Umgang | Schadenersatz bei Nichteinhaltung der Umgangsvereinbarung - OLG Frankfurt a. M. - 21.07.2015

 

Findet ein Umgang nicht statt, obwohl für diesen bereits Aufwendungen seitens des umgangsberechtigten Elternteils getätigt wurden, kann dieser vom anderen – betreuenden Elternteil – Schadensersatz geltend machen.

Beschluss:
Gericht: OLG Frankfurt a. M.
Datum: 21.07.2015
Aktenzeichen: 4 UF 379/14
Leitparagraph: BGB § 1684
Quelle: NZFam 2016, Seite 572

Kommentierung:

Den betreuenden Elternteil trifft eine Wohlverhaltensverpflichtung. Findet ein Umgang nicht wie vereinbart oder gerichtlich angeordnet statt, kann bei Vorliegen der Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen (Androhung von Ordnungsgeld, Zustellung des Umgangsbeschlusses) vom Gericht ein Ordnungsgeld verhängt werden (§ 89 FamFG). Darüber hinaus kann sich der betreuende Elternteil schadensersatzpflichtig machen, es sind drei Fallgruppen zu unterscheiden:

  • Der umgangsberechtigte Elternteil hat es allein zu verantworten, dass der Umgang nicht stattfindet.

  • Der betreuende Elternteil hat es allein zu verantworten, dass der Umgang nicht stattfindet.

  • Beide Elternteile haben es zu verantworten, dass der Umgang nicht stattfindet.

Im ersten Fall hat selbstverständlich der umgangsberechtigte Elternteil keinen Anspruch, vielmehr besteht sogar die Gefahr, dass der betreuende Elternteil Dispositionen getroffen hat wegen des Umgangs beim anderen Elternteil und durch die Nichtwahrnehmung des Umgangs zusätzliche Kosten entstanden sind (nicht der Fall der hiesigen Entscheidung).

Trifft den betreuenden Elternteil ein Alleinverschulden am Ausfall des Umgangs, besteht Schadensersatzpflicht. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Fälle, in denen der umgangsberechtigte Elternteil aus großer Entfernung anreist, aber der Umgang nicht stattfindet, weil der betreuende Elternteil dies grundlos verweigert.

In den Mischfällen kommt es auf den Einzelfall an.

Im hier zu entscheidenden Fall hat das OLG Schadensersatz für einen nicht stattgefundenen Umgangstermin in Form des Ersatzes der Fahrtkosten und eines Verdienstausfalles zugesprochen, bei dem die Mutter aufgrund einer – vermeintlichen? – beruflichen Verhinderung eine Verschiebung des gerichtlich angeordneten Umgangstermins mit dem Vater vereinbaren wollte, dieser jedoch nicht damit einverstanden war. Die Mutter ist dann eigenmächtig ferngeblieben bzw. hat den Umgang nicht gewährt. Hier hat das OLG entsprechenden Schadensersatz zugesprochen. Ebenso hat das OLG Schadensersatz zugesprochen für einen nicht stattgefundenen Umgang, bei dem das Kind sich geweigert hat, einen Umgang durchzuführen. Die Mutter konnte insoweit nicht darlegen, dass und wie sie es versucht hat, positiv auf das Kind einzuwirken, was ihre Pflicht gewesen wäre (BGH, FamRZ 2012, Seite 533). Ebenso erhielt der Vater Schadensersatz für einen weiteren Termin, bei dem er wegen verkehrsbedingter Schwierigkeiten verspätet erschienen ist, er dies vorab auch telefonisch angekündigt hat. Die Kindsmutter hatte es vorgezogen, vor dem – verspäteten – Eintreffen des Vaters sich mit dem Kind zu entfernen, obwohl ihr ein Zuwarten im konkreten Fall zumutbar war (Verletzung der Mitwirkungsverpflichtung). Keinen Schadensersatz hat der Vater erhalten für einen Termin, an dem die Mutter vorab angekündigt hat, mit dem Kind im Urlaub zu sein. Das entschuldigt die Mutter zwar nicht, da sie den Urlaub so nicht legen darf, mit der Folge, dass ein Ordnungsgeldantrag erfolgreich wäre, einen Schadensersatzanspruch kann er jedoch nicht geltend machen, da er ja wusste, dass die Mutter mit dem Kind nicht da ist. Er hätte gar nicht erst anreisen dürfen.

Für die Praxis ist daher von Bedeutung, dass sich der vereitelnde umgangspflichtige Elternteil schadensersatzpflichtig macht, daneben aber auch Ordnungsgeldfestsetzungen ausgesetzt ist. Häufig wird jedoch in der Praxis ein Schadensersatzanspruch oder eine Ordnungsgeldfestsetzung an einem Verschulden scheitern, da Entschuldigungsgründe nahezu in jedem Fall gesucht und auch häufig gefunden werden.