Umgangsrecht - OLG Frankfurt - 08.07.2020


Ein familiengerichtlich geregelter Umgang darf ohne rechtfertigende Änderungsentscheidung des Familiengerichts nicht unter Hinweis auf die Kontaktbeschränkungen wegen der Verbreitung des Corona-Virus verweigert werden. Gegen einen Elternteil, der den Umgang gleichwohl nicht gewährt, kann ein Ordnungsgeld verhängt werden.

Beschluss:
Gericht: OLG Frankfurt
Datum: 08.07.2020
Aktenzeichen: Az. 1 WF 102/20
Leitparagraph: § 89 FamFG
Quelle: nicht veröffentlicht

Kommentierung:

Im hier vorliegenden Fall hat die Kindsmutter trotz Vorliegens einer vollstreckbaren Umgangsregelung Ende März 2020 dem Vater mitgeteilt, dass sie den Umgang aussetzt, da im Haushalt Corona-Risikogruppen lebten. Telefonkontakt etc. wurde ausdrücklich angeboten. Das Amtsgericht hat ein Ordnungsgeld gegen die Mutter festgesetzt. Das OLG hat diese Entscheidung bestätigt. Es liegt nicht in der Dispositionsfreiheit der Mutter sich über eine gerichtliche Umgangsregelung hinwegzusetzen. Das gilt auch und insbesondere in der Corona-Pandemie. Schon das Bundesministerium der Justiz hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Umgangsrechte aufgrund der Corona-Pandemie nicht auszuschließen sind. Die Empfehlung, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden, beziehen sich nicht auf die Kernfamilie – was auch getrennt lebende Eltern sind. Auch Eltern in verschiedenen Haushalten sind Kernfamilie. Allein der Umstand, dass sich die Mutter zu ihrem Vorgehen berechtigt gefühlt hat, lässt ihr Verschulden im Hinblick auf die Verhängung eines Ordnungsgeldes (hier 300 €) nicht entfallen. Das OLG weist ausdrücklich darauf hin, dass auch die freiwillig auferlegte Quarantäne wegen der im Haus lebenden Großeltern unbeachtlich sei, die Entscheidung, auch das Kind einer freiwilligen Quarantäne zu unterstellen, unterliegt der gemeinsamen elterliche Sorge und hätte gemeinschaftlich entschieden werden müssen.

Zudem hätte sie vorrangig die bestehende gerichtliche Umgangsregelung ggf. im Wege einer einstweiligen Anordnung angreifen müssen.

Diese Entscheidung liegt im „Trend“, insoweit wird verwiesen auf ISUV-Report Nr. 164 und die dortige Urteilsbank und der dort mitgeteilten Entscheidungen zum Umgangsrecht.