Unterhaltsrecht - AG Bergheim - 12.10.2020 (Corona-Rechtsprechung)


Der sogenannte Kinderbonus (Corona-Bonus für Kinder) ist wie das Kindergeld hälftig zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu verwenden.

Beschluss:
Gericht: AG Bergheim
Datum: 12.10.2020
Aktenzeichen: Az. 61 F 68/20
Leitparagraph: §§ 1601, 1612b BGB
Quelle: FamRZ 2021, Seite 102

Kommentierung:

Im September 2020 wurde ein Kinderbonus von 200 €, im Oktober 2020 in Höhe von 100 € und im Mai 2021 in Höhe von 150 € an den Kindergeldberechtigten ausbezahlt.

Der Barbedarf eines Kindes wird neben dem hälftigen Kindergeld auch durch den Kinderbonus hälftig gedeckt. Der Kinderbonus ist auf den Barunterhalt zur Hälfte anzurechnen. Dies gilt in seinem Grundsatz sofern zumindest der Mindestunterhalt vom Unterhaltspflichtigen bezahlt wird. Soweit ein gerichtlicher Unterhaltsvergleich oder ein Unterhaltstitel i. S. des § 239 Abs. 1 FamFG (Jugendamtsurkunde) vorliegt, kann auch rückwirkend eine Abänderung beantragt werden, da die sogenannte Rückschlagsperre des § 238 Abs. 3 Satz 1 FamFG nicht eingreift (BGH, FamRZ 2017, Seite 611). Liegt hingegen ein Endbeschluss zum Unterhalt vor und wurde ein Abänderungsantrag nicht in dem Monat gestellt, in dem der Bonus zur Auszahlung kam, oder wurde nicht nach § 218 Abs. 3 Satz 3 FamFG (außergerichtliche Aufforderung auf hälftige Anrechnung des halben Bonus und Aufforderung, in dieser Höhe auf die Unterhaltszahlungen zu verzichten) die Voraussetzung für die Abänderung geschaffen, ist es umstritten, ob ein nachträglicher Ausgleich (hälftige Anrechnung) über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch verlangen kann. Zuviel gezahlter Unterhalt kann grundsätzlich nur zurückverlangt werden ab Stellung eines Abänderungsantrages. Da es vorliegend jedoch um eine gesetzgeberische Entlastung im Rahmen der Betreuung und Erziehung gemeinsamer Kinder geht, ist in Höhe des hälftigen Betrages beim Kinderbonus ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch anzuerkennen (Borth, FamRZ 2021, Seite 104).

Zu beachten ist jedoch immer, dass rückwirkend die hälftige Berücksichtigung nur dann noch bei einem zugrundeliegenden Endbeschluss/Urteils eines Gerichts möglich ist, wenn die negativen Verzugsvoraussetzungen (siehe oben) geschaffen wurden. Erfolgte das nicht, wird man rückwirkend den hälftigen Kinderbonus auch nicht mehr geltend machen können. Bei zugrundeliegenden gerichtlichen Vergleichen oder einer Jugendamtsurkunde oder keiner Titulierung hingegen schon. Das einfachste wäre immer gewesen, direkt bei der Monatszahlung des Unterhalts den hälftigen Kinderbonus abzuziehen, oder noch besser im Vorfeld die Gegenseite aufzufordern, diesbezüglich auf die Zahlung des Kindesunterhaltes für den entsprechenden Monat zu verzichten, zumindest im Vorfeld die Kürzung anzukündigen.

Wenn also ein Urteil/Beschluss die Grundlage der Unterhaltszahlung ist, kann ohne vorherige Aufforderung zum Teilverzicht im Nachhinein eine Rückzahlung oder die Kürzung eines nachfolgenden Monatsunterhaltes nicht verlangt werden. Ob über den von Borth favorisierten Ausgleichsanspruch die Rückschlagsperre des § 238 Abs. 3 FamFG ausgehebelt werden kann, ist zumindest fraglich.