg, 0761/23455, k.zimmer@isuv.de

 

ISUV-Pressesprecher, Josef Linsler, Moltkestraße 22a, 97318 Kitzingen, Tel. 09321/9279671 – j.linsler@isuv.de