Umgangsrecht | Vollstreckung von Umgangsregelungen - BGH - 03.08.2016

 

Der Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG – Androhung von Ordnungsgeld bei Zuwiderhandlung gegen eine Umgangsregelung – muss sich auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen eine bereits bestehende Umgangsverpflichtung aus einer vollstreckbaren Umgangsregelung beziehen. Wird diese Umgangsverpflichtung später geändert, wird der bereits erteilte Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG gegenstandslos. Der abgeänderte Umgangstitel bedarf eines neuen Androhungshinweises.

Beschluss:
Gericht: BGH
Datum: 03.08.2016
Aktenzeichen: XII ZB 86/15
Leitparagraph: FamFG § 89 Abs. 2
Quelle: www.bundesgerichtshof.de

Kommentierung:

Um Umgangsregelungen auch vollstrecken zu können, müssen einige Hürden genommen werden. Die erste Hürde ist, dass der gerichtliche Umgangsbeschluss oder die gerichtlich protokollierte Umgangsvereinbarung einen vollstreckbaren Inhalt haben. Dazu müssen konkrete Regelungen getroffen werden, d. h. Uhrzeiten/Örtlichkeiten/Verpflichtungen zu den Umgangsterminen. Auch diese müssen hinreichend bestimmt sein, d. h. aus der Formulierung muss deutlich werden, wann und wie der Umgang nach der Regelung stattzufinden hat. Ist dies zu unbestimmt, scheitert bereits hieran eine Vollstreckung/Sanktionierung gegenüber demjenigen, der die Regelung missachtet.

Die einzige Vollstreckungsmöglichkeit ist die Beantragung eines Ordnungsgeldes – ersatzweise Ordnungshaft – gegen denjenigen, der die Regelung missachtet. Im Rahmen des Umgangsrechtes gibt es nicht die Möglichkeit der zwangsweisen Herausgabe durch Vollstreckungsbeamte (Polizei). Dies ergibt sich aus § 90 FamFG. Auch Ordnungsgeld kann durch ein Gericht auf Antrag nur festgesetzt werden, wenn im Vorfeld die Androhung eines Ordnungsgeldes bei Zuwiderhandlung durch richterlichen Beschluss erfolgt ist. Es ist daher zu empfehlen, bereits in der Grundentscheidung oder bei einer Vergleichslösung darauf zu drängen, dass ein Androhungsbeschluss nach § 89 Abs. 2 FamFG durch das Gericht erfolgt. Weiterhin ist darauf zu achten, dass ein solcher Androhungsbeschluss vor einem Ordnungsgeldbeschluss dem Prozessgegner zugestellt sein muss, anderenfalls ein Ordnungsgeldantrag unzulässig ist. Da gerichtlich protokollierte Umgangsvereinbarungen – auch mit Androhungsbeschluss – grundsätzlich nicht zugestellt werden, ist darauf zu achten, dass vor einem Ordnungsgeldantrag ein Androhungsbeschluss zugestellt ist.

Beinhaltet der Umgangsbeschluss oder die gerichtliche protokollierte Umgangsvereinbarung keinen Androhungsbeschluss, kann dies jederzeit nachgeholt werden, dies durch Antrag bei Ausgangsgericht bzw. demjenigen Gericht, bei dem die Umgangsregelung getroffen wurde. Auch hier ist dann darauf zu achten, dass dieser isolierte Androhungsbeschluss dem Prozessgegner zugestellt wird.

Im BGH-Fall ist zunächst ein Anordnungsbeschluss wirksam ergangen. Später wurde dann in einem weiteren gerichtlichen Abänderungsverfahren zum Umgang die ursprüngliche Umgangsregelung verändert und im Hinblick auf den Zeitablauf den aktuellen Verhältnissen (Ferienumgang etc.) angepasst. Diese Abänderungsentscheidung durch Beschluss des Gerichts – es hätte genauso gut eine gerichtlich protokollierte Abänderungsvereinbarung sein können – hatte keinen gesonderten neuen Androhungsbeschluss zum Ordnungsgeld. Nachdem einer der Beteiligten gegen die abgeänderte Umgangsregelung verstoßen hat, hat der andere Ordnungsgeld beantragt. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, sowohl Oberlandesgericht als auch BGH haben die jeweiligen Beschwerden als unbegründet zurückgewiesen. Dies mit dem Argument, dass jedem Ordnungsgeldantrag eine wirksame Androhung vorauszugehen hat. Durch die Abänderung wirkt der alte Androhungsbeschluss für die abgeänderte Umgangsregelung nicht mehr, sodass eine wesentliche Voraussetzung für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gefehlt hat.

Wie man sieht, müssen doch einige Hürden genommen werden, um einen Ordnungsgeldantrag durchzusetzen. Die Entscheidung des BGH hat der Verfasser zum Anlass genommen, die Problematik bei der Vollstreckung von Umgangstiteln darzustellen. Hinzu kommt dann neben den hier dargestellten formellen Hürden die Hürde, ob ein Gericht inhaltlich einem Ordnungsgeldantrag folgt und Ordnungsgeld festsetzt (Stichwort: Zuwiderhandlung – schuldhaft).