Weltfremd und kontraproduktiv

Der ISUV-Bundesvorsitzende Michael Salchow kritisierte in Nürnberg in ungewöhnlich scharfer Form das Urteil: "Das Urteil ist wohl in hohem Maße weltfremd und kontraproduktiv. Hier wird ein Mensch bestraft, der arbeiten will, ja, der sich wieder in Arbeit bringen will und deswegen auch eine schlechter bezahlte Arbeit annimmt, nicht stattdessen auf eine "angemessene" Arbeit wartet, wie dies viele Unterhaltsempfänger ganz legal auf Kosten des Alimentenzahlers tun. Sollte er lieber arbeitslos bleiben, um so - mit Billigung des Gerichts - bei etwa gleich hohem Arbeitslosengeld mit deutlich niedrigerem Unterhalt davonzukommen ?
Wo bliebe denn da die Empathie der Richter? Sollte das Familienrecht nun etwa zu einem weltfremden Glasperlenspiel degenerieren, bei dem Richter rechtspositivistisch-selbstherrlich Kugeln aneinanderreihen, sich die Kugeln zuspielen ?"
Der ISUV-Bundesvorsitzende Michael Salchow wies in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, daß der Selbstbehalt der Unterhaltszahler wesentlich zu niedrig sei.
"Es ist heute einfach nicht mehr vermittelbar, warum einem arbeitenden Unterhaltspflichtigen nicht mehr bleiben sollte als der Sozialhilfesatz. Warum sollte ich noch arbeiten, ich habe doch das gleiche Einkommen, ob ich nun arbeite oder nicht, lautet eine nicht seltene Frage von Betroffenen. Bei dieser Stimmungslage kann ein derartiges Urteil für Betroffene nur noch kontraproduktiv sein."
Die Erhöhung des Selbstbehalts sei billig und recht, denn der Abstand zwischen dem, der arbeite, also seinen Lebensunterhalt selbst verdiene, und dem, der auf Kosten der Gemeinschaft lebe, müsse erheblich größer sein. Ansonsten sehe er die Gefahr, so Salchow, daß am Ende einer Scheidung immer häufiger zwei Sozialfälle statt einem übrigbleiben.
Maxime muß laut Salchow im Unterhaltsverfahren der Grundsatz sein: "Wenn das Einkommen für den Unterhalt der Kinder nicht reicht, muß der Staat einspringen - ohne jedes Wenn und Aber, wie er dies ganz selbstverständlich für viele andere Gruppen auch tut."
Es bleibt abzuwarten, wie dieses Urteil im einzelnen begründet wird und welche Konsequenzen daraus abzuleiten sind.
Wir werden Sie auf dem laufenden halten !
Was jetzt schon bleibt, ist ein schaler Nachgeschmack - ein Gefühl, daß hier - wieder einmal - mit zweierlei Maß gemessen werden soll.