Ehegattenunterhalt - OLG Düsseldorf - 11.05.2020


1. Die Annahme einer zur Versagung des nachehelichen Unterhalts nach § 1579 Nr. 2 BGB führenden verfestigten Lebensgemeinschaft setzt nicht zwingend voraus, dass die Partner räumlich zusammenlebten und einen gemeinsamen Haushalt führten.

2. Ein Wiederaufleben des einmal gemäß § 1579 Nr. 2 BGB versagten Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 II BGB kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn trotz der für eine gewisse Zeit verfestigten neuen Lebensgemeinschaft noch ein Maß an nachehelicher Solidarität festgestellt werden kann, die eine fortdauernde nacheheliche Unterhaltspflicht rechtfertigt.

3. Gegen das Wiederaufleben eines bereits versagten Unterhalts kann die Tatsache sprechen, dass der erneut einen Unterhaltsanspruch geltend machende (geschiedene) Ehegatte wieder in einer Lebensgemeinschaft lebt.

Beschluss:
Gericht: OLG Düsseldorf
Datum: 11.05.2020
Aktenzeichen: Az. II-3 UF 14/20
Leitparagraph: §§ 1573 Abs. 2, 1579 Nr. 2 BGB
Quelle: FamRZ 2021, Seite 1027

Kommentierung:

Der erste Leitsatz der Entscheidung macht deutlich, dass es zwar ein wichtiges Indiz ist, eine verfestigte Lebensgemeinschaft anzunehmen, wenn die handelnden Personen zusammenleben, dies aber nicht zwingend notwendig ist für die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft. Aufgezählt werden in der Entscheidung beispielshaft ein über einen längeren Zeitraum geführter gemeinsamer Haushalt, größere gemeinsame Investitionen, aber auch das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit. Als Maßstab gilt eine verfestigte Lebensgemeinschaft von 2 bis 3 Jahren, festlegen lässt sich dies jedoch nicht allgemeinverbindlich (BGH, FamRZ 2011, Seite 1498). Auch eine wirtschaftliche Verflochtenheit ist ein Indiz. Wenn das äußere Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit eine verfestigte Lebensgemeinschaft unterstellen lässt, kommt es nicht auf die subjektive Einstellung zu ihrer Beziehung an. Halten jedoch die Partner ihre Lebensbereiche getrennt und ihre Beziehung bewusst auf Distanz, ist diese in Eigenverantwortung getroffene Entscheidung über die Lebensgestaltung auch grundsätzlich zu respektieren.

Zu den Fragen, wann von einer verfestigten Lebensgemeinschaft auszugehen ist, wird verweisen auf die Entscheidung des OLG Brandenburg, NZFam2020, Seite 881, besprochen im ISUV-Report Nr. 166, Seite 20/21.

In der hiesigen Entscheidung ist die Frage des „Wiederauflebens“ eines Aufstockungsunterhaltes von Bedeutung, wenn aufgrund einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft Verwirkung eingetreten ist und dann diese nichteheliche Lebensgemeinschaft aufgelöst wird. Ein Wiederaufleben kommt nur ausnahmsweise in Betracht, und nur dann, wenn trotz der vormaligen nichtehelichen Lebensgemeinschaft noch ein Maß an nachehelicher Solidarität aus der vorherigen Ehe vorhanden ist, was nur ganz selten der Fall sein wird. Im hier vorliegenden Fall kam ein Wiederaufleben eines Unterhaltsanspruchs insbesondere deshalb in Betracht, weil sich die Frau bereits wieder in einer Beziehung befunden hat, die zwar noch nicht als verfestigt bezeichnet werden konnte, aber aus diesem Grund eine eheliche Solidarität nicht mehr einfordern konnte.

Anders wie früher in § 66 EheG spricht § 1579 BGB nicht von einer Verwirkung des Anspruchs, was dazu führen würde, dass ein Wiederaufleben niemals in Betracht kommt, trotzdem wird in den meisten Fällen, wenn Kindesinteressen nicht tangiert sind, ein Wiederaufleben nicht in Betracht kommen, weil die nacheheliche Solidarität „überstrapaziert“ wäre (BGH-Entscheidungen zum Wiederaufleben: FamRZ 1986, Seite 443; FamRZ 1987, Seite 689; FamRZ 1987, Seite 1238; FamRZ 2008, Seite 1739).