Unterhaltsrecht - OLG - 27.01.2023
- Waren die Einkommensverhältnisse des betreuenden Elternteils bereits in einem Vorverfahren Gegenstand eines Rechtsstreits, der durch Vergleich abgeschlossen wurde, kann nur dann erneut Auskunft verlangt werden, wenn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nach den Grundsätzen einer Störung der Geschäftsgrundlage dargelegt wird (§ 239 FamFG i.V.m. § 313 BGB).
- Solange der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht seine eigenen Einkommensverhältnisse darlegt, kann er nicht die Voraussetzungen einer Ersatzhaftung des betreuenden Elternteils geltend machen (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB), die erst eintritt, wenn der betreuende Elternteil mehr als das 3-fache Einkommen des Barunterhaltspflichten erzielt (BGH, FamRZ 2013, Seite 1558).
Beschluss:
Gericht: OLG München
Datum: 27.01.2023
Aktenzeichen: 2 UF 813/22 e
Leitparagraph: § 239 FamFG
Quelle: FamRZ 2023, Seite 690
Kommentierung:
Im Wege eines Stufenantrags begehrt der Vater von der Mutter Auskunft über deren Einkommen. Im Jahr 2021 wurde ein gerichtlicher Vergleich beschlossen, in welchem sich der Vater zu 105 % des Mindestunterhalts verpflichtet hat. Das Amtsgericht hat den Antrag des Vaters zurückgewiesen mit dem Argument, der Antrag sei nicht zulässig, weil der Vortrag, die Mutter würde mehr als das 3-fache vom Vater verdienen, bereits im Vorverfahren vorgebracht wurde und somit schon gar keine wesentliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse vorlägen. Hinzu kam, dass vor Ablauf einer Frist von zwei Jahren gemäß § 1605 Abs. 2 BGB das neuerliche Auskunftsbegehren gestellt wurde, nachdem der vorherige Vergleich noch keine zwei Jahre Bestand hatte.
In der Beschwerde zum OLG München lässt der Vater vortragen, dass in den letzten zwei Jahren das Einkommen der Mutter erheblich gestiegen sei, sie befördert worden sei und deshalb eine wesentliche Änderung eingetreten sei, sodass er erneut Auskunft verlangen könne. Die Mutter wendet ein, dass bereits im Vorverfahren von Seiten des Vaters ein monatliches Bruttoeinkommen von 40.000 € behauptet wurde und er trotzdem den damaligen Vergleich geschlossen hat. Eine wesentliche Veränderung der Einkommensverhältnisse sei nicht eingetreten.
Das OLG München hat die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt, wonach kein Auskunftsanspruch besteht. Zwar besteht dem Grunde nach ein Auskunftsanspruch gegen die Kindsmutter in solchen Fallgestaltungen nach den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), entscheidend ist es jedoch, ob eine Auskunft relevant für die Höhe des Unterhaltsanspruchs ist. Wegen der sogenannten Ersatzhaftung bei einem 3-fachen Mehreinkommen (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB) besteht grundsätzlich ein solcher Auskunftsanspruch (BGH, FamRZ 2013, Seite 1558), ein solche Auskunft ist jedoch erst dann zu erteilen, wenn feststeht, was der Vater verdient. Der Antragsteller hätte zunächst umfassend Auskunft über seine Einkommensverhältnisse geben müssen, woran es gefehlt hat, aber auch dieses Argument hat das OLG hintenangestellt, weil aufgrund des geschlossenen Altvergleichs die Auskunft der Kindsmutter keine Relevanz für die Höhe des Unterhaltsanspruchs hatte:
Voraussetzung wäre gewesen, dass ein 3-fach höheres Nettoeinkommen der Mutter (ein solches mal unterstellt) eine Abänderungsmöglichkeit eröffnet hätte. Wie im Fall vorher setzt die Zulässigkeit des Abänderungsantrags den Vortrag voraus, dass die alte Geschäftsgrundläge gemäß § 313 BGB weggefallen ist. Da jedoch bereits im Vorverfahren mehrfach vorgetragen wurde, dass Kindsmutter mehr als das 3-fache verdient, ist der Kindsvater in einem Abänderungsverfahren mit diesem nicht mehr neuen Vortrag ausgeschlossen. Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ist nicht schlüssig vorgetragen, sodass auch deshalb ein Auskunftsanspruch nicht besteht.
Auch hier der klare Hinweis, dass wenn Vergleiche geschlossen werden, in jedem Fall die Grundlagen aufgenommen werden sollten. Daneben ist jedoch auch dringlich anzuraten, wenn man z. B. wie offensichtlich hier einen Vergleich schließt „um des Friedens willen“ und eben wie hier im Vorverfahren die Frage des hohen Einkommens der Kindsmutter nicht mehr weiterverfolgt, dass man dann jedoch in einem solchen Vergleich aufnimmt, dass z. B. der Einwand des hohen Verdienstes der Mutter (oder im Ehegattenunterhaltsverfahren der Einwand der Beschränkung und Befristung) auch für zukünftige Verfahren aufrecht erhalten bleibt.
Beim Vergleichsschluss in einem gerichtlichen Verfahren sollten auch spätere Abänderungsmöglichkeiten schon angedacht werden.