Unterhaltsrecht - OLG Karlsruhe - 09.03.2016

Die Sperrfrist von zwei Jahren erneut Auskunft zu verlangen, bezieht sich bei gerichtlichen Beschlüssen auf den Schluss der mündlichen Verhandlung – bei Vergleichen auf den Zeitpunkt der Vergleichsprotokollierung.

Beschluss:
Gericht: OLG Karlsruhe
Datum: 09.03.2016
Aktenzeichen: 5 UF 213/15
Leitparagraph: BGB §§ 1605
Quelle: NZFam 2016, Seite 424

Kommentierung:

Immer wieder werden trotz der gesetzlich bestimmten 2-jährigen Sperrfrist auch vor Ablauf von 2 Jahren erneut Auskunftsverlangen gestellt. Die 2-Jahres-Frist dient dazu, dass prinzipiell unstabile Unterhaltsrechtsverhältnis (häufig ändern sich Einkommensverhältnisse in jedem Monat) für eine gewisse Zeit zu stabilisieren. Daher ist ein eindeutig bestimmbarer Zeitpunkt vonnöten, ab wann die 2-Jahres-Frist zu laufen beginnt. Bei gerichtlichen Verfahren ist eben auf den Schluss der mündlichen Verhandlung abzustellen.

Es gibt jedoch von der Rechtsprechung entwickelte Abweichungen von der 2-Jahres-Frist, diese sind auch als gefestigt zu bezeichnen:

  • Nachehelicher Unterhalt und Getrenntlebendunterhalt sind zwei verschiedene Anspruchsgrundlagen, sodass auch dann, wenn zum Getrenntlebendunterhalt Auskunft erteilt wurde, vor Ablauf von 2 Jahre erneut wegen der Berechnung zum nachehelichen Unterhalt Auskunft verlangt werden kann – es sei denn rechtsmissbräuchlich (zuletzt OLG München, FamRZ 2015, Seite 2069~ OLG Brandenburg, FamRZ 2015, Seite 1200).
  • Bei Erteilung der Auskunft für Minderjährigenunterhalt und nachfolgendem Auskunftsverlangen wegen Volljährigenunterhalt, wenn – was selten der Fall ist – der Titel über Kindesunterhalt bis zur Volljährigkeit befristet worden ist (OLG Hamm, FamRZ 1990, Seite 657).
  • Bei Erteilung der Auskunft für Ehegattenunterhalt und nachfolgendem Verlangen auf Auskunft für Kindesunterhalt (Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage 2015, § 1, Rdn. 1173).
  • Gesicherte Kenntnisse über neue Einkommensverhältnisse, z. B. Wechsel des Arbeitgebers, das ist von demjenigen glaubhaft zu machen, der ergänzende Auskunft verlangt.
  • Verfahrensdauer länger als 2 Jahre, dann erneute Auskunftspflicht (andere Ansicht: Wendl/Dose, Rdn 1174).

⇒ Praxistipp:

In einem laufenden Verfahren sollte man ein Gericht ohnehin immer auf die eigene Ermittlungsmöglichkeit des Gerichts nach §§ 235, 236 FamFG hinweisen, damit am Schluss der mündlichen Verhandlungen auch das aktuelle Einkommen für eine Entscheidung zugrunde gelegt wird. Eine völlig andere Frage ist die Verpflichtung zur ungefragten Information. Auskunft ist grundsätzlich nur auf Verlangen zu erteilen, es sei denn, ein Schweigen ist evident unredlich. Das wird z. B. angenommen bei Abbruch einer Ausbildung oder bei Aufnahme einer Ausbildung mit Ausbildungsvergütung oder die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in Kenntnis dessen, dass der Verdienst hierauf für die Unterhaltsberechnung von Bedeutung ist. Bei einer Unterhaltsvereinbarung/Vergleich ergibt sich dies verstärkt aufgrund einer vertraglich begründeten Treuepflicht.