BFH, Urteile vom 28.07.2011 – Steuerrecht, Ausbildungskosten, Werbungskosten

Kosten für eine berufliche Erstausbildung und Erststudium unmittelbar nach Schulabschluss können in voller Höhe steuerrechtlich als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein (Verlustvortrag).

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Urteil

Gericht         : BFH
Datum           : 28.07.2011
Aktenzeichen    : VI R 7/10
Leitparagraph   : EStG §9, EStG §8
Quelle          : Pressemitteilung BFH Nr. 63 v. 17.08.2011
Kommentiert von : RA Simon Heinzel

Inhalt:

Der BFH hatte in zwei Fällen zu entscheiden, inwieweit beruflich veranlasste Kosten für eine Erstausbildung oder ein Erststudium, welche unmittelbar im Anschluss an eine Schulausbildung aufgenommen wurden, steuerlich abzugsfähig sind. In einem Fall begehrte der Kläger für seine Kosten zur Ausbildung zum Berufspiloten (28000 Euro) diese als Verlustvortrag festzustellen, als vorweggenommene Werbungskosten für seine künftige Berufstätigkeit. Im anderen Fall macht eine Medizinstudentin Kosten dieses Studiums, welches sie direkt nach dem Abitur begonnen hatte, als vorweggenommene Werbungskosten geltend und beantragt ebenfalls eine Verlustfeststellung.

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Finanzämter und auch das Finanzgericht lehnten die Verlustfeststellung ab, dies mit der Berufung auf den seit 2004 geltenden § 12 Nr. 5 EStG, wonach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium nicht abziehbar seien, wenn diese Aufwendungen nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses standen. Der BFH sieht ein solches generelles Abzugsverbot nicht, denn § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG bestimmt insoweit etwas anderes. Danach besteht eine Abziehbarkeit, wenn die Kosten der Ausbildung hinreichend konkret durch die spätere Berufstätigkeit der Kläger veranlasst sind, sodass sie als vorweggenommene Werbungskosten berücksichtigt werden müssen.

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Das bedeutet letztendlich, dass auch bei einer Erstausbildung/Erststudium ein Zusammenhang mit einer konkreten zukünftigen Berufstätigkeit bestehen kann. Es muss jedoch bereits zum Zeitpunkt der Entstehung der Kosten dieser konkrete Zusammenhang mit der späteren Berufstätigkeit stehen. Ein solcher Veranlassungszusammenhang ist regelmäßig gegeben, wenn z. B. ein Studium Berufswissen vermittelt und damit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist. Bei der privat finanzierten Ausbildung zum Pilot und der nachfolgenden Berufstätigkeit als Pilot ist dieser Zusammenhang ohnehin gegeben.

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Familienrechtlich spielt diese Entscheidung im Rahmen des Volljährigenunterhalts wohl keine Rolle, da zum Zeitpunkt etwas des Studiums der Studierende noch keine Einkünfte erzielt und somit steuerrechtlich die Kosten als Verlustvortrag in eine Zeit mitnehmen kann, in der er dann Einkünfte erzielt. Zu dieser Zeit, d. h. in Zeiten der Einkunftserzielung besteht dann kein Unterhaltsanspruch mehr, sodass der Verlustvortrag dann ausschließlich dem „neu“-Erwerbstätigen zugute kommt. Der Unterhaltsbedarf in Zeiten der Ausbildung, in denen ein Unterhaltsanspruch besteht, ändert sich durch die Möglichkeit des Verlustvortrages nicht. Im Übrigen wäre auch nicht vorauszusehen, welches Einkommen der vormals Unterhaltsberechtigte nach Abschluss der Ausbildung erzielt und aufgrund welcher Steuerprogression die Vorlustvorträge Steuerersparnisse erbringen. Daher bleibt unterhaltsrechtlich nach