Güterrecht | Schwiegereltern können eine Schenkung bei Scheitern der Ehe zurückfordern - BGH - 16.12.2015

 

1. Der Rückforderungsanspruch, der Schwiegereltern im Fall einer Schwiegerelternschenkung nach Scheitern der Ehe gegenüber dem Schwiegerkind wegen Störung der Geschäftsgrundlage zustehen kann, unterliegt der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB, es sei denn, der Anspruch ist auf Vertragsanpassung nach einer Grundstücksschenkung gerichtet, für den die Verjährungsfrist nach § 196 BGB gilt (im Anschluss an BGH, FamRZ 2015, 393).

2. Da das Scheitern der Ehe regelmäßig spätestens mit der Zustellung des Scheidungsantrags zum Ausdruck kommt, liegt die für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis der Schwiegereltern vom Scheitern der Ehe ihres Kindes jedenfalls dann vor, wenn sie von der Zustellung des Scheidungsantrags Kenntnis erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen.

3. Der Beginn der Verjährungsfrist für Rückforderungsansprüche der Schwiegereltern war nicht bis zur Veröffentlichung der Senatsentscheidung vom 3. Februar 2010 (BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958) hinausgeschoben.

Beschluss:
Gericht: BGH
Datum: 16.12.2015
Aktenzeichen: XII ZB 516/14
Leitparagraph: BGB §§ 195, 199 Abs. 1, 313 Abs. 1, 516
Quelle: NZFam 2016, Seite 165~ FamRZ 2016, Seite 457 ff.

Kommentierung:

Durch Entscheidung des BGH vom 03.02.2010 (FamRZ 2010, Seite 958) wurde die Möglichkeit der Rückforderung von schwiegerelterlichen Zuwendungen in erheblichem Maße erweitert. Soweit vor dieser Entscheidung letztendlich Rückforderungsansprüche nur dann im Raum standen, wenn das eigene Kind über den Zugewinnausgleich nicht angemessen an der Zuwendung der eigenen Eltern teilhaben konnte, so ist der Rückforderungsanspruch schwiegerelterlicher Zuwendungen nach der neueren Rechtsprechung des BGH grundsätzlich nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bzw. ungerechtfertigter Bereicherung möglich und geboten.

Im vorliegenden Fall haben sich die Eheleute Anfang 2006 getrennt. Ende des Jahres 2006 wurde Antrag auf Ehescheidung gestellt, die Ehe wurde am 26.11.2012 geschieden. Die Schwiegereltern des Ehegatten begehren Rückzahlung von Geld, welches sie während der Ehe zur Errichtung des Eigenheims ihrer Tochter und ihres Schwiegersohnes bezahlt haben (ca. 60.000 €). Im April 2012 wird der Antrag auf Rückzahlung eines Teilbetrages bei Gericht eingereicht, der Schwiegersohn hat den Verjährungseinwand erhoben. Das Amtsgericht geht ebenso wie der Antragsgegner von Verjährung aus, selbiges gilt für das OLG.

Der BGH bestätigt, dass für den Anspruch auf Rückgewähr ehebezogener Zuwendungen durch Schwiegereltern die 3-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB gilt, nachdem es sich um einen vertraglichen Anspruch nach Wegfall der Geschäftsgrundlage (Ehe) handelt. Eine schwiegerelterliche Zuwendung ist zunächst eine Schenkung, wenn sie um der Ehe des eigenen Kindes willen erfolgt. Auch hierauf sind die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage anzuwenden. Deshalb steht ein Anspruch auf Rückgewähr zu, wenn die Vorstellung, die der Schenkung zugrunde liegt, die eheliche Lebensgemeinschaft des eigenen Kindes würde Bestand haben, enttäuscht wird (Trennung/Scheidung). Nur bei dem Rückgewähranspruch hinsichtlich einer Grundstücksschenkung bestimmt sich die Verjährung nach § 196 BGB (30 Jahre – BGH, FamRZ 2015, Seite 393). Auch ist der Rückforderungsanspruch der Schweigereltern kein familienrechtlicher Anspruch i. S. d. § 197 BGB in der bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung, denn Schwiegereltern stehen außerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft. Damit gilt grundsätzlich die 3-jährige Verjährungsfrist.

Höchst umstritten war – und wird vielleicht auf bleiben - wann der Verjährungsbeginn für den Rückgewähranspruch ist. Bei entsprechenden Ansprüchen der Ehegatten untereinander auf Rückgewähr ehebezogener Zusendungen hatte der BGH bereits entschieden, dass Verjährungsbeginn regelmäßig die endgültige Trennung der Ehegatten ist (BGH, FamRZ 2007, Seite 877). Somit könnte man meinen, dass dies auch bei Rückforderungen der Schwiegereltern gilt. In der Entscheidung des BGH, FamRZ 2012 Seite 273, hatte der BGH jedoch keine rechtlichen Bedenken gegen die dortige Ausführung des OLG erhoben, wonach die 3-jährige Verjährungsfrist beginnt – mit dem Schluss des Jahres – in welchem die Ehescheidung rechtskräftig geworden ist. Mit seiner jetzigen Entscheidung stellt der BGH klar, dass der Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung für den Verjährungsbeginn nicht maßgeblich ist, drückt sich jedoch eher schwammig aus wenn er abstellt auf den Zeitpunkt der Kenntnis der Eltern von der Trennung bzw. von der Zustellung des Scheidungsantrages und weitergehend diesen Zeitpunkt auch annimmt wenn die Schwiegereltern hiervon hätten Kenntnis haben müssen. Wann soll das sein? Der BGH hat es versäumt sich in seiner Entscheidung klar auszudrücken. Wever geht davon aus, dass der BGH den Zeitpunkt der endgültigen Trennung meint (Wever, FamRZ 2016, Seite 463), andere kritisieren die Entscheidung wegen dieser Ungenauigkeit und bezeichnen sie als zweifelhaft (Singbartel, NZFam 2016, Seite 171). Hier wird nach Auffassung des Verfassers berechtigterweise kritisiert, dass Zumutbarkeitsgesichtspunkte (wann hätten Schwiegereltern von der Trennung/Scheidungsantrag Kenntnis haben müssen?) einfließen in die konkrete Frage wann eine Verjährung beginnt. Verjährung dient gerade dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit. Wenn schon die Anknüpfungspunkte zweifelhaft sind, ist das mit Sicherheit nicht dienlich.

⇒  TIPP: Es ist immer der sicherste Weg zu wählen, d. h. man sollte als Verjährungsbeginn den Trennungszeitpunkt heranziehen – der natürlich selbst manchmal schwer zu ermitteln ist – und von dort aus die 3 Jahre errechnen. Wenn aufgrund besonderer Umstände die Schwiegereltern z. B. wegen Auslandsaufenthalt definitiv erst später von dem Scheitern der Ehe erfahren haben, muss das dann besonders erklärt und ggf. unter Beweis gestellt werden.

Es ist auch ratsam, schwiegerelterliche Rückforderungsansprüche ggf. vor der Rechtskraft der Scheidung und einer Entscheidung über den Zugewinn geklärt zu haben. Zwar ist in den weitaus meisten Fällen die Rückgewährverpflichtung zugewinnausgleichsneutral, aber eben nicht in allen Fällen (z. B. negatives Anfangsvermögen). Aus demselben Grund ist bei endgültiger güterrechtlicher Auseinandersetzung von Ehegatten anzuraten, evtl. bestehende Rückgewähransprüche von Schwiegereltern zu beachten und ggf. sich gegenseitig von schwiegerelterlichen Rückgewähransprüchen freizustellen.

Die Entscheidung enthält auch lange Ausführungen zur Frage, ob der Verjährungsbeginn ins sog. Altfällen hinausgeschoben ist, weil erst seit der Entscheidung des BGH vom 3.2.2010 (FamRZ 2010, Seite 958) die Rückgewähr von schwiegerelterlichen Zuwendungen in den Fokus gerückt sind. Hierzu gab es unterschiedlichste Meinungen. Der BGH hat sich für ein klares „nein“ entschieden mit Hinweis darauf, dass die Rechtslage vor dem 3.2.2010 weder unsicher noch zweifelhaft war. Auch diese Entscheidung könnte man hinterfragen und kritisieren, da jedoch für die Zukunft diese Frage kaum mehr von Bedeutung sein wird – wegen Zeitablauf – unterlässt es der Verfasser, auf die dogmatisch interessanten Erwägungen des BGH einzugehen. Mit der Entscheidung des BGH muss man leben.

In jeder güterrechtlichen Auseinandersetzung sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass es eventuelle Rückforderungsansprüche von Schwiegereltern geben kann, die man in die Gesamtüberlegungen der Vermögensauseinandersetzung mit dem eigenen Ehegatten miteinbeziehen sollte.