Anhörung im Rechtsausschuss: Experten bestätigen Auffassungen der Parteien

Bei der Expertenanhörung wurde folgende Formulierung diskutiert, mit der Artikel 6 ergänzt werden soll: „Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt." Alle Experten begrüßten die Initiative der Bundesregierung, allerdings vertraten sie tendenziell die Auffassungen der Parteien, die sie berufen hatten. So geriet die Anhörung zu einem identitätspolitischen Forum mit professoraler Attitüde, die altbekannten Haltungen wurden wiederholt.

Der Verband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) bleibt bei seiner Meinung, Kinderrechte sind in den Grundrechten enthalten. Eigentlich bedarf es keiner Aufnahme in die Verfassung. ISUV stimmt Prof. Gregor Kirchhof zu, der hervorhob, das Verhältnis zwischen Kindern, Eltern und Staat werde durch die vorgeschlagene Regelung in Artikel 6 GG nicht verändert.

Die Formulierung klingt im ersten Moment unverfänglich, „die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder“ sollen geachtet und geschützt werden, eigentlich selbstverständlich, wenn es in der Verfassung steht. „Als Jurist weiß ich, dass mit der Aufnahme einer unverfänglich erscheinenden Formulierung eine veränderte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgen könnte“, gibt der ISUV-Vorsitzende, Rechtsanwalt Klaus Zimmer zu bedenken. „Kinderrechte im Grundgesetz dürfen nicht die Legitimation für mehr Bevormundung der Familien durch den Staat, für mehr fragwürdige Inobhutnahmen der Kinder liefern. Familie ist das Private, die Privatsphäre, die der Staat zu achten hat“, fordert Zimmer.

„Wir fordern eine konkrete, praktische Umsetzung der UN-Kinderrechte in Familienpolitik und Familienrecht. Dazu bedarf es keiner im Verfassungsrecht angesiedelten identitätspolitischen Agenda. Es gibt konkrete familienrechtliche Defizite in Bezug auf die UN-Kinderrechtskonvention, auf die wir im Verlauf der Legislaturperiode mehrfach hingewiesen haben“, stellt Pressesprecher Josef Linsler fest.

Konkrete Defizite sieht ISUV in Bezug auf:

Gleichheit aller Kinder: Gleiche Stellung und Rechte von ehelichen und nichtehelichen Kindern, was im Eckpunkte-Papier zur Reform des Sorgerechts von Experten gefordert wird, über das sich Justizministerin Lambrecht einfach hinwegsetzt.

Anspruch aller Kinder – unabhängig, ob die Eltern verheiratet sind oder geschieden – auf Pflege und Erziehung durch beide Eltern.

Anspruch aller Kinder ihre Ieiblichen Eltern zu kennen. Konkret heißt das, die Mutter muss dem Kind sagen, wenn der rechtliche Vater nicht der natürliche Vater ist.

Anspruch aller Kinder auf Erziehung und Pflege durch die leiblichen Eltern als die natürlichen Eltern, daher individuelle Förderung und Stärkung der leiblichen Eltern, um ihrer Erziehungsaufgabe gerecht zu werden.

Artikel 8 – Anspruch des Kindes auf seine Identität: „Der Anspruch jedes Kindes auf seine individuelle Identität ist eine Forderung, die im Familienrecht ausgeklammert wird. Was gehört zur Identität eines Kindes ganz besonders? Diese Diskussion ist nicht nur im Zuge technischer Zeugungsmethoden wichtig, sondern auch nach jeder Trennung und Scheidung.“(Linsler)