Betreuungsunterhalt | Wegfall des Anspruchs auf Mutterunterhalt - BGH - 16.03.2016

 

Schließt die Unterhaltsberechtigte eines Anspruchs auf Betreuungsunterhalt aus § 1615 l BGB (Mutterunterhalt eines nichtehelichen Kindes) aufgrund einer fehlerhaften Beratung durch ihren Rechtsanwalt über den Fortbestand dieses Anspruchs bei Eheschließung mit einem neuen Partner eine neue Ehe, ist der Wegfall des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt durch die neue Eheschließung grundsätzlich ein Schaden. Dieser Schaden kann jedoch – wie im zu entscheidenden Fall – durch den Anspruch auf Familienunterhalt kompensiert werden, mit der Folge, dass kein Schaden entstanden ist.

Beschluss:
Gericht: BGH
Datum: 16.03.2016
Aktenzeichen: XII ZR 148/14
Leitparagraph: BGB §§ 249, 251, 1360, 1615 l
Quelle: www.bundesgerichtshof.de

Kommentierung:

Die Unterhaltsberechtigte ist Mutter einer nichtehelich geborenen Tochter. Sie hat einen Rechtsanwalt beauftragt mit der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den leiblichen Vater. Sie hat dem Rechtsanwalt (RA) mitgeteilt, dass sie in einer neuen Partnerschaft lebe und auch eine Heirat plane. Sie wolle jedoch nicht auf ihren Mutterunterhalt (§ 1616 l BGB) bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres verzichten. Angestrebt sei eine Abfindung, wenn es sein müsse, würde sie jedoch die 3 Jahre mit ihrem jetzigen Partner in „wilder Ehe“ leben, um den Unterhaltsanspruch voll auszuschöpfen. Der RA gab den fehlerhaften Rat, dass der Mutterunterhaltsanspruch unabhängig von einer Verheiratung bis zum 3. Lebensjahres des Kindes fortbestehe, die Eheschließung würde nichts am Unterhaltsanspruch gegenüber dem Kindsvater ändern. Die Unterhaltsberechtigte heiratete, der Mutterunterhaltsanspruch konnte gegenüber dem Kindsvater nicht realisiert werden, da – wie eigentlich bekannt sein sollte – dieser Mutterunterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB durch Heirat mit einem Dritten endet. Die Mutter hat dann vom Rechtsanwalt Schadensersatz verlangt für den ihr entgangenen Mutterunterhalt bis zum 3. Lebensjahr des Kindes (ca. 30.000 €). Das zur Entscheidung berufene Landgericht hat der Klage auf Schadensersatz im Wesentlichen stattgegeben, das OLG hat die Klage aufgrund der Berufung des Rechtsanwaltes abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Mutter.

Die Revision hatte keinen Erfolg, der Kindsmutter wurde kein Schadensersatz zugesprochen. Der BGH hat zwar klar zum Ausdruck gebracht, dass die rechtsfehlerhafte Beratung des Rechtsanwaltes grundsätzlich zum Schadensersatz führt, die Kindsmutter muss sich jedoch den sogenannten schadensersatzrechtlichen Vorteilsausgleich entgegenhalten lassen. Dieser liegt im vorliegenden Fall im Anspruch auf Familienunterhalt gegenüber dem jetzigen Ehegatten. Der BGH hat zunächst festgehalten, dass der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB analog § 1686 BGB mit der Verheiratung erlischt, eine geschiedene Mutter muss mit der Mutter eines nichtehelichen Kindes im Fall der Heirat gleich behandelt werden (so schon BGH, FamRZ 2005, Seite 347). Die Mutter hatte auch gegenüber ihrem Rechtsanwalt klar zum Ausdruck gebracht, dass sie ggf. auch die 3 Jahre ohne Verheiratung leben kann, daher liegt dem Grunde nach ein Schaden vor in Höhe des nicht realisierbaren Mutterunterhaltes.

Abgewiesen wurde der Schadensersatz, weil die Unterhaltsberechtigte zunächst nicht ausreichend dargelegt hat, ob der Vater ihres nichtehelichen Kindes in Höhe des Schadensersatzanspruches leistungsfähig und damit unterhaltsverpflichtet gewesen wäre. Darüber hinaus – und dass das Hauptargument für die Abweisung – greift der sogenannten Vorteilsausgleich. Durch die Heirat hat die Kindsmutter einen Anspruch auf Familienunterhalt erhalten (§ 1360 BGB), der an die Stelle des Mutterunterhaltsanspruches (§ 1615 l BGB) getreten ist. Dass dieser Familienunterhaltsanspruch hauptsächlich nicht in Geld zu leisten ist, spielt keine Rolle. Da der jetzige Ehemann gut verdienend ist (monatliches Bruttoeinkommen ca. 7000 €), ist in jedem Fall dieser Vorteilsausgleich vorzunehmen (so schon BGH, NJW 1970, Seite 1172 zur Wiederverheiratung bei Anspruch aus § 845 BGB). Der BGH lässt es offen, ob eine andere Betrachtung geboten wäre, wenn der Familienunterhalt gegenüber dem jetzigen Ehegatten kein adäquater Ersatz des weggefallenen Anspruchs wegen Mutterunterhalt wäre, z. B. bei mangelnder Leistungsfähigkeit des jetzigen Ehegatten. Dies konnte offen bleiben, denn der jetzige Ehemann war unstreitig hinreichend leistungsfähig.

Es wird noch darauf hingewiesen, dass bei der Geltendmachung bzw. Berechnung des Mutterunterhaltsanspruches (hier: des Schadensersatzanspruches) es unablässlich ist, zum Einkommen des unterhaltspflichtigen Vaters vorzutragen. Zwar bestimmt sich der Mutterunterhalt grundsätzlich nach dem Verlust des eigenen Einkommens durch die Geburt des Kindes, dieser Anspruch ist jedoch auch beschränkt durch den Halbteilungsgrundsatz, der sich nach dem Einkommen des Vaters richtet. Wer es unterlässt, dieses vorzutragen, begibt sich in Gefahr, dass der Anspruch wegen unschlüssigem Sachvortrag abgewiesen wird.