Überproportionale Anhebung von Kindesunterhalt zum 1. 1. 2021 - Solidarität für Unterhaltspflichtige eine Einbahnstraße

Der Unterhalt für Kinder steigt zum 1. Januar 2021 erneut überproportional um 6,4 Prozent. „Der Anstieg in der Höhe ist nicht gerechtfertigt. Kindesunterhalt und Selbstbehalt müssen parallel angepasst werden, wie im Koalitionsvertrag versprochen. Zurecht wird in der Krise allen Menschen Solidarität abverlangt. Das muss für Unterhaltspflichtige und Unterhaltsberechtigte gelten, schließlich sind sie weiterhin eine Trennungsfamilie. Ansonsten ist Solidarität für Unterhaltspflichtige eine Einbahnstraße“, fordert der ISUV Vorsitzende, Rechtsanwalt Klaus Zimmer.  

Nach der 2021 gültigen Düsseldorfer Tabelle wird der Mindestunterhalt in der ersten Altersstufe, 0 – 5 Jahre, von 369 auf 393 EURO, in der zweiten Altersstufe, 6 – 11 Jahre, von 424 auf 451 EURO, in der dritten Altersstufe,12 – 17 Jahre, von 497 auf 528 EURO und für volljährige Kinder von 530 auf 564 EURO angehoben. Entsprechend steigen auch die Unterhaltsbeträge in den anderen Einkommensgruppen im Schnitt um 6,40 Prozent. Der notwendige Eigenbedarf, Selbstbehalt, bleibt dagegen bei 1160 EURO für Erwerbstätige und 960 EURO für Nichterwerbstätige gleich.

Die Anhebung des Kindesunterhalts führt jetzt in der Krise nicht nur bei Arbeitslosen, Kurzarbeitern, Soloselbständigen zu erheblichem Stress. „Denn um Geld wird jetzt  umso heftiger gestritten“, stellt ISUV Pressesprecher Josef Linsler fest. Gleichzeitig steigen im neuen Jahr auch Anwalts-, Gerichts- und Energiekosten, Krankenkassen und Versicherungen wollen mehr Geld. Auch die Preise für Lebensmittel haben teilweise offen oder verdeckt – gleiche Packung, weniger Inhalt – erheblich angezogen. „Bei genauerem Hinschauen ist Solidarität Jahr für Jahr mehr eine Parole als erlebte Realität für Unterhaltspflichtige “, kritisiert Linsler.

Dass der Selbstbehalt nicht angepasst wurde, stößt bei Betroffenen auf Kritik  insbesondere bei Unterhaltspflichtigen der ersten drei Einkommensgruppen. Ein Mitglied schreibt: „Ich finde das eine Riesenschweinerei, dass jetzt der Unterhalt der Kinder so drastisch angehoben wird, das ist nicht mehr realitätsnah. Die Kinder bekommen von mir fast 1000 €, ich habe drei Kinder meine Frau bekommt auch noch Unterhalt von mir. Was ist mit dem Selbstbehalt für mich, der steigt nicht, das ist ungerecht. Ich wohne bei meiner Mutter in einem kleinen Zimmer, für eine eigene Wohnung reicht  das Geld nicht. Eigentlich wollte ich das nur zum Übergang, wie ich auch rechne, es reicht nicht für eine eigene Wohnung.“ Ähnlich äußern sich andere.

Die Bedarfsberechnung und damit die Höhe des Kindesunterhalts steht bei Unterhaltspflichtigen in der Kritik. „Wahnsinn, dass mein Sohn bei minus 1 Grad mit einem Paar Sommerschuhen und einem kaputten Paar Stiefel zu mir kommt, und dann wie so oft zu spät, um 15 Uhr, nicht wie vereinbart um 14 Uhr. Was macht die Kindesmutter jeden Monat mit 1488€ Unterhalt und Kindergeld?“, fragt ein Alimentenzahler. „Transparenz beim Kindesunterhalt in jeder Hinsicht ist ein berechtigtes Anliegen von unterhaltspflichtigen Vätern und Müttern. Ein Kinderkonto kann dabei sehr hilfreich sein“, fordert Linsler.

Seit Jahren ist bekannt, dass der familienrechtliche Grundsatz „Einer betreut, Einer bezahlt“ meist nicht mehr der gelebten Realität entspricht. Das wird von vielen Unterhaltszahler*innen kritisiert: „Kann mir jemand erklären, womit sich der Bedarf für 2 Teenager in Höhe von künftig 1303 € Unterhalt und 438 € Kindergeld erklärt? Das verdienen viele Vollzeitbeschäftigte nicht im Monat. Zu 1303 € Unterhalt kommen noch alle Kosten für 35% Betreuungszeit hinzu. Für ein Kind mit neuer Partnerin bekomme ich dann 350€ Steuerersparnis, wohlgemerkt pro Jahr.“ „Ausgangspunkt einer Reform des Sorge- und Unterhaltsrechts muss der Grundsatz sein, Beide betreuen, Beide bezahlen“, fordert ISUV- Verband für Unterhalt und Familienrecht.

Die soziale Veränderung ist dem Bundesjustizministerium seit Jahren bekannt, Problembewusstsein ist gegeben, der Impuls aktiv zu werden muss vom Minister*in kommen. Zurecht richtet sich die Kritik – besser Politikverdrossenheit - von Betroffenen einhellig gegen Justizministerin Lambrecht: „Unterhaltspflichtige, Väter interessieren Lambrecht halt nicht. Die können gerne trotz fast hälftiger Betreuung vollen Unterhalt zahlen - ein Bonus für die alleinerziehenden nicht oder halbtags arbeitenden Mütter. Unterhaltspflichtige sollen zusehen, wie sie mit dem Selbstbehalt klarkommen.“ Einigkeit besteht darin, dass Lambrecht, selbst alleinerziehende Mutter, Klientelpolitik für alleinerziehende Mütter macht.