Sorgerecht – BGH – 17.07.2019

  1. Kontoinhaber eines Sparkontos ist derjenige, der nach dem erkennbaren Willen des das Konto eröffnenden Kunden Gläubiger der Bank werden soll.

  2. Daraus, dass die Eltern ein auf den Namen ihres minderjährigen Kindes angelegtes Sparbuch nicht aus der Hand geben, lässt sich nicht typischerweise schließen, dass sie sich die Verfügung über das Sparguthaben vorbehalten wollen.

  3. Für die Frage, ob einem Kind Ansprüche gegen sein Eltern wegen von diesen vorgenommenen Verfügungen über ein Sparguthaben zustehen, ist das Innenverhältnis zwischen Kind und Eltern maßgeblich; der rechtlichen Beziehung zur Bank kommt insoweit nur indizielle Bedeutung zu.

Beschluss:
Gericht: BGH
Datum: 17.07.2019
Aktenzeichen: XII ZB 425/18
Leitparagraph: §§ 816 II, 1664 BGB
Quelle: FamRZ 2019, Seite 1620/NZFam 2019, Seite 787

Kommentierung:

Die Tochter klagt gegen ihren Vater, weil er von einem auf ihren Namen eingerichteten Sparbuch Geld abgehoben hat. Im Kontoeröffnungsantrag wurde die Tochter als „1. Kundin“ und der Vater als „2. Kunde“ eingetragen. Unterschrieben hat nur der Vater. In einem sogenannten Zusatzblatt wurde die Tochter als Kundin bezeichnet und die Eltern als Vertretungsberechtigte. Weiterhin ist dort bestimmt, dass die gesetzlichen Vertreter der Kontoeröffnung zustimmen und dass bis zur Volljährigkeit die gesetzlichen Vertreter jeder für sich allein vertretungsberechtigt sind. Zudem solle das minderjährige Kind ohne gesonderte Zustimmung der Eltern Kontoverfügungen vornehmen können. Das Sparbuch wurde auf den Namen der Tochter ausgestellt, in Besitz genommen haben es die Eltern bzw. der Vater, ohne dass die Tochter dieses Sparbuch jemals zu Gesicht bekommen hat. Eingezahlt wurden dort das Kindergeld oder sonstige Ansparbeträge – nicht jedoch Taschengelder der Tochter. Der Vater, der sich immer um die finanziellen Angelegenheiten der Familie gekümmert hat, hat im Zeitraum eines halben Jahres zwischen November 2010 und Juli 2011 nahezu das gesamte Guthaben abgehoben. Die Tochter verlangt jetzt die Rückzahlung dieses abgehobenen Geldes.

Das Amtsgericht hat den Vater auf Rückzahlung verurteilt, das Oberlandesgericht hat die Entscheidung aufgehoben und der Tochter keinen Zahlungsanspruch zugesprochen. Der BGH hat dann der Rechtsbeschwerde der Tochter stattgegeben und zur endgültigen Entscheidung wieder an das OLG zurückverwiesen.

Das OLG ging davon aus, dass der Vater Vertragspartner der Bank geworden ist und die Tatsache, dass das Sparbuch auf den Namen der Tochter angelegt worden ist, sei nur ein Indiz für die Forderungsinhaberschaft der Tochter, aufgrund des Vertrages sei jedoch Forderungsinhaber aus dem Sparbuch der Vater. Entscheidend sei jedoch auch die Besitzverhältnisse an dem Sparbuch, die Tochter hat dieses Sparbuch nie im Besitz gehabt, die Ankündigung des Vaters, die Tochter würde das Sparbuch mit Volljährigkeit erhalten, sei allenfalls ein formunwirksames Schenkungsversprechen.

Der BGH sieht das völlig anders. Insbesondere auf wessen Namen das Konto angelegt ist (Tochter) sei von erheblicher Bedeutung. Der Besitz des Sparbuches hingegen sein nicht so bedeutsam. Im Verhältnis zwischen Großeltern und Enkeln hat der BGH zwar der Tatsache, dass die Großeltern das Sparbuch nicht aus der Hand gegeben haben, erhebliche Bedeutung beigemessen (BGH, FamRZ 2005, Seite 510), nach Auffassung des BGH trifft das jedoch nicht beim Eltern-Kind-Verhältnis zu (wie das OLG entgegen BGH: Palandt, 78. Auflage, § 328, Rz. 9a; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 7. Auflage, Rz. 558; wie der BGH: OLG Bamberg, OLGR 2006, Seite 68; OLG Zweibrücken, FamRZ 1990, Seite 440). Nach Auffassung des BGH übersieht das OLG, dass die Tochter zumindest auch gegenüber der Bank forderungsberechtigt war.

Da das OLG nicht abschließend geklärt hat, wer letztendlich Forderungsinhaber gewesen ist und insbesondere das sogenannte Innenverhältnis zwischen Kind und Eltern bezüglich des Sparbuches noch zu klären ist, wurde die Sache wieder an das OLG zurückverwiesen. Die Beweislast, dass die Tochter im Innenverhältnis anspruchsberechtigt war, trifft die Tochter.

Es ist darüber zu befinden, ob die Eltern gegenüber dem Kind eine treuhänderische Verpflichtung eingegangen sind, dann besteht ein Rückforderungsanspruch, wenn dies nicht feststellbar ist, insbesondere wenn sich die Eltern im Innenverhältnis ausdrücklich die Verfügung über die Geldbeträge vorbehalten haben (BGH, NJW 2004, Seite 1382), besteht ein solcher Rückforderungsanspruch nicht.

Wem das Geld zuzuordnen ist, kann auch eine Frage im Rahmen der Zugewinnberechnung sein. Nicht selten legen Eltern Gelder aus steuerlichen Gründen (Freibeträge) auf den Namen des Kindes an, ohne tatsächlich die Verfügungsmacht über das Geld verlieren zu wollen. Es wird immer Beweisfrage sein, wie es sich im zu beurteilenden Fall tatsächlich darstellt. Ist das Geld noch dem/den Elternteil/en zuzuordnen, ist es auch im Zugewinnverfahren deren Vermögen zuzuordnen. Ebenso ist ein tatsächlich für ein Kind treuhänderisch verwaltetes Vermögen im Zugewinn nicht in die Vermögensbilanz einzustellen, auch wenn das Vermögen auf den Namen eines Elternteils lautet.

⇒ Praxistipp:

Bei Anlegen eines Sparbuches auf den Namen eines Kindes – wie auch bei anderen entsprechenden Geldanlagen – sollte man sowohl gegenüber dem Kreditinstitut als auch im Innenverhältnis zum Kind für klare Verhältnisse sorgen, indem man Zielvorstellungen schriftlich fixiert. Eltern sollten sich bei Minderjährigkeit des Kindes schriftlich über den Verwendungszweck einig sein und dies auch belastbar dokumentieren. Der BGH hat dem volljährigen Kind die Beweislast aufgebürdet, zu beweisen, dass es alleiniger Forderungsinhaber ist, man sollte vermeiden, sein Kind in eine solche Lage zu bringen. Wenn die Verhältnisse klar geregelt sind in Zeiten in denen die Ehe noch intakt war und die Eltern einvernehmliche sorgerechtliche Entscheidungen treffen konnten, führt dies zur Vermeidung von derartigen Rechtsstreitigkeiten.