Unterhaltspflichtige Väter und Mütter - Warten auf den „Weihnachtsmann“ -

Bürgergeld-Empfänger wissen, was Ihnen das Jobcenter 2023 überweisen wird. Unterhaltspflichtige berufstätige Mütter und Väter wissen dagegen noch nicht, was sie im Januar mehr bezahlen müssen und was sie dann noch behalten dürfen. Die Rechnung bekommen sie kurz vor Weihnachten in Form der Düsseldorfer Tabelle präsentiert. Grundlage der Unterhaltstabelle ist die Mindestunterhaltsverordnung, die jetzt immer noch nicht vorliegt. Auf Grund von Inflation und Teuerung muss sie neu erstellt werden. Der Gesetzgeber legt fest, was Unterhaltspflichtige „mindestens“ zahlen müssen, was sie behalten dürfen regelt dann die Unterhaltskommission und einige Richter der Oberlandesgerichte. „Diese intransparente Regelung ist unhaltbar. Richter entscheiden über das Wohl von Unterhaltspflichtigen, da werden Milliarden verteilt. Es handelt sich um eine grundlegende sozialpolitische Frage, die wie das Bürgergeld öffentlich diskutiert und durch die Politik entschieden werden muss. Momentan ersetzt ein Gremium aus Richtern den Gesetzgeber“, kritisiert die ISUV-Bundesvorsitzende Melanie Ulbrich.

Viel versprochen – nichts gehalten

Ulbrich bekommt prominente Unterstützung von Professor Isabell Götz, Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht und Mitherausgeberin der FamRZ, die im November-Newsletter der FamRZ endlich eine „stringente, gut handhabbare Neuregelung“ fordert. „Aber vielleicht entbindet ja die vom derzeitigen Justizminister für diese Legislaturperiode angekündigte „große Reform“ im Familienrecht den BGH endlich von seiner Rolle als Ersatzgesetzgeber“, hofft Götz sarkastisch. Das ist noch lange hin, das ändert nichts an der jetzigen Situation.

Unterhalt und Selbstbehalt müssen von einem Einkommen gezahlt werden. Um eine gerechte Balance zu sichern fordert ISUV Mindestunterhalt und Selbstbehalt parallel festzulegen. Dieser Impuls ist schon im Koalitionsvertrag der letzten Regierung aufgegriffen worden: „Wir prüfen, inwieweit Unterhaltsbedarf und Selbstbehalt verbindlich geregelt werden könnten.“ Es wurde wieder einmal viel versprochen, aber nichts eingehalten. Geändert hat sich am juristischen Wildwuchs im Unterhaltsrecht nichts, vielmehr weitete er sich aus.

Politikverdrossenheit vermeiden - Selbstbehalt realistisch anpassen

Dieser Wildwuchs ging in den letzten Jahren immer zu Lasten der Unterhaltspflichtigen. Für Unterhaltsberechtigte wurden neue Bedarfe, wie “Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“ kreiert, die in die Düsseldorfer Tabelle einflossen. Dadurch stiegen die Unterhaltsbeträge, der Selbstbehalt hinkte immer hinterher, bzw. blieb unverändert.

Die breite gesellschaftliche Diskussion über die großzügigen Regelungen des Bürgergeldes hat bei Unterhaltspflichtigen mit geringem und mittlerem Einkommen Politikverdruss ausgelöst. In sehr vielen Mails kommt das sehr deutlich zum Ausdruck.

ISUV fordert daher eine „sichtbare sozial gerechte Anhebung des notwendigen Eigenbedarfs für Unterhaltspflichtige“ (Ulbrich) auf Grund von Nachholbedarf sowie jetzt inflationsbedingt von 1160 EURO auf 1482 EURO pro Monat ab 1. Januar 2023. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 502 € Regelbedarf, 50 € Eigenbedarf, 50 Euro, 600 € Wohnkostenpauschale für warme Wohnung, Versicherungspauschale 30 € sowie Erwerbstätigenbonus von 300 €, macht in der Summe 1482 €.

Politikverdrossenheit vermeiden – Lohnabstandsgebot

„Arbeit lohnt sich immer“, betont Sozialminister Hubertus Heil. Das erleben Unterhaltspflichtige mit geringem Einkommen anders, wenn sie vom Selbstbehalt leben müssen. Dass Arbeit sich für Unterhaltspflichtige tatsächlich lohnt, kann an der Erwerbstätigenpauschale abgelesen werden. Sie beträgt derzeit 200 € monatlich, d.h. einem erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen bleiben im Jahr 2400 € mehr als einem nichterwerbstätigen Bürgergeldempfänger. „Aus Respekt vor der Leistung und als Anreiz muss die Erwerbstätigenpauschale auf 300 € angehoben werden, so dass ein erwerbstätiger Elternteil, der morgens aufsteht, zur Arbeit geht, Steuern zahlt, Kinder betreut und Unterhalt zahlt 3600 € im Jahr mehr hat als ein Nichterwerbstätiger“, hebt die stellvertretende ISUV-Vorsitzende, Rechtsanwältin Maren Waruschewski hervor.

Zur ISUV-Forderung, die Erwerbstätigenpauschale auf 300 EURO anzuheben schreibt ISUV-Mitglied Robert S.: „Ich verstehe nicht, wie jemand, der arbeiten will, keine Arbeit findet. Überall werden Arbeitskräfte gesucht. Wenn ein Bürgergeldempfänger nur einmal die Woche schwarzarbeitet, was ja leicht möglich ist, hat er mit wenig Aufwand mehr als 300 € zusätzlich und steht insgesamt besser da als ein erwerbstätiger Unterhaltspflichtiger.“