Rückforderung von Schenkungen – BGH – 18.06.2019

 

Größere Geldgeschenke müssen nach Trennung vom Lebensgefährten des Kindes nur ausnahmsweise an die Eltern des Kindes vom Lebensgefährten zurückbezahlt werden.

Beschluss:
Gericht: BGH
Datum: 18.06.2019
Aktenzeichen: X ZR 107/16
Leitparagraph: § 313 BGB
Quelle: www.bundesgerichtshof.de

Kommentierung:

Der Bundesgerichtshof hatte sich mit einem Fall von Rückforderungen einer Schenkung zu beschäftigen. Klägerin war die Mutter ihrer Tochter, die mit dem Beklagten in nichtehelicher Lebensgemeinschaft gelebt hatte. Die Klägerin und ihr Ehemann hatten der Tochter und dem Lebensgefährten ca. 100.000 € zur Finanzierung einer Immobilie zugewandt. Nach noch nicht einmal 2 Jahren nach der Zuwendung ging die nichteheliche Lebensgemeinschaft zu Bruch. Die Klägerin hat die Hälfte des zugewandten Betrages vom ehemaligen Lebensgefährten ihrer Tochter zurückgefordert, hiervon einen prozentualen Abschlag wegen der ca. 2 Jahre zwischen Zuwendung und Trennung gemacht, und insgesamt 47.000 € gefordert.

Die Rechtsprechung hatte bislang Rückforderungsansprüche von Zuwendungen/Schenkungen von Eheleuten untereinander (sogenannte ehebezogene Zuwendungen) und von Partnern in nichtehelicher Lebensgemeinschaft (gemeinschaftsbezogene Zuwendungen) zu entscheiden gehabt. Unter Berücksichtigung von Zumutbarkeitskriterien hat der BGB unter bestimmten Voraussetzungen zumeist Rückforderungsansprüche nach den Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in engem Rahmen zugelassen. Insoweit richtet sich dies nach der Dauer der Lebensgemeinschaft vor der Zuwendung/Trennung, Einkommens- und Vermögensverhältnisse, Alter der Partner im Zeitpunkt der Trennung, Vorhandensein der Schenkung (ständige Rechtsprechung BGH, FamRZ 2012, Seite 1789 für Eheleute; BGH, FamRZ 2013, Seite 1295 für nichteheliche Lebensgemeinschaft).

Daneben hat der BGH auch schon über Rückforderung von Zuwendungen der Schwiegereltern gegen ihr Schweigerkind entschieden. Dies sollen keine ehebezogenen Zuwendungen sein, sondern Schenkungen (ehebezogene Schenkung). Auch hier greifen die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Auch hier gelten folgende Kriterien:

-       Dauer der Ehe des Kindes mit dem Schwiegerkind von der Zuwendung bis zur Trennung

-       Höhe der noch vorhandenen Vermögensmehrung

-       Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schwiegerkindes/der Schweigereltern

Bei der Höhe des Rückgewähranspruchs ging die Rechtsprechung bislang davon aus, dass wenn die Ehe noch 20 Jahre Bestand hatte, dass dann der verfolgte Zweck erreicht war und somit kein Rückgewähranspruch mehr gegeben ist (OLG Frankfurt, FamRB 2013, Seite 237; OLG Düsseldorf FamRZ 2014, Seite 161/wenn die Ehe z. B. 10 Jahre nach der Zuwendung gescheitert war, konnte auch nur die Hälfte der Zuwendung zurückgefordert werden). Andere haben die Höhe des Rückgewähranspruchs bemessen nach dem Alter und der zukünftigen Lebenserwartung des Schwiegerkindes/eigenen Kindes und haben die Höhe des Rückforderungsanspruchs prozentual auf dieser Grundlage ermittelt. Zur Rückforderung von Eltern gegenüber dem nichtehelichen Lebensgefährten des eigenen Kindes gab es bislang keine Rechtsprechung.

Mit der jetzigen Entscheidung hat der BGH diese Frage erstmalig zu beantworten gehabt. Zuständig war in diesem Fall der 10. Zivilsenat des BGH und nicht der 12. Familiensenat des BGH. Der BGH hat auch für diesen Fall (wie bei Schwiegereltern) Rückforderungsansprüche der Eltern auf der Grundlage des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zwar bejaht, aber die Grenzen sehr eng gesteckt:

Größere Geldgeschenke an das Kind und dessen Partner müssen nur dann zurückgezahlt werden, wenn die Beziehung ungewöhnlich schnell nach dem Zeitpunkt der Zuwendung zerbricht.

Dies steht im Widerspruch zur bisherigen „These“ des 12. Familiensenats, wonach erst ab einer Dauer von ca. 20 Jahren ein Rückgewähranspruch nicht mehr besteht. Der 10. Zivilsenat hat jetzt den Grundsatz aufgestellt, dass bei größeren Geldgeschenken und selbst bei Grundstücksschenkungen kein Rückforderungsanspruch besteht, wenn nicht ausnahmsweise – wie im zu entscheidenden Fall knapp 2 Jahre – die Beziehung kurz nach der Zuwendung zerbricht. Das Risiko, dass eine Beziehung nicht ewig hält, trägt der Schenker, und dieses Risiko verwirklicht sich eher recht schnell nach der Zuwendung. Leider hat der BGH zwar im zu entscheidenden Fall bei knapp 2 Jahren noch einen Rückforderungsanspruch gesehen, aber nicht gesagt, ab wann der Rückforderungsanspruch nicht mehr gegeben gewesen wäre (Einzelfall). Es wäre schön gewesen, wenn der BGH hier einen zeitlichen Rahmen vorgegeben hätte. Weiterhin hat der BGH entschieden, dass der Rückforderungsanspruch immer dann, wenn er begründet ist, zu 100 % besteht und einer Quotenberechnung nicht zugänglich ist. Ebenfalls hat der BGH ausgeführt, dass es keine Rolle spiele, ob die Kinder mit oder ohne Trauschein mit ihrem jeweiligen Lebensgefährten zusammenleben.

Diese Rechtsprechung des 10. Zivilsenats grenzt weitaus deutlicher die Rückforderungsmöglichkeiten von „Schwiegereltern“ ein. Ob der 12. Familiensenat dies so übernimmt, ggf. anders entscheidet oder sogar ein „großer“ Senat angerufen wird, bleibt abzuwarten.

Für den Rechtssuchenden und auch für Rechtsanwälte wird die Beurteilung der Chancen und Risiken eines Rückforderungsanspruchs einzuschätzen nicht leichter, im Gegenteil. Ist jetzt schon ab 2 bis 3 Jahren „Schluss“ mit Rückforderungsansprüchen? Auch bei Schwiegereltern? Gibt es neue/andere Ermessenskriterien für den Rückgewähranspruch dem Grunde nach und zur Höhe des Rückgewähranspruchs, wie sie der 12. Zivilsenat bislang aufgestellt hatte (BGH, FamRZ 2010, Seite 958; BGH, FamRZ 2006, Seite 394)? Die Einzelfallrechtsprechung und die Einzelfallkriterien spielen immer mehr eine größere Rolle und führen letztendlich zur Rechtsunsicherheit. Es bleibt abzuwarten, wie der 12. Familiensenat sich hierzu positioniert, es bleibt zu hoffen, dass auch der 12. Familiensenat alsbald Gelegenheit bekommt, diese Frage zu beantworten.