Elterliche Sorge und Umgangsrecht - OLG Nürnberg - 12.04.2021 (Corona-Rechtsprechung)


Umgangskontakte können nicht davon abhängig gemacht werden, dass die umgangsberichtigte Person gegen das Corona-Virus geimpft ist, unter bestimmten Voraussetzungen können Umgangskontakte davon abhängig gemacht werden, dass der Umgangsberechtigte sich eines COVID-19-Schnelltests unterzieht (mit negativem Ausgang).

Beschluss:
Gericht: OLG Nürnberg
Datum: Beschluss vom 12.04.2021
Aktenzeichen: Az. 10 UF 72/21
Leitparagraph: § 1684 BGB
Quelle: NZFam 2021, Seite 562

Kommentierung:

Das Familiengericht hat bei der Festlegung eines begleiteten Umgangs eine Verpflichtung zur vorherigen Testung des Umgangsberechtigten verneint. Diese würde den Umgangsberechtigten in seinem verfassungsgemäß gewährleisteten Recht auf Umgang einschränken. Hiergegen wurde zum OLG Beschwerde eingelegt auch mit der Begründung, der Umgangsberechtigte hätte aufgrund der beruflichen Tätigkeit eine Vielzahl von Kontakten, sodass eine massive Ansteckungsgefahr bestünde. Zudem würden die Kinder es wollen, dass der Umgangsberechtigte geimpft ist. In der Verhandlung hat der Umgangsberechtigte erklärt, dass er bereit sei einen PCR-Test oder Schnelltest vorzunehmen. Trotz Anregung des OLG, deshalb die Beschwerde doch zurückzunehmen, wurde nunmehr auch beantragt, dass eine Impfung erforderlich sei.

Das OLG hat in diesem Fall eine Impfpflicht ausdrücklich abgelehnt, jedoch eine Verpflichtung ausgesprochen, vor jedem Umgang einen Corona-Test durchzuführen. Das OLG weist ausdrücklich darauf hin, dass die Corona-Pandemie ohne Hinzutreten konkreter gefahrerhöhender Umstände es nicht rechtfertigt, den Umgang zu beschränken oder gar auszusetzen. Das allgemeine Risiko des Arbeitens als Lagerarbeiter reicht dafür auch nicht aus. Es besteht auch keine Verpflichtung einer Testung quasi „auf Vorrat“. Da sich der Umgangsberechtigte jedoch freiwillig bereiterklärt hat sich einer Testung zu unterziehen, erfolgte ein solcher Beschluss. Eine Schutzimpfung kann in keinem Fall verlangt werden. Es bestehe schon keine generelle Impfpflicht.

Auch dieser Fall bewertet den offenkundigen Versuch eines umgangsunwilligen Elternteils, die Corona-Pandemie dafür zu missbrauchen, den Kindesumgang zu hintertreiben. Auch das OLG Braunschweig (NZFam 2020, Seite 598) hatte schon unmissverständlich klargestellt, dass auch das Verlangen einer Testung grundsätzlich nur dann möglich ist, wenn typische COVID-Symptome vorhanden sind oder bereits Kontakt mit einer erkrankten Person im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Umgang vorlag. Das OLG hat auch darauf verwiesen, dass aufgrund der Impfstoffknappheit ein Verlangen auf Impfung de facto auf einen Umgangsausschluss hinauslaufen würde, was so nicht geboten ist. Ob Gerichte anders entscheiden, wenn alle Impfwilligen ein Impfangebot haben, bleibt abzuwarten. Ohne Impfpflicht erscheint jedoch eine Abhängigkeit zwischen Umgang und Impfung nach diesseitiger Auffassung nicht möglich. Anderenfalls würde der Umgang zu einer indirekten Impfpflicht führen, dem ist eine Absage zu erteilen.