Elterliche Sorge und Umgangsrecht - AG Mainz - 04.05.2021 (Corona-Rechtsprechung)


Die Teilnahme eines schulpflichtigen Kindes am Präsenzunterricht ist geeignet, nachhaltig Einfluss auf die schulische und seelische Entwicklung eines Kindes zu nehmen, vor allem nach längerem pandemie-bedingtem Distanzunterricht. Entscheidungen über die Teilnahme an COVID-19-Tests sind dann von erheblicher Bedeutung i. S. § 1628 BGB, wenn das Veto eines Elternteils das Kind von Präsenzunterricht ausschließt.

Beschluss:
Gericht: AG Mainz
Datum: 04.05.2021
Aktenzeichen: Az. 34 F 126/21
Leitparagraph: § 1628 BGB
Quelle: NZFam 2021, Seite 563

Kommentierung:

Die Schule hatte bei einer Viertklässlerin, die bei der Mutter lebt, aufgrund der staatlichen Verordnung CORONA-Schnelltests zur Teilnahme am Präsenzunterricht die Unterschrift beider sorgeberechtigter Elternteile verlangt. Der Vater hat verweigert. Die Mutter hat im Eilverfahren die Alleinentscheidungsbefugnis über die Teilnahme am Testverfahren beantragt. Das Familiengericht hat der Mutter die Alleinentscheidungsbefugnis übertragen, da es sich hierbei um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung i. S. vom § 1628 BGB handelt. Das Amtsgericht konnte keine Gesundheitsgefahren erkennen, dass es diese Maßnahme nicht als Alltagsangelegenheit eingeordnet hat – wie das AG Marl (siehe oben) -, hängt mit dem Zweck des Tests zusammen. Wenn das AG Marl COVID-19-Tests als Alltagangelegenheit und das AG Mainz als erhebliche Angelegenheit eingeordnet hat (ebenso AG Dresden, Beschluss vom 13.04.2021, Az. 310 F 879/21), so liegt das am unterschiedlichen Anlass und Zweck der Testung.

Beim AG Marl ging es dem umgangsberechtigten Vater darum, während seiner Betreuungszeit „freiwillig“ zu testen und die Mutter wollte den Umgang untersagen. Hier hat das AG entschieden, dass bei solchen freiwilligen Tests jeder Elternteil im Rahmen seiner Alltagzuständigkeit dies entscheiden kann und darf. Im Fall des AG Mainz hatte die Entscheidung zu den Corona-Tests eine Ausstrahlung in den Bereich außerhalb der eigenen Betreuungszeit (Entwicklung des Kindes im Rahmen des Präsenzunterrichts), sodass es sich in diesem Fall um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung gehandelt hat und somit eine Entscheidung nach § 1628 BGB geboten war.