Reform des Kindesunterhaltsrechts - „Ein Gesetzentwurf muss her, jetzt!“
„Leistung muss sich lohnen“´, betont Carsten Linnemann. Genau das aber erleben Unterhaltspflichtige mit geringem Einkommen nicht. Massiv sind in den letzten drei Jahren Eltern aus der Mittelschicht dazugekommen. Es erreichen ISUV seit Einführung des Bürgergeldes ununterbrochen Zuschriften von Unterhaltspflichtigen mit der Botschaft: Das Bürgergeld rückt näher. „Die Politikverdrossenheit hunderttausender unterhaltspflichtiger Mütter und Väter, die auf den Selbstbehalt – 1370 EURO – zurechtgestutzt werden und damit klarkommen müssen, ist mit etwas Empathie mehr als verständlich. Jedes Jahr werden Unterhaltspflichtige durch die Düsseldorfer Tabelle einseitig schlechtergestellt. Regierung und Parteien überlassen die Festlegung des notwendigen Eigenbedarfs den Oberlandesgerichten“, kritisiert die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich und fordert: „Das muss sich ändern, jetzt muss ein Gesetzentwurf zur Reform des Unterhaltsrechts vorgelegt werden.“
Rahmenbedingungen
In der öffentlichen Diskussion kommen Unterhaltspflichtige nicht vor, obwohl Unterhalt mehrere Millionen Menschen betrifft. „Das ist respektlos, unterhaltspflichtige Mütter und Väter sind Leistungsträger, sind voll berufstätig, erziehen Kinder mit, kommen für den eigenen Unterhalt und den der Kinder auf, zahlen Sozialabgaben und Steuern in Steuerklasse I, wie Berufstätige ohne Kinder“, kritisiert Ulbrich.
ISUV-Forderungen
Zentrale ISUV-Forderung: Unterhaltspflichtige Eltern aus der Mittelschicht dürfen nicht weiter hintenanstehen. Daher fordert ISUV, dass der notwendige Eigenbedarf Unterhaltspflichtiger gleichzeitig mit dem Mindestbedarf der Unterhaltsberechtigten von der Politik festgelegt wird. Diese Forderung wurde auch im Kaoalitionsvertrag von 2017 aufgegriffen: „Wir prüfen, inwieweit Unterhaltsbedarf und Selbstbehalt verbindlich geregelt werden könnten.“ - Passiert ist nichts. „So wird eine sozialpolitisch wichtige Frage weiterhin Richtern von Oberlandesgerichten überlassen, deren sozialpolitische Sensibilität unterschiedlich ausgeprägt ist. Letztendlich entscheidet eine Tabelle, die Düsseldorfer Tabelle, darüber, was voll berufstätigen Kinder miterziehenden Unterhaltspflichtigen von ihrem Lohn bleibt“, kritisiert ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich.
Schon zwei Regierungen haben eine Reform des Unterhaltsrechts versprochen. Auch im Koalitionsvertrag der Ampel wird diese Reform wieder in Aussicht gestellt. „Da muss jetzt was passieren, ein Gesetzentwurf gleich nach der Sommerpause, ansonsten wird es nichts mehr mit einer Reform des Kindesunterhaltsrechts in dieser Legislaturperiode“, hebt Ulbrich hervor. Eine zentrale Aufgabe der Reform des Unterhaltsrechts muss es sein, die Schnittstellen zwischen Sozialrecht und Unterhaltsrecht zu berücksichtigen und herauszustellen. "Nahezu alle Trennungseltern, die im Niedriglohnsektor arbeiten, reicht das Einkommen nicht. Sie sind arm und müssen auf Sozialleistungen, wie beispielsweise Wohngeld zurückgreifen. Darauf müssen sie ausdrücklich hingewiesen werden", stellt Manfred Hanesch, Fachanwalt für Sozial- und Unterhaltsrecht fest.
Bei der Reform des Unterhaltsrechts muss grundsätzlich geklärt werden, ab welchem Einkommen sind die Schuldner, also die Trennungseltern, überhaupt leistungsfähig? Wenn die vom Kind getrenntlebende Mutter oder der getrenntlebende Vater im Monat beispielsweise 1.800.- EUR netto verdient, dann stellt sich auch die Frage, wieviel der Schuldner braucht und nicht nur, wieviel das Kind braucht. Wieviel verbleibt dem Schuldner für sein Leben? „Unterhalt muss gleichzeitig aus der Perspektive des Unterhaltspflichtigen und des Unterhaltsberechtigten gesehen werden. Dabei ist es unerlässlich, dass das Lohnabstandsgebot viel mehr in den Vordergrund gerückt wird, es muss klar sein, Leistung lohnt sich“, fordert Ulbrich. Nach Auffassung von ISUV muss das Lohnabstandsgebot mindestens 300 EURO im Monat betragen. So viel muss ein Unterhaltspflichtiger mehr in der Tasche haben als ein Bürgergeldempfänger. Auf das Jahr gerechnet sind dies 3600 EURO mehr für volle Berufstätigkeit.
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