Auskunftspflicht - BGH - 14.02.2007

Urteil 113 c
Auskunft
(Suchworte: Unterhalt, Zugewinn, Auskunft, Auskunftsverpflichtung, Berufung)
mitgeteilt von RA Simon Heinzel, Fachanwalt für Familienrecht
Erste Entscheidung
BGH, Beschluss v. 14.2.2007, Az. XII ZB 150/05 €“ §§ 2, 3, 511 Abs. 2 Nr. 1, 522 Abs. 1 S. 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 u. Abs. 2 ZPO, § 1379 BGB, FF 2007, Seite 145 ff.
::Leitsatz::
Der Wert der Beschwerde des zur Auskunftserteilung und Wertermittlung verurteilen Auskunftspflichtigen richtet sich nach dem Aufwand zur Erteilung der Auskunft. Kosten für ein Sachverständigengutachten gehören hierzu nicht.
Zweite Entscheidung
BGH, Beschluss v. 20.6.2007, Az. XII ZB 142/05 €“ § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, §§ 1605, 1361 Abs. 4, 1580 BGB, www.bundesgerichtshof.de
::Leitsatz::
Zur Beschwerde eines selbständig tätigen Auskunftspflichtigen, der zur Vorlage von Jahresabschlüssen in Form von Bilanzen verurteilt wurde, obwohl er nicht bilanzierungspflichtig ist, sondern Einnahmen-Überschussrechnungen nach § 4 Abs. 3 EStG erstellt.
In beiden Entscheidungen hatte sich der BGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine erstinstanzliche Entscheidung vor dem Familiengericht, in der ein Auskunftspflichtiger zur Erteilung einer Auskunft verurteilt wurde durch Berufung angegriffen werden kann. Insbesondere war zu entscheiden, ob die grundsätzliche Berufungssumme (Beschwer) in Höhe von 600 ‚¬ (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) erreicht ist. In dem einen Fall (1.) ging es um einen Auskunftsanspruch im Rahmen eines Zugewinnausgleichs, im anderen (2.) um einen Auskunftsanspruch in einem Unterhaltsverfahren. In beiden Fällen hat das Oberlandesgericht als Berufungsgericht den Wert des Beschwerdegegenstandes auf unter 600 ‚¬ festgelegt und daher die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung wurde jeweils ausgeführt, der festgesetzte Wert entspreche den zu veranschlagenden Kosten für die Auskunftserteilung und Wertermittlung (Fall 1). Im Fall 1 war die Besonderheit, dass noch entschieden wurde, dass für die Wertermittlung des Endvermögens bzgl. einer Immobilie kein Sachverständigengutachten benötigt werde. Im 2. Fall war eine Besonderheit, dass trotz Nichtablaufs einer vom OLG gesetzten Frist das OLG bereits vorher die Berufung als unzulässig verworfen hat und der Auskunftspflichtige geltend gemacht habe, dass die Erstellung von Bilanzen ihm Steuerberatungskosten in Höhe von über 2000 ‚¬ verursachen und er nur wegen der Auskunftsverpflichtung diese Steuerberatungskosten hätte.
In der hier zusammengefassten Besprechung beider BGH-Urteile soll auf die €žFeinheiten€œ der jeweiligen Einzelfälle eingegangen werden, entscheidend ist, dass der BGH nunmehr wohl endgültig den Weg in die Berufung bei reinen Auskunftsentscheidungen abgeschnitten hat, da mit Ausnahme besonderer Einzelfälle die Beschwer einer Auskunftserteilung nicht über die gesetzlich normierte Grenze von 600 ‚¬ hinausgeht (so schon BGH, FamRZ 2003, Seite 1267). Auch wenn ein besonderes Geheimhaltungsinteresse geltend gemacht wird, führt dies nicht zu einem Beschwerdewert über 600 ‚¬ (BGHZ 164, Seite 63, 66). Die Beschwer einer Auskunft richtet sich nach dem Aufwand an Zeit und Arbeit, den die sorgfältige Erteilung verursacht. Grundsätzlich sind Kosten der Beschwer zuzurechnen, wenn der Auskunftspflichtige Hilfskräfte einschalten muss (BGH, FamRZ 1991, Seite 316). Der BGH hat mit seiner hiesigen Entscheidung (Fall 1) festgehalten, dass der Auskunftspflichtige eine Wertermittlung durch einen Sachverständigen nicht schuldet und somit auch dessen Kosten die Beschwer nicht erhöhen können. Selbst wenn es dem Auskunftspflichtigen ohne Sachverständigengutachten nicht möglich wäre, einem Wertermittlungsanspruch nachzukommen, so ist auch mit einem eigenen Gutachten insbesondere dem Prozessgegner nicht gedient, da es sich um ein Parteigutachten handelt und nicht anerkannt werden muss. In dieser Konstellation hat der Auskunftsberechtigte das Recht, selbst ein Gutachten erstellen zu lassen, umgekehrt hat der Auskunftspflichtige die Begutachtung zu dulden, diese Duldungspflicht führt jedoch nicht zu einer Erhöhung des Gegenstandswertes (Beschwer).
Im zweiten Fall hat der BGH entschieden, dass auch die Kosten der Bilanzerstellung nicht zu einer Gegenstandswerterhöhung führen. Er begründet dies damit, dass der Auskunftspflichtige aufgrund des Ersturteils nicht zur Aufstellung einer Bilanz verpflichtet ist, da ein Unterhaltspflichtiger grundsätzlich nur zur Vorlage von Unterlagen verpflichtet ist, die im Rahmen seiner üblichen Geschäftsführung erstellt werden (übliche Einkommensbescheinigungen, Steuerbescheide, sowieso zu erstellende Steuererklärungen oder Gewinn-Verlustrechnungen). Es besteht keine Verpflichtung, Unterlagen mit einem Kostenaufwand neu zu erstellen (BGH, FamRZ 1992, Seite 45/46). Im Fall 2 begründet der BGH darüber hinaus die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Berufung damit, dass zwar der Verurteilungstenor (€žBilanzerstellung€œ) missverständlich ist und sich der Auskunftspflichtige einer etwaigen unberechtigten Vollstreckung ausgesetzt sieht, sodass hiermit notwendig werdende Anwaltskosten die Beschwer erhöhen, jedoch auch unter diesen Prämissen der Beschwerwert von 600 ‚¬ nicht überschritten wird.
Fazit:
Aus den beiden hier zitierten Urteilen des BGH wird deutlich, dass die Gerichte in Auskunftsverfahren versuchen, den Weg zu einer Berufungsinstanz zumindest erheblich zu erschweren, wohl auch vor dem Hintergrund, dass die Instanzgerichte derartigen Auskunftsverfahren eher ablehnend gegenüberstehen und möglichst rasch zur Hauptsacheklage kommen wollen. Auskunftsverfahren verzögern häufig gerichtliche Verfahren, wenn sie im Wege einer Stufenklage geltend gemacht werden oder sogar in einem Verbundverfahren die Scheidung erheblich hinauszögern. Deshalb werden auch solche Auskunftsverfahren häufig aus strategischen Gesichtpunkten heraus geführt, um Zeit zu gewinnen etwa wenn es finanziell sinnvoller ist, den Trennungsunterhalt zu erhalten als einen ggf. geringeren nachehelichen Ehegattenunterhalt. Ebenso wenn man die Zahlungsverpflichtung eines Zugewinnausgleich hinauszögern möchte und insbesondere dadurch auch Zinsen erspart, weil ein Zugewinn erst ab Rechtskraft der Scheidung zu verzinsen ist. Auch aus diesen Gründen ist erklärlich, warum trotz der inzwischen klaren Rechtsprechung zur Unzulässigkeit einer Berufung bei Auskunftsklagen wegen Nichterreichung der Beschwersumme von 600 ‚¬ trotzdem Berufung eingelegt wird und der Gang zum BGH weiterverfolgt wird, um eben die Zeitschiene zu nutzen (hierzu: Anmerkung zu BGH, Beschluss vom 14.2.2007, FF 2007, Seite 148 ff.).
Zur Auskunftspflicht im Unterhaltsrecht verweisen wir ergänzend auf das Merkblatt Nr. 20 des Verbandes ISUV/VDU,
zur Auskunftspflicht im Zugewinnverfahren auf Merkblatt Nr. 67.