Keine Witwenrente bei Vermutung von Versorgungsehe

Hat eine Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert, so hat die Witwe keinen Anspruch auf Witwerrente. Nur wenn die Vermutung einer sogenannten Versorgungsehe widerlegt werden kann, kann eine entsprechende Rente beansprucht werden. Davon kann nach Auffassung des Gerichts nicht ausgegangen werden, wenn zum Zeitpunkt der Heirat ein Ehepartner bereits an einer Krebserkrankung im Endstadium leidet und nur 17 Tage nach der Eheschließung stirbt. Dies stellt das Hessische Landessozialgericht klar (Urteil vom 16.11.2011, Az.: L 5 R 320/10).

 

Zum konkreten Fall: Eine 56-jährige Frau heiratete im November 2007 einen unheilbar an Kehlkopfkrebs erkrankten Mann. 17 Tage später verstarb er an den Folgen der Erkrankung. Die Witwe beantragte die Gewährung von Witwenrente. Die Rentenversicherung lehnte dies mit der Begründung ab, dass eine Versorgungsehe nicht widerlegt worden sei. Die arbeitslose und von Hartz IV-Leistungen lebende Witwe meint jedoch, dass der Tod zum Zeitpunkt der Hochzeit nicht absehbar gewesen sei.

 

Die Richter beider Instanzen stellten fest:  Der Gesetzgeber habe im Jahr 2001 geregelt, dass kein Anspruch auf Witwen- beziehungsweise Witwerrente bestehe, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Anders sei dies nur, wenn wegen besonderer Umstände nicht davon auszugehen sei, dass die Heirat allein oder überwiegend einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung bezwecken solle (sogenannte Versorgungsehe).

 

Solche besonderen Umständen seien anzunehmen bei einem plötzlichen unvorhersehbaren Tod (zum Beispiel infolge eines Unfalls) oder wenn die tödlichen Folgen einer Krankheit bei Eheschließung nicht vorhersehbar gewesen seien. Rechtlich unbeachtlich sei dagegen der Wunsch, eine Lebensgemeinschaft auf Dauer zu begründen.

 

Im konkreten Fall habe zum Zeitpunkt der Eheschließung keine Aussicht mehr auf Heilung bestanden, stellten die Richter fest. Die Witwe und ihr Ehemann seien von den Ärzten über den Krankheitsverlauf informiert worden und hätten von dem fortgeschrittenen Stadium der Tumorerkrankung gewusst. Auch habe ihr Mann anlässlich des Heiratsantrages zu ihr gesagt, dass er ihr «auch einmal etwas Gutes tun wolle, da sie sich um ihn kümmere». Damit sei die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nicht widerlegt.