Unterhaltsrecht - AG Pankow/Weißensee - 08.12.2020 (Corona-Rechtsprechung)


1. Tritt bei einem Selbständigen eine – kurzfristige – Minderung der Leistungsfähigkeit ein, so ist diese unbeachtlich, wenn sie vorhersehbar war und für ihre Dauer eine Vorsorge in Form von Rücklagen gebildet werden konnte.

2. Diese Voraussetzungen können im Hinblick auf die Corona-Pandemie nicht angenommen werden. Eine aktuell bestehende Leistungsunfähigkeit aufgrund der Corona-Krise ist in der Weise zu berücksichtigen, dass vorläufig kein Unterhalt geschuldet wird.

Beschluss:
Gericht: AG Pankow/Weißensee
Datum: 08.12.2020
Aktenzeichen: Az. 13 F 6681/18
Leitparagraph: §§ 1361, 1528 BGB
Quelle: FamRZ 2021, Seite 423

Kommentierung:

Auf der Grundlage von Einkünften i. H. v. ca. 3000 € netto wurde der Unterhaltsschuldner Anfang 2019 verpflichtet, einen Unterhalt i. H. v. ca. 1000 € zu bezahlen. Der Unterhaltsverpflichtete ist/war selbständiger Gastronom (einschließlich Catering), die Unterhaltsberechtigte ist nach wie vor nicht erwerbstätig. Der Unterhaltsschuldner trägt vor, dass letztendlich sein Geschäft mit Beginn März 2020 zum Erliegen gekommen ist, er monatliche Verluste von mehr als 25.000 € erwirtschaftet und seine Ersparnisse aufgebraucht hat. Mit seinen 60 Jahren hätte er keine Möglichkeit mehr in ein Angestelltenverhältnis zu gehen. Er begehrt ab dem 01.09.2020 keinen Unterhalt mehr leisten zu müssen. Die Unterhalsberechtigte verweist darauf, dass der Durchschnitt der letzten drei Jahre zu errechnen sei und nicht kurz zurückliegende Einkommenszahlen. Gewinnschwankungen sind einzukalkulieren, Rücklagen zu bilden oder Kredite aufzunehmen (so auch Niepmann, Unterhalt in den Zeiten von Corona, NZFam 2020, Seite 383).

Das Amtsgericht hat in dem hiesigen einstweiligen Anordnungsverfahren darauf verwiesen, dass die Pandemie nicht vorhersehbar war. Es mag sein, dass für ein paar Monate die Einschränkung der Leistungsfähigkeit noch nicht zu beachten ist, dies auch wegen staatlicher Hilfen. Gastronomie/Catering lägen jedoch brach (Entscheidung aus Dezember 2020). Daher ist nach Auffassung des Amtsgerichtes die gegenwärtige Leistungsfähigkeit nicht mehr gegeben. Bei einem zugrunde gelegten Einkommen von damals 3000 € besteht auch keine Möglichkeit der Rücklagenbildung. Im einstweiligen Anordnungsverfahren wurde daher dem Antrag stattgegeben, im Hauptsacheverfahren wird dann zu klären sein, wie sich der Ausfall der Einkünfte tatsächlich ausgewirkt hat (unter Berücksichtigung von Corona-Hilfen etc.).