Ehegattenunterhalt - BGH - 04.11.2015

 

Eine vorübergehende Arbeitslosigkeit des Unterhaltspflichtigen unterbricht die "Unterhaltskette" beim Aufstockungsunterhalt auch dann nicht, wenn die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen infolge der Arbeitslosigkeit so weit absinken, dass sich zeitweilig kein Unterschiedsbetrag mehr zwischen dem durch den Einkommensrückgang beeinflussten vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen und den anrechenbaren Einkünften des Unterhaltsberechtigten ergibt.

Beschluss:
Gericht: BGH
Datum: 04.11.2015
Aktenzeichen: XII ZR 6/15
Leitparagraph: BGB §§ 1573, 1578
Quelle: www.bundesgerichtshof.de

Kommentierung:

Aufstockungsunterhalt setzt einen zeitlichen, persönlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der geschiedenen Ehe und der Bedürftigkeitslage auf Seiten des Unterhaltsberechtigten voraus. Damit ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt – weiter – besteht, müssen dessen Voraussetzungen seit der Scheidung grundsätzlich ohne zeitliche Lücke gegeben sein. Es kommt nicht darauf an, ob der Unterhaltsberechtigte sofort oder erst zu einem späteren Zeitpunkt geltend macht. Das Erfordernis der lückenlosen Unterhaltskette gebietet nur, dass die tatbestandsspezifischen Voraussetzungen ohne Unterbrechung vorgelegen haben. Ist dies der Fall, und wird Unterhalt vorübergehend nur deshalb nicht geschuldet, weil der Unterhaltsberechtigte nicht bedürftig oder der Unterhaltspflichtige nicht leistungsfähig war, ist dieser Umstand nicht von Belang, wenn später wieder Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit eintritt. Nach dem BGH ist daher eine vorübergehende Arbeitslosigkeit des Unterhaltspflichtigen, die zu mangelnder Leistungsfähigkeit führt, kein Kriterium für das Unterbrechen der Unterhaltskette, sodass der Neueintritt der Leistungsfähigkeit bei Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit wieder zum Aufstockungsunterhalt führt. Mag zwar die nicht vorwerfbare Arbeitslosigkeit auf das Maß des Unterhalts durchschlagen, so wäre jedoch auch bei Fortbestand der Ehe eine solche Arbeitslosigkeit eheprägend und ebenso die Wiederaufnahme der Tätigkeit, sodass die Unterhaltskette durch eine vorübergehende Arbeitslosigkeit nicht unterbrochen ist, der Aufstockungsunterhalt latent weiterhin vorhanden ist. Der BGH begründet dies weiterhin damit, dass auch dann, wenn z. B. eheprägende Verbindlichkeiten wegfallen, die vorher dazu führten, dass kein Aufstockungsunterhalt geschuldet war, ein Aufstockungsunterhaltsanspruch entstehen kann (BGH, FamRZ 2010, Seite 1311). Nichts anderes gilt, wenn eine Kindesunterhaltsverpflichtung wegfällt und dadurch erst der Aufstockungsunterhalt rechnerisch sich ergibt, aber latent vorhanden war. Leider äußert sich der BGH nicht dazu, ab welchem Zeitfenster möglicherweise aus einer „vorübergehenden“ Arbeitslosigkeit eine „dauerhafte“ wird, um dann ggf. die Unterhaltskette endgültig zu unterbrechen.